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Aufnahmen vom gestrigen Einsatz in Ratingen.

© IMAGO/Tim Oelbermann/IMAGO/Tim Oelbermann

Update

Zwei Todesopfer nach Explosion in Ratingen: Haftbefehl wegen versuchten Mordes erlassen – Verdächtiger soll Prepper-Szene angehören

Bei der Hochhaus-Explosion sind fünf Einsatzkräfte lebensgefährlich verletzt worden. Gegen den mutmaßlichen Täter wurde Haftbefehl wegen Mordes erlassen.

| Update:

Nach der Explosion in Ratingen ist gegen den Verdächtigen Haftbefehl wegen versuchten Mordes in neun Fällen erlassen worden. Das gaben Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag in Düsseldorf bekannt. Die Tat sei heimtückisch gewesen und mit gemeingefährlichen Mitteln verübt worden.

Bei der Explosion waren am Donnerstag in Ratingen bei Düsseldorf fünf Einsatzkräfte lebensgefährlich verletzt worden. Die Polizei ging von einem „gezielten Angriff“ aus. Die Hintergründe der Tat sind noch unklar.

In der Wohnung des 57-jährigen Deutschen war am Donnerstag eine weibliche Leiche gefunden worden. Zudem sei ein älterer Mann, der in dem Haus gelebt habe, gestorben, sagte Silke Wehmhörner von der Polizei Düsseldorf. Nach Informationen des „Spiegel“ hatte der Mann durch den mehrstündigen Einsatz nicht mehr versorgt werden können.

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Verdächtiger soll Prepper-Szene angehören

Der Tatverdächtige war für Polizei und Justiz kein Unbekannter. Wenige Tage zuvor habe ein Polizist mit einem Haftbefehl an der selben Wohnung geklingelt, berichteten die Ermittler: Bei dem 57-Jährigen handele es sich um einen Gewalttäter, der bereits wegen drei Körperverletzungen aufgefallen sei und gegen den deswegen zwei Strafbefehle verhängt worden waren. 

Wegen eines nicht gezahlten Geldbetrags habe ein Vollstreckungshaftbefehl gegen ihn vorgelegen, hatte die Staatsanwaltschaft am Freitag vor der Pressekonferenz mitgeteilt. Er habe auch Voreintragungen, „aber nichts Einschlägiges, nichts Vergleichbares“, sagte eine Sprecherin.

Die Explosion löste einen riesigen Polizeieinsatz aus, bei dem Spezialeinheiten-Scharfschützen auf umliegenden Gebäuden stationiert waren.
Die Explosion löste einen riesigen Polizeieinsatz aus, bei dem Spezialeinheiten-Scharfschützen auf umliegenden Gebäuden stationiert waren.

© action press/Ant Palmer

Der 57-Jährige soll nach Angaben der Ermittler der sogenannten Prepper-Szene angehören. Die Wohnung habe den Eindruck gemacht, dass viele Vorräte angelegt worden seien. Zudem ließen Ermittlungen den Eindruck zu, dass der Mann zurückgezogen gelebt habe. In einer Befragung habe er sich noch nicht zu den Tatvorwürfen geäußert, sagte Heike Schultz von der Polizei Düsseldorf am Freitag.

Ebenso habe der Mann auf anwaltlichen Beistand verzichtet. Ihm sei ein Pflichtverteidiger an die Seite gestellt worden. Als Prepper, abgeleitet vom englischen „prepare“ (vorbereiten), werden Menschen bezeichnet, die sich individuell auf das Überleben im Katastrophenfall vorbereiten. Dazu gehört zum Beispiel das Anlegen von Vorräten und Schutzräumen.

Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund der Tat gibt es bislang nicht: Man stehe mit den örtlichen Behörden in Kontakt, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft. Derzeit lagen demnach aber keine Anhaltspunkte für eine Übernahme der Ermittlungen vor.

Heike Schultz von der Polizei Düsseldorf sagte: „Wir haben Hinweise darauf, dass er auch ein Corona-Leugner ist, konkrete Hinweise darauf.“ Ob es einen Zusammenhang zur Tat gebe, sei nicht geklärt. Ein Psychiater sei eingeschaltet, bislang stufe man den 57-Jährigen aber als schuldfähig ein. Er sei keiner Arbeit nachgegangen.

