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Lotto

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Glücksspiel: Lottoeinnahmen im Sinkflug

Feststeht, dass die Lottoumsätze seit geraumer Zeit zurückgehen. Angeblich soll der Glücksspielstaatsvertrag dafür verantwortlich sein, sagt eine Studie. Doch hinter dieser könnten wirtschaftliche Interessen stecken.

Der neue Glücksspielstaatsvertrag wird den Bundesländern aus Sicht von Wirtschaftsforschern in den kommenden drei Jahren Einnahmeverluste in Höhe von 5,5 Milliarden Euro bringen und mehr als 50.000 Arbeitsplätze kosten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Münchener MKW Wirtschaftsforschung, die der Deutsche Lottoverband am Freitag in Berlin präsentierte. Der Lottoverband ist ein Zusammenschluss vor allem gewerblicher Spielvermittler. Seine Hauptkritik gilt der Monopolisierung des Lottovertriebs durch den Staat. Der Deutsche Lotto- und Totoblock warf dem Verband Panikmache vor.

Ab 2009 sind Glücksspiele im Netz verboten

Der seit Januar geltende Staatsvertrag sichert den Ländern das Monopol auf Glücksspiele - zunächst einmal bis 2011 - und schränkt zum Schutz vor Spielsucht Vertrieb und Werbung für Lotterien, Sportwetten und Spielbanken stark ein. Von 2009 an sind auch Glücksspiele im Internet in Deutschland verboten. Lottoverbandspräsident Norman Faber sagte, bereits für dieses Jahr habe der Staat als Ergebnis der Beschränkungen etwa eine Milliarde Euro weniger Einnahmen aus Konzessionsabgaben, Gewinnabführung und Lotteriesteuer zu erwarten. In der Folge gebe es für den Breitensport, Wohlfahrtseinrichtungen und Kulturprojekte gut 500 Millionen Euro weniger Fördergeld aus Lottomitteln.

"Die Prognosen sind Panikmache und schlichtweg unzutreffend", kritisierte Friedhelm Repnik, Geschäftsführer der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg, die derzeit die Federführung beim Deutschen Lotto- und Totoblock hat. Nur ein staatliches Glücksspielmonopol schütze die Spieler wirksam vor den Gefahren der Spielsucht. Sie ist seit 2001 als Krankheit anerkannt. Neben den Folgen der Neuregelung macht sich bei den Lottospielern anscheinend auch die Wirtschaftskrise bemerkbar: Die Deutschen tippen weniger. Bis Anfang Dezember seien die Spieleinsätze bundesweit um mehr als zwölf Prozent auf rund 6,04 Milliarden Euro (2007: 6,89 Milliarden) zurückgegangen, erklärte Repnik.

Verschärft worden sei die Lottokrise dadurch, dass es nur wenige prall gefüllte Jackpots gab. "Zufallsbedingt" habe kein einziger Lotto-Jackpot über 20 Millionen Euro gelegen. 2007 hatte vor allem der Rekord-Jackpot von 45,3 Millionen Euro viele zusätzliche Spieler in die Annahmestellen getrieben. Trotzdem waren auch 2007 schon die Einsätze um zwei Prozent gesunken. "Wir durchleben schwierige Zeiten. Die Finanz- und Wirtschaftskrise geht auch am Glücksspiel nicht spurlos vorbei", sagte Repnik.

"Lotto ist stärker reguliert als Pornografie"

Mit ihrer Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrags vor einem Jahr hatten die Länder auf Forderungen des Bundesverfassungsgerichtes reagiert. Die Karlsruher Richter hatten im März 2006 geurteilt, ein staatliches Glücksspielmonopol sei nur statthaft, wenn es in erster Linie dem Schutz vor Spielsucht diene. Sonst müsse der Wettenmarkt wie in anderen europäischen Ländern liberalisiert und für Privatunternehmen freigegeben werden. Um sich das Monopol zu sichern, hatten die Länder deshalb die Schrauben gegen Vertrieb und Werbung stark angezogen.

Faber appellierte an die Länder, in letzter Minute wenigstens die Übergangsfrist für das Internetverbot um ein Jahr bis Ende 2009 zu verlängern und nochmals über eine "vernünftige" Regulierung des Glücksspielmarktes nachzudenken. Andernfalls würden Ausländer das Geschäft mit dem Online-Glücksspiel machen. Faber warf dem Gesetzgeber vor, die deutsche Glücksspielbranche zu vernichten. "Lotto ist stärker reguliert als Pornografie", sagte er. Es sei absurd, zur Durchsetzung des Monopols mit dem Schutz vor Spielsucht zu argumentieren. Lottosucht und Klassenlotteriesucht gebe es nicht. "Ich bin bereit, für Lottosüchtige eine Klinik zu bauen, aber es hat sich noch keiner gemeldet", sagte der Lottounternehmer.

Das staatliche Glücksspielmonopol beschäftigt seit langem auch Gerichte in Deutschland. Auch die EU-Kommission in Brüssel befasst sich mit der Frage, ob es bei Glücksspielen in Deutschland eine unzulässige Beschränkung der Dienstleistungs- und Berufsfreiheit gibt. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte erst vor einer Woche mehrere Berufungen privater Sportwettenanbieter abgewiesen und keinen Zweifel an der Vereinbarkeit des Glücksspielstaatsvertrages mit Verfassungs- und Europarecht gelassen. (nal/dpa)

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