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Schön, aber nicht von prominenter Künstlerhand: „Frauenportrait mit Hut“, angeblich von Kees van Dongen, und „Frauenakt, Liegender (weiblicher) Akt mit Katze“, angeblich von Max Pechstein. Zwei von 47 Bildern, die in den Kunstmarkt geschleust wurden.

© dpa

Kunstfälscher vor Gericht: Einer der größten Kunstfälschungsskandale der Nachkriegszeit gelöst

Jahrelang schleuste eine Clique angebliche Werke großer Maler des 20. Jahrhunderts in den Kunstmarkt. Jetzt steht sie vor Gericht.

Das entlarvende Detail befindet sich auf der Rückseite des Gemäldes, und es wirkt auf Laien täuschend echt: Ein vergilbter Holzstich, der links am Rahmen aufgeklebt ist. Zu sehen ist das Portrait des angeblichen Malers, darüber steht in großen Lettern: „Sammlung Fechtheim“.

Die Aufkleber waren nur ein erster Hinweis. Er half die Fälscher zu enttarnen. Anhand chemischer Analysen konnte das Landeskriminalamt Berlin zusammen mit einem Forschungslabor nachweisen, dass es sich bei neun Gemälden aus einer angeblichen Sammlung eines Werner Jägers um Fälschungen handelt , diese ohnehin nie Bestandteil der „Sammlung Fechtheim“ waren. Und so brachten die Ermittler Licht in einen der größten Kunstfälschungsskandale der Nachkriegszeit.

Über Jahre hinweg zählten die Expressionismus-Fälschungen aus der Sammlung Jägers zu den begehrtesten Kunstwerken auf dem internationalen Kunstmarkt. Experten bescheinigten ihnen die Echtheit, Käufer gaben Millionensummen für sie aus. So wurde etwa Heinrich Campendonks „Rotes Bild mit Pferden“ im November 2006 für 2,88 Millionen verkauft. Ab heute stehen die vier mutmaßlichen Fälscher in Köln vor Gericht.

Angeklagt sind der 60-jährige Wolfgang B.-F., der die Plagiate angefertigt haben soll, seine Frau Helene B. (52) und ihre Schwester Jeanette S. (53) sowie Otto S.-K. Die beiden Schwestern sind die Enkelinnen des 1992 verstorbenen Kölner Unternehmers Werner Jägers. Ab 1992 schleusten sie die angeblichen Gemälde von Max Pechstein, Max Ernst oder André Derain in den Kunsthandel ein und behaupteten, dass sie aus dem Besitz ihres Großvaters oder aus der Sammlung des 1957 verstorbenen Wilhelm Knop stammten, dessen Enkel im Prozess jetzt mitangeklagt ist. Allerdings hatten weder Knop noch Jägers jemals eine Kunstsammlung.

15,8 Millionen sollen die Angeklagten den Angaben der Kölner Staatsanwaltschaft zufolge mit dem Verkauf von elf Gemälden eingenommen haben. Ihnen wird „gewerbs- und bandenmäßiger Betrug“ zur Last gelegt. Die Anklage bezieht sich dabei zunächst auf 14 von insgesamt 47 vermuteten Fälschungen. Die 33 weiteren Fälle sollen zu einem späteren Zeitpunkt in einem gesonderten Verfahren verhandelt werden. Die Höchststrafe für solche Taten liegt bei bis zu zehn Jahren.

Peinlich ist der Fall auch für den internationalen Kunsthandel. Denn möglich wurde der Fälschungsskandal nur, weil einige Kunsthändler, Auktionatoren und Gutachter die Fälschungen nicht als solche erkannten. Allen voran zu nennen sind der renommierte Kunsthistoriker Dr. Werner Spies, der mehreren Werken von Max Ernst die Echtheit attestierte, und Henrik Hanstein, der Chef des Kölner Auktionshauses Lempertz, das einige Werke der angeblichen Sammlungen bei Versteigerungen auf den Markt brachte.

Gegen Hanstein liegt, unabhängig vom aktuellen Prozess, eine Strafanzeige wegen Betrugs vor. Schon 2008 soll der Auktionator eine Untersuchung des Max Pechstein zugeschriebenen Gemäldes „Seine-Brücke“ veranlasst haben. Ergebnis: Die Farbe enthält Blaupigmente, die erst seit 1935 im Handel waren. Pechsteins Gemälde sollte aber aus dem Jahr 1908 stammen. Der Kunsthistoriker Spies muss sich in Frankreich einem zivilrechtlichen Verfahren stellen. Ein Käufer, der einer Fälschung aufgesessen war, klagt dort auf Schadensersatz. Sowohl Spies als auch Hanstein sollen im Kölner Prozess als Zeugen vernommen werden.

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