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Engländer im Urlaub

© dpa

Flirten im Sommer: Ran an den Speck!

Abi: vorbei. Ferien: vor der Tür. Und die Jungs in den Urlaubsorten sind auch schon ganz aufgeregt Die einen baggern süß, die anderen sind einfach nur peinlich. Eine knallharte Sommerflirt-Klischeekunde

Der Schwede:

Man trifft ihn am Frühstücksbuffet, wo er Müsli mit Obst in eine Schüssel füllt, während du nach durchzechter Nacht in der Schlange zu Rührei und Würstchen anstehst. Er imponiert durch sportlichen Aktivismus, der leider nicht jedermanns Sache ist. Mit einem echten Schweden an der Seite ist Schluss mit einem Urlaub, in dem man sich gehen lässt. Du wirst surfen müssen und in praller Mittagshitze Volleyball spielen. Und du musst eigene narzisstische Wesenszüge über Bord werfen, denn der schwedische Urlaubsflirt wird besser aussehen als du und brauner sein. Er wird dank des skandinavischen Bildungssystems besser Englisch sprechen und besser über die landestypischen Gepflogenheiten Bescheid wissen. Und davon sollte man sich nicht zu doll nerven lassen, denn wer hat schon Lust, sich auch noch im Urlaub im ständigen Konkurrenzkampf zu befinden? Da hilft es auch nicht, dass er einen reizenden Namen hat, der dich in nostalgische Bullerbü-Erinnerungen stürzt. Meist ist Lasse sowieso mit seiner ebenso attraktiven Freundin Swea unterwegs.

Der Italiener:

Der Italiener gilt ja als Godfather der Urlaubsromantik. Wer sich allerdings jemals mit einem Italiener eingelassen hat, weiß, dass das Gegenteil der Fall ist. Giovanni wird den gesamten Urlaub hindurch nie mit Oberbekleidung zu sehen sein, dafür aber mit braun gebranntem, stählernem Oberkörper – der dringend nachgeahmt werden sollte – und einem Vokuhila mit blondierten Haarspitzen – der keinesfalls nachgeahmt werden sollte. In eurer ersten Nacht, auf die zu warten er höchstens 48 Stunden bereit ist, wird er dich in ein Teenagerzimmer in seinem Elternhaus führen, von dem du denkst, dass es seinem kleinen Bruder gehört, bis er erwähnt, dass er gar keinen Bruder hat. Am Morgen erwachst du in bunter Ferrari-Bettwäsche und hinterlässt deine Mail-Adresse, von der er keinen Gebrauch machen wird. Im nächsten Urlaub wird er trotzdem behaupten, dass er dich nie vergessen konnte. Und diese Masche sollte jeder deutsche Mann sich merken, denn du glaubst es (Jaja, schon klar, natürlich glaubst du es nicht wirklich, sondern nur weil’s so schön ist).

Der Franzose:

Der Franzose wird einen wunderschönen Namen und das sanfte Stimmtimbre von Jacques Brel haben. Es ist für den flirtsuchenden Deutschen also durchaus eine Überlegung wert, sich einen Urlaub lang einfach „Jean“ anstatt „Johannes“ zu nennen. Für ihn wirst du die Rudimente deiner Französischkenntnisse aus den hintersten Winkeln deines Gehirns hervorkramen, von denen nur „chaiselongue“ und „un croissant, s’il vous plaît“ spontan abrufbar sind. Worte, mit denen man im Normalfall nicht weit kommt, die aber hier immerhin nicht nur den Ort einer gemeinsamen Nacht einleiten, sondern auch noch das Frühstück am nächsten Morgen sichern können. Der Deutsche sollte trotzdem davon absehen, nur aus Imponiergehabe ein Serge-Gainsbourg-artiges „Je t’aime“ einzustudieren.

