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Locker bleiben. Bislang hat unser Kolumnist als Zeitungsausträger, Pizzaboy und Babysitter gearbeitet. Jetzt ist er Schreiberling. Und träumt von einer großen Karriere.

© privat

Kolumne: Was machen wir JETZT?: Pläne schmieden

Bist du ehrgeizig? Das fragte vor zwei Wochen Constanze Bilogan. Unser Kolumnist antwortet ihr heute.

Was ist das eigentlich für ein komisches Wort: Ehr-geiz? Wir geizen mit unserer Ehre? Ist doch Quatsch. Vielmehr müsste es Karrieregier heißen. Oder Karrierequal. Denn nichts ist so ätzend wie Ehrgeiz, nicht einmal der schlimmste Schluckauf. Du kannst die Luft anhalten. Laut bis hundert zählen. Oder einen großen Schluck Wasser trinken. Es hilft alles nichts, dieses ewige Streben nach Anerkennung kannst du nicht unterdrücken. Hickshicks. Es ist so ein Grummeln in der Magengegend. Ein quälend schlechtes Gewissen, das in den Schläfen pocht. Und unser größter Antrieb.

Zurzeit bewerben sich alle meine Freunde. Sie entwerfen Lebensläufe, gehen zu Vorstellungsgesprächen, planen Karrieren wie am Reißbrett. Das Ehrgeiz-Fieber rafft alle dahin. Auch mich. In einem Jahr bin ich mit dem Studium fertig. Was ich dann machen will? Keine Ahnung. Jobs, von denen ich geträumt habe: Indianer, Cafébesitzer, Taxifahrer, Politikberater, Buchhändler, Aussteiger. Jobs, die ich bisher gemacht habe: Zeitungsausträger, Pizzaboy, Kartoffelschäler, Kleinbusfahrer, Rollstuhlschieber, Babysitter, Schreiberling. Na, ja.

Ehrgeiz ist, glaube ich, nichts Verwerfliches. Nur ziemlich anstrengend und unangenehm. Wer preist sich schon selbst gerne an wie ein Aalbrötchen auf dem Fischmarkt? „Ich bin flexibel, belastbar, kreativ.“ Das ist, wie wenn du nach einer versoffenen Nacht in den Spiegel schaust: Du erkennst dich nicht wieder. Anderseits kann man nur so etwas werden. Und irgendwie wollen wir das ja alle: etwas werden. Das Leistungsdenken wird uns von klein auf eingetrichtert. Streng dich an. Mal ein guter Job. Geld verdienen. Über nichts definieren wir uns so sehr, wie über unseren Beruf. Nicht umsonst steuert jeder Smalltalk irