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Kindesmissbrauch: Sexueller Missbrauch auch an hessischer Eliteschule

Nach den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche wurden nun Fälle in einer Privatschule in Hessen bekannt. Die Geschehnisse sollen über Jahre vertuscht worden sein.

Auch an einer Reformschule im hessischen Odenwald soll es zu sexuellem Missbrauch von Schülern gekommen sein. Nach einem Bericht der Frankfurter Rundschau wurden die Fälle jahrelang heruntergespielt. Bis zu 100 ehemalige Schüler sollen betroffen sein.

Der Vorstand der Odenwaldschule (OSO) hat nach Informationen der Zeitung "den jahrelangen von Schutzbefohlenen durch Pädagogen" eingeräumt. Die Schulleiterin Margarita Kaufmann sagte der Frankfurter Rundschau: "Es ist für mich eine Tatsache, dass hier mindestens seit 1971 sexueller stattgefunden hat."

Die private Odenwaldschule in Heppenheim mit gut 200 Schülern ist eine Unesco-Modellschule. Zahlreiche Prominente gehören zu ihren ehemaligen Schülern, darunter der Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit sowie Klaus Mann. 2005 kürte das Wirtschaftsmagazin Capital die Schule zur besten hessischen Schule mit gymnasialer Oberstufe.

Ehemalige Schüler berichteten der Zeitung zufolge davon, wie sie von Lehrern regelmäßig durch das Streicheln der Genitalien geweckt, wie sie als "sexuelle Dienstleister" für ganze Wochenenden eingeteilt und zu Oralverkehr gezwungen wurden.

Einzelne Pädagogen hätten ihren Gästen Schüler zum sexuellen überlassen, schreibt die Zeitung weiter. Lehrkräfte hätten Schutzbefohlene geschlagen, mit Drogen und Alkohol versorgt oder beim gemeinschaftlichen eines Mädchens nicht eingegriffen.

Erste Vorwürfe gegen den langjährigen Rektor Gerold Becker, der die OSO von 1971 bis 1985 leitete, waren der Zeitung zufolge vor gut zehn Jahren publik geworden. Seinerzeit berichteten ehemalige Schüler von massiven Übergriffen Beckers gegen 13-Jährige. Die Vorwürfe wurden aber nur halbherzig aufgegriffen. "Es war eine Unterlassung und ein grober Fehler, dass die Schule damals nicht nachgeforscht hat", sagte Kaufmann, die seit 2007 im Amt ist.

Im August 1999 war eine Strafanzeige gegen den ehemaligen Internatsleiter bei der Staatsanwaltschaft Darmstadt eingegangen. Ermittlungen habe es aber wegen der Verjährung der Vorfälle nicht gegeben, sagte ein Sprecher damals.

Die jetzige Schulleiterin selbst sei im vergangenen Jahr erneut von Altschülern angesprochen worden, die fürchteten, die Schule werde sich auch bei der 100-Jahr-Feier im April 2010 wieder ihrer Verantwortung entziehen. Daraufhin habe sie etliche Gespräche mit Ex-Schülern geführt und dabei erst "das wahre Ausmaß" des Skandals erahnt. Kaufmann geht von mindestens drei Lehrern aus, die sich sexueller Übergriffe schuldig gemacht haben sollen. Von Zeugen habe sie "die Namen von 20 Opfern gehört".

Derweil heißt es in der Erklärung Kaufmanns im Internet. "Die Odenwaldschule erkennt den jahrelangen Missbrauch von Schutzbefohlenen durch Pädagogen ihrer Schulgeschichte an und versteht diese traumatische Erfahrung als Teil ihrer Identität."

Die hessische Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP) kündigte eine Prüfung der Vorgänge und möglicher Versäumnisse der Schulaufsicht an. "Wir werden uns das sehr genau ansehen und unseren Beitrag zur Aufklärung der damaligen Vorgänge leisten", sagte Henzler am Samstag nach Angaben ihres Sprechers. Die Grünen wollen den Fall zum Thema im Schulausschuss des Landtags machen.

Quelle: ZEIT ONLINE, AFP, dpa

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