Der Grieche:

Der Grieche heißt immer Costa und ist ein sehr anhänglicher Verehrer, was sich niemand abschauen sollte, denn diese Theatralik kann nur ein echter Grieche so richtig glaubhaft machen. Anfangs wird er noch mit seinem frisierten Motorrad prahlen, auf dem du dich bei Tempo 150 auf staubigen Straßen beeindruckt in seinem dichten Brusthaar festkrallst, doch bereits am zweiten Tag bröckelt die Fassade, und er taucht mit einem Paket Fotoalben am Strand auf. In den nächsten Stunden wirst du dir Kinderfotos von ihm sowie eine bebilderte Chronik seines Militärdienstes ansehen, die er in gebrochenem Englisch wort- und gefühlsreich kommentiert. Er wird an einem Morgen plötzlich unter dem Balkon deines Hotelzimmers stehen, sich das Herz halten und maßlos weinen, weil er zurück nach Thessaloniki muss. Du fragst dich überwältigt, ob du deinen deutschen Exfreund jemals hast so weinen sehen. Du versprichst aus Schamgefühl ein Wiedersehen, woraufhin der Gebeutelte nach etwa 150 Kusshänden im Olivenhain verschwindet.

Der Engländer:

Das Gute ist, dass du bei Anmachversuchen nie Gefahr läufst, dich zu blamieren – da er sich höchstwahrscheinlich noch viel schlimmer benimmt. In der Disko besteht seine Anmachstrategie gern darin, ohne Unterhose zu tanzen. Viele deutsche Männer finden das peinlich, sollten sich aber dann daran ein Beispiel nehmen, wenn sie alternativ nur eine Feinrippunterhose mit Fronteingriff zu bieten hätten. Zum Körperkontakt mit dem Briten kommt es, wenn du ihm beim Trichtersaufen auf den sonnengegerbten Rücken klopfen darfst, wenn ein Stück Sangria-Obst in die falsche Röhre gerutscht ist. Dennoch hat er lichte Momente, in denen er dir in Hugh-Grant’scher Unbeholfenheit die Vorzüge eines Lebens im Reihenhaus in Bristol schmackhaft macht. Dann wird meist „Football’s coming home“ gespielt und der Flirt verschwindet ohne Unterhosen auf der Tanzfläche. Den Tanz, den er dazu mit Kumpels aufführt, sollte sich allerdings niemand zum Vorbild nehmen.

Der Spanier:

Der Spanier ist mit einer fröhlich-lauten Gruppe und mindestens drei Gitarren unterwegs, was bei Frauen einfach immer gut ankommt. Es ist also auch vom Deutschen nicht zu viel verlangt, vor Urlaubsantritt wenigstens die Akkorde G, D und A-Moll zu lernen, mit denen man fast alle Gipsy-Kings-Lieder spielen kann. Wenn der urlaubende Spanier nicht gerade singt, redet er in einer Sprache, die ausschließlich andere Spanier als Englisch identifizieren und verstehen können. In einem Moment wird Jorge dir die große Liebe versprechen. Im nächsten Moment siehst du ihn mit einem Hüftschwung wie Ricky Martin – den nur Spanier können und Deutsche auch nicht nachahmen sollten! – inmitten einer Gruppe geifernder junger Frauen stehen. Nachdem er mit zuckendem Unterleib den Limbo-Wettbewerb gewinnt, weißt du, dass euer Flirt den Urlaub nicht überdauert. Dem Deutschen sei geraten, an dieser Stelle seine Schulter zum Ausweinen anzubieten.

Der Österreicher:

Er wird leider unterschätzt und oft verschmäht. Und das, obwohl er Skifahren kann wie ein junger Gott und sich einer beneidenswerten körperlichen Verfassung erfreut. Er ist eigentlich ein idealer Urlaubsflirt, denn weil er um seinen Stand weiß, legt er sich mit Aufmerksamkeiten und Komplimenten so ins Zeug, dass sich jeder deutsche Urlaubsflirt davon eine Scheibe abschneiden könnte. Viele schreckt der österreichische Dialekt ab, das muss er aber gar nicht, denn er liefert den niedlichen Kontrast zum eher kühlen Gemüt. Und wer zur Mülltüte „Mistsackerl“ sagt, der muss einen weichen Kern haben und darf vor der Kulisse Kärntner Bergseen um ein Bussi bitten. Der Österreicher ist außerhalb des Gasthauses, in dem er bei Kalbsstelze und „Zipfer Urtyp“ schon mal derbe Witze erzählt, die man sich definitiv nicht von ihm abgucken sollte, zurückhaltend und höflich. Dass die Trennung ihn mitnimmt, zeigt er nicht. Zum Abschied sagt er leise Servus.

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