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Finanzkrise: So geht Nobels Welt zugrunde

Wegen zu riskanter Investitionen ist fraglich, ob die Gewinner des Nobelpreises weiterhin zehn Millionen Kronen erhalten. "Vielleicht sollte die Stiftung bei der nächsten Investitionsentscheidung lieber einen ihrer Wirtschaftsnobelpreisträger zurate ziehen", unken die Kritiker.

Bald ist es wieder so weit. Am kommenden Mittwoch, den 10. Dezember, finden in Stockholm die feierlichen Nobelpreisübergaben in fünf Disziplinen statt. Insgesamt 50 Millionen Kronen (4,75 Millionen Euro) fließen mit der Übergabe der begehrten Auszeichnung an die Nobelpreisträger aus dem Fonds der schwedischen Nobelstiftung. Dass sind zehn Millionen Kronen pro Preis.

Nun wirft jedoch die weltweite Finanzkrise einen dunklen Schatten auf die Zeremonie. Denn neben Großunternehmen und ganzen Volkswirtschaften soll auch die wirtschaftliche Situation des Nobelpreises ins Wanken geraten sein. Die diesjährigen Preisträger müssten nicht um ihr Preisgeld bangen, doch sei nicht mehr gewährleistet, dass die Nobelstiftung auch in Zukunft noch die vollen Preissummen ausbezahlen kann, meldete jetzt dass staatliche schwedische Radio „SR“ in seiner Hauptnachrichtensendung.

In der Tat hatte sich die Stiftung unglücklicherweise darauf geeinigt, einen Teil ihrer Milliarden in sogenannte Hedgefonds zu investieren. So könne man die Zinseinnahmen deutlich erhöhen, in guten wie in schlechten Wirtschaftszeiten, lautete die Begründung. Das erwies sich als falsch: Die Hedgefonds machen Miese.

Bei der Nobelpreisverwaltung hält man sich bedeckt. Man wolle nicht direkt über die getätigten Investitionen Auskünfte erteilen. Aber „was allgemein bekannt ist, wenn man auf den Index schaut, ist, dass Hedgefonds nicht das Ziel erreicht haben asymmetrisch zu sein. Letzteres bedeutet, dass sie bei einem Börsenaufschwung gut laufen sollen, aber nicht fallen“, räumt Michael Sohlman Direktor der Nobelstiftung gegenüber SR ein. Als sicher gilt jedoch laut SR, dass die noch Anfang des Jahres bei 3,4 Milliarden Schwedenkronen liegenden Vermögenswerte bedenklich geschrumpft sind. Der Ausgangspunkt für die Nobelfinanzkrise liegt im Jahr 2004. Damals entschied sich die Stiftung, die Platzierungsregeln für Investitionen auf Bereiche mit höheren Risiken und vermeintlich höheren Zinsen auszuweiten. Vier neue Formen von Risikokapitalplatzierungen in Immobilienfonds, Risikokapitalfonds und Hedgefonds wurden damit möglich.

In den folgenden Jahren des Wirtschaftsaufschwungs galt diese Öffnung als erfolgreich. Die Einnahmen stiegen. Aber in diesem Jahr geht es abwärts. Unter anderem hatte der Nobelfonds ausgerechnet auf den Hedgefonds „Worldwide long/short fund“ der krisengeschüttelten Carnegie gesetzt. „Es ist klar, dass hier keine zufriedenstellende Entwicklung besteht“, so Sohlman. Er gab im Gespräch mit dem schwedischen Radio indirekt zu, dass man allein bei den Carnegie- Fonds-Investitionen unter Berücksichtigung von dessen gegenwärtigen Wert, dreieinhalb Jahre verloren hat.

Der Nobelfonds verfügt zwar über mehrere Milliarden Kronen an Vermögen. Problematisch ist, aber, dass laut Testament des Gründers Alfred Nobel von 1895 die Nobelpreisgelder nicht aus diesem Grundvermögen, sondern nur aus den Zinsen ausgezahlt werden dürfen. Nach Informationen des schwedischen Radios ist es nun fraglich, inwieweit die Preissummenniveaus aufgrund der schlechten Geschäfte der Stiftung im kommenden Jahr überhaupt auf dem gleichen Niveau gehalten werden können. Sohlman gibt sich jedoch optimistisch. Man glaube nicht, dass die Budgets für die Preissummen angetastet werden müssten.

Dennoch wird die Stiftung nun kritisiert, viel zu riskante Investitionen getätigt zu haben. „Vielleicht sollte die Stiftung bei der nächsten Investitionsentscheidung lieber einen ihrer Wirtschaftsnobelpreisträger zurate ziehen“, unken die Kritiker. Allerdings wird der Wirtschaftspreis seit 1968 von der Schwedischen Reichsbank vergeben. Die scheint ihre Finanzen auch noch weitgehend im Griff zu haben. Hinzu kommt, dass Alfred Nobel in seinem Testament ausdrücklich festlegte dass sein Vermögen in „sichere Wertpapiere“ angelegt werden soll. Genau dass habe man aber getan, sagt Vizenobelpreisstiftungschef Åke Alteus dem Tagesspiegel. Er ist hauptverantwortlich für die Ökonomie der Stiftung. „Früher galten Staatsobligationen als sichere Wertpapiere. Heute geht man aber davon aus, dass eine sichere Investition in einem gut ausbalancierten Portfolio mit einer breiten Risikostreuung besteht. Wenn wir in Aktien investiert hätten, sähe die Lage deutlich schlechter aus“, sagt er. Inwieweit die Preissummenniveaus im kommenden Jahr gefährdet sind, möchte er jedoch nicht kommentieren.

Bereits in diesem Jahr müssen vor allem die amerikanischen Preisträger leichte Abstriche hinnehmen. Denn der Fall der schwedischen Krone hat die Gesamtpreissumme innerhalb weniger Wochen bereits über 1,25 Millionen Kronen reduziert, gemessen am Dollar.

Die Nobelpreise in Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Wirtschaft werden am 10. Dezember im blauen Stockholmer Konzerthaus aus der Hand des schwedischen Königs vergeben. Am Abend folgt das Nobelbankett, als einer der gesellschaftlichen Höhepunkte des Jahres im Stockholmer Staatshaus. Nur der Friedensnobelpreis wird zeitgleich in Oslo vom Norwegischen König übergeben.

Andre Anwar[Stockholm]

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