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Panorama: Jede vierte "Hexe" ein Mann

Hamburg (epd). Tausende von Männern mussten wegen angeblicher Hexerei auf dem Scheiterhaufen ihr Leben lassen.

Hamburg (epd). Tausende von Männern mussten wegen angeblicher Hexerei auf dem Scheiterhaufen ihr Leben lassen. Der Historiker Rolf Schulte aus Ahrensburg bei Hamburg räumt in seiner Doktorarbeit jetzt mit dem Vorurteil auf, dass es Hexenprozesse nur gegen Frauen gegeben habe. Im alten Deutschen Reich (911-1806) seien etwa ein Viertel der Verfolgten Männer gewesen, sagt Schulte. "Der Anteil von Männern an den Opfern ist lange übersehen worden."

Im norddeutschen Ratzeburg wurde 1689 der Kuhhirt Peter Steffens wegen angeblicher Zauberei hingerichtet. Unter der Folter erklärte er, dass der Satan ihn einer "Teuffelin" mit Namen Aria versprochen und diese mit ihm "Schande getrieben" habe. Mit ihr habe er Menschen und Vieh umgebracht, aber auch vielen Menschen geholfen. Er selbst habe von den Übeltaten lassen und sogar zum kirchlichen Abendmahl gehen wollen. Aber die "Teuffelin" habe ihn derart mit Schlägen traktiert, dass "allemahl Blut von ihm gegangen" sei. Aus Gnade wurde Steffens am Ende des Prozesses nicht verbrannt, sondern erwürgt.

Als geradezu typisch bezeichnet Schulte die Anklage gegen den Kuhhirten Steffens. Hirten seien als soziale Außenseiter besonders gefährdet gewesen. Fähigkeiten wie etwa die der Wettervorhersage hätten die Fantasie genährt, dass sie über magische Kräfte verfügten. Bei den Frauen hätten sich die Verfolgungen besonders gegen Außenseiterinnen wie Arme, Alte und Alleinstehende gerichtet.

1658 wurde der Landstreicher Hans aus Veitsberg in Kärnten verhaftet. Mit Hilfe einer Zaubersalbe sei er zur Hexerei verführt worden, bekannte er unter der Folter. Hände und Füße hätten sich damit in Flügel verwandelt. Gemeinsam mit seinen Mitzauberern sei er in der Lage, das Wetter zu verändern und für Regen zu sorgen.

Gerade im Territorium des heutigen Österreich richteten sich die meisten Hexenverfahren gegen Männer, so Schulte. In Nieder- und Oberösterreich kletterte der Männeranteil zwischen 1650 und 1690 sogar auf über 90 Prozent. Auch mit einem zweiten Vorurteil räumt Schulte auf. Nicht Katholiken, sondern vor allem Lutheraner hatten es auf die Frauen abgesehen und versuchten, sie mit Hilfe der Folter der "Buhlschaft mit dem Satan" zu überführen. Der Frauenanteil sei in protestantischen Gegenden deutlich höher gewesen als in katholischen.

Hamburg (epd).

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