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Heilmann

© Montage: dpa/promo

Einstweilige Verfügung: Abgeordneter der Linken lässt Wikipedia.de abschalten

Ein Gericht hat der populären Online-Enzyklopädie verboten, auf die Artikel der Internetadresse de.wikipedia.org zu verlinken. Der Grund: Der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Lutz Heilmann sieht seine Persönlichkeitsrechte verletzt.

Auf der Internetseite wikipedia.de heißt es momentan: "Mit einstweiliger Verfügung des Landgerichts Lübeck vom 13. November 2008, erwirkt durch Lutz Heilmann, MdB (Die Linke), wird es dem Wikimedia Deutschland e.V. untersagt, "die Internetadresse wikipedia.de auf die Internetadresse de.wikipedia.org weiterzuleiten" - und zwar solange "unter der Internet-Adresse de.wikipedia.org" bestimmte Äußerungen über Lutz Heilmann vorgehalten werden.

Bis auf Weiteres müsse deshalb, so heißt es auf wikipedia.de weiter, das Angebot in seiner bisherigen Form eingestellt werden. Auf die Inhalte der Webseite de.wikipedia.org, auf welcher auch der Artikel über Lutz Heilmann zu finden ist, hat indes weder die "Wikimedia Deutschland" noch die einstweilige Verfügung des Lübecker Gerichts Einfluss - der Betreiber "Wikimedia Foundation" hat seinen Sitz in Florida.

Der von "Wikimedia Deutschland" mit dem Fall betraute Anwalt Thorsten Feldmann kündigte am Vormittag im Gespräch mit zoomer.de an, noch heute einen Widerspruch beim zuständigen Gericht einreichen zu wollen. "Wir sind zuversichtlich, dass die einstweilige Verfügung keinen Bestand haben wird."

Heilmann sah seine Persönlichkeitsrechte verletzt

Lutz Heilmann selbst erklärte im Gespräch mit Tagesspiegel.de, dass Ende der vergangenen Woche in seinem Wikipedia-Artikel mehrere "falsche Tatsachenbehauptungen" eingetragen waren - darunter auch der Vorwurf, dass Heilmann an einem Online-Sex-Shop beteiligt sei. Hintergrund ist offenbar, dass im Oktober im Zuge eines internen Machtkampfes in der schleswig-holsteinischen Linkspartei Boulevard-Medien berichtet hatten, dass der bekennende Homosexuelle Heilmann einen Ex-Freund bedroht habe, was wiederum zur Aufhebung von Heilmanns Immunität als Bundestagsabgeordneter geführt habe. Heilmann erwirkte daraufhin eine Gegendarstellung."

Nachdem diese Behauptungen aber - ebenso wie der Vorwurf, dass er sein Jura-Studium abgebrochen habe - wiederholt als vermeintliche Tatsachen in seinem Wikipedia-Artikel auftauchten, habe er sich wegen Rufschädigung zu diesem Schritt gezwungen gesehen. "Weil ich keine andere Möglichkeit sah, habe ich diese einstweilige Verfügung beantragt", so Heilmann. "Sobald die falschen Behauptungen bei Wikipedia verschwunden sind, ist die Sache aber erledigt." Dann werde er auch die einstweilige Verfügung zurückziehen. "Das Allerletzte was ich will, ist die Meinungsfreiheit einzuschränken."

Da die entsprechenden Passagen aus dem aktuellen Wikipedia-Artikel bereits wieder verschwunden sind, ist also absehbar, dass die einstweilige Verfügung gegen "Wikimedia Deutschland" nicht mehr lange Bestand haben wird.

Nach Bekanntwerden der Sperrung kursierten zunächst Spekulationen, wonach auch die frühere Stasi-Tätigkeit von Heilmann Grund für die einstweilige Verfügung gewesen sein könnte. Denn im wikipedia.org-Artikel über Heilmann wird auch explizit erwähnt, dass das Nachrichtenmagazin Spiegel bereits im Jahr 2005 enthüllte, wie Heilmann seine Stasi-Vergangenheit zunächst verschwieg und auch die Mitglieder seines Landesverbandes über seine einstige Tätigkeit für das DDR-Staatssicherheitsministerium im Dunkeln ließ.

Beanstandet wird von Heilmann aber nur die zeitweilig im Wikipedia-Artikel vermerkte Behauptung, dass er die Einsicht in seine Stasi-Akte verweigern würde. Heilmann dazu: "Jeder der möchte, kann sich an mich wenden und Einsicht in die Akte bekommen, die ich von der Birthler-Behörde bekommen habe." (jam)

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