Ein Polizeisprecher sagte, die Wohnung, in der sich die Explosion ereignete, habe erst am Freitag von Tatort-Spezialisten betreten werden können. „Da gab es ja Löscharbeiten und viel Löschwasser, das erst beseitigt werden musste.“

Mehrere Waffen gefunden

Inzwischen habe die Spurensicherung vor Ort begonnen. Die Ermittler fanden mehrere Waffen. Eine PTB-Waffe sowie mehrere Messer und Dolche seien sichergestellt worden, sagte Schultz. Es sei außerdem ein Gefäß gefunden worden, aus dem der Verdächtige die brennbare Flüssigkeit auf die Einsatzkräfte geschleudert haben soll.

Die schwerst verletzten Feuerwehrleute und Polizisten kämpften am Freitag weiterhin um ihr Leben. Fünf Schwerverletzte von Feuerwehr und Rettungsdienst befänden sich im künstlichen Koma, teilte die Ratinger Feuerwehr mit. Sie seien in Spezialkliniken für Brandverletzte nach Köln, Duisburg, Dortmund, Düsseldorf und Bochum gebracht worden.

„Die Kollegen erlitten Verbrennungen von bis zu 40 Prozent der Körperoberfläche“, teilte die Feuerwehr mit. Insgesamt sprach die Polizei am Freitag von 22 Leichtverletzten in ihren Reihen.

Polizisten wurden gezielt angegriffen

Weil es Sorgen um die Bewohner in der Wohnung im zehnten Stock gab, sollte am Donnerstag deren Tür geöffnet werden. Der Briefkasten quoll über und niemand öffnete. Für die Einsatzkräfte war es zunächst wie ein Routineeinsatz. Doch als Polizei und Feuerwehr am Donnerstag vor der Wohnungstür standen, sei diese von dem 57-Jährigen plötzlich aufgerissen worden, hatte Polizeisprecher Raimund Dockter berichtet.

Der Mann soll sodann gezielt eine brennende Flüssigkeit auf die Kräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst geschleudert haben, sagte Dietmar Henning von der Polizei Düsseldorf am Freitag. „Die Einsatzkräfte haben dann, selber brennend, den Ort verlassen.“

Bei der Flüssigkeit soll es sich nach ersten Erkenntnissen um Benzin gehandelt haben, möglicherweise seien auch weitere Stoffe dazu gemischt worden.

Der Verdächtige sei zudem „gut durchdacht“ vorgegangen, sagte Polizei-Einsatzleiterin Heike Schultz „Die Situation in der Wohnung, die Verwendung von dieser brennbaren Flüssigkeit und die Art und Weise, wie diese Flüssigkeit dann gegen die eingesetzten Kräfte verwendet wurde, lassen darauf schließen, dass das durchaus gut durchdacht ist“, sagte Schultz am Freitag. „Die Tür war verbarrikadiert, das macht man auch nicht mal so eben.“ 

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Anschließend soll der Verdächtige einen Brand in der Wohnung gelegt haben. Er war schließlich von Spezialkräften überwältigt und festgenommen worden, als diese die Wohnung stürmten. „Leicht verletzt“ wurde er anschließend in ein Krankenhaus gebracht. Ob er durch die Explosion oder bei der Festnahme verletzt worden sei, könne man derzeit nicht sagen, sagte eine Polizeisprecherin.

In der Wohnung waren Einsatzkräfte dann auf die Leiche einer Frau gestoßen. Sie sei bereits obduziert worden, hieß es am Freitag. Die Frau sei schon vor mehreren Wochen gestorben. Die Einsatzkräfte hätten einen deutlichen Verwesungsgeruch wahrgenommen. Die Behörden erklärten, es handele sich bei der Toten vermutlich um die etwa 90-jährige Mutter des festgenommenen Mannes.

Ein verletzter Polizist wird ärztlich versorgt.
Ein verletzter Polizist wird ärztlich versorgt.

© dpa/Rolf Vennenbernd

Faeser und Wuest zeigen sich entsetzt

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) äußerten sich, ebenso wie Reul, entsetzt über die Folgen der Explosion. „Das ist wirklich etwas unvorstellbar Schreckliches für diejenigen, die sich Tag für Tag für andere Menschen und für deren Sicherheit einsetzen“, sagte Faeser vor Journalisten.

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Schlimm sei auch, dass es bei einem Routine-Einsatz zu so einem schrecklichen Ereignis gekommen sei. Faeser sagte, sie habe mit Reul telefoniert und ihm die volle Unterstützung der Bundesregierung zugesagt. (Tsp/dpa)

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