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Natur pur. Google plant, dass Internetnutzer sich künftig virtuell auf dem Amazonas und seinem Nebenfluss, dem Rio Negro, treiben lassen können. Dafür fotografieren die Mitarbeiter des US-Konzerns nicht nur die Flüsse, sondern auch die Siedlungen an ihren Ufern und die angrenzenden Regenwälder.

© Eric Feferberg / AFP

Google Maps rettet Regenwald: Naturschutz per Mausklick

Für „Google Maps“ wird der brasilianische Regenwald fotografiert – um ihn so vor der Abholzung zu retten.

Zwei Brasilianerinnen waschen ihre Kleidung im dunklen Wasser des Flusses Rio Negro, als sie plötzlich von einem ungewöhnlichen Boot überrascht werden. Auf seinem Dach ist ein großes Dreirad mit einer Kamera befestigt, die in schneller Abfolge Fotos schießt. Unübersehbar prangt auf der Oberfläche des Dreirads das Logo des Internetriesen Google.

Zur selben Zeit fährt ein Google-Mitarbeiter mit einem zweiten Kamera-Dreirad durch ein kleines Dorf im Nordwesten Brasiliens. Das Boot und der Radfahrer sollen gemeinsam einen Teil des Amazonas-Regenwalds abfotografieren. Anschließend werden die Aufnahmen für „Google Maps“ zu 360-Grad-Ansichten verbunden. Google plant, dass Internetnutzer sich künftig virtuell auf dem Amazonas und seinem Nebenfluss, dem Rio Negro, treiben lassen können. Dafür fotografieren die Mitarbeiter des US-Konzerns nicht nur die Flüsse, sondern auch die Siedlungen an ihren Ufern und die angrenzenden Regenwälder.

In Deutschland wollte Google mit seinem Projekt „Street View“ die Straßenzüge von Großstädten abfotografieren. Doch was die hiesigen Häuserbesitzer auf die Barrikaden brachte, soll in Brasilien den Regenwald vor der Abholzung retten. Die Idee zu dieser Aktion hatte die Amazonas-Schutzorganisation Fundação Amazonas Sustentável (FAS) vor zwei Jahren. Die Naturschützer überzeugten Google davon, die „Street View“-Technologie im Amazonasbecken einzusetzen.

Das Ziel der Naturschützer ist es, den Tourismus und die lokale Wirtschaft zu stärken. „Abholzung ist nicht das Resultat von Dummheit“, sagt FAS-Geschäftsführer Virgilio Viana. „Es ist eine wirtschaftliche Entscheidung. Wir müssen stattdessen dafür sorgen, dass die Menschen hier mit dem bestehenden Regenwald Geld verdienen können.“ Ökologischer Tourismus und eine mit mehr Augenmaß betriebene Fischerei seien Schritte in die richtige Richtung. Mit den Bildern im Internet wollen die Regenwaldschützer die Bewohner der Industriestaaten für die Herausforderungen des Klimawandels, für die Themen Abholzung und Armutsbekämpfung sensibilisieren.

Innerhalb von drei Wochen möchten Mitarbeiter von Google und der Amazonas-Schutzorganisation FAS 50 Kilometer des Rio Negro erfassen. Zugleich werden Mitarbeiter der FAS sowie Anwohner im Umgang mit der „Street View“-Ausrüstung geschult. Sie sollen selbstständig weitere Strecken sowie Schulen und öffentliche Gebäude fotografieren. Sogar auf Wanderwegen durch den Regenwald sollen Internetnutzer in aller Welt demnächst virtuell spazieren können. Ab wann die ersten Aufnahmen abrufbar sein werden, kann Google noch nicht vorhersagen.

Fotos im Sekundentakt. Mit solchen Booten ist Google unterwegs. Foto: AFP
Fotos im Sekundentakt. Mit solchen Booten ist Google unterwegs. Foto: AFP

© AFP

Das Amazonasbecken ist nicht das erste Naturgebiet, welches Google im Internet begehbar gemacht hat. So kann man im Internet beispielsweise die Niagarafälle in Kanada, die irische Panoramaküstenstraße Ring of Kerry oder die Stonehenge-Steinkreise in England im 3-D-Format betrachten. So ein großes Projekt wie am Amazonas hatte Google allerdings noch nicht, wie Google-Sprecher Kay Oberbeck sagt.

Die Bewohner der Amazonasregion im Nordwesten Brasiliens begrüßen die Verfilmung ihres Lebensraums. Als sich der Architekt José Castro Caldas eines der Kamerafahrzeuge aus der Nähe ansieht, erinnert es ihn an einen Forschungssatelliten, der gleich zum Mars abheben soll. „Viele kluge Köpfe bei Google müssen daran gearbeitet haben. Aber es ist lustig zu sehen, wie einfach und robust es andererseits gebaut ist“, sagt er.

Anwohnerin Maria do Socorro da Silva Mendonca hat noch nie von Google gehört. „Ich weiß nichts über das Internet“, gibt die 40-Jährige zu. Doch die Vorstellung, dass sie demnächst virtuellen Besuch von Menschen aus aller Welt bekommt, gefällt ihr. „Großartig“ findet sie das Projekt. Denn „keiner weiß, dass es uns gibt“.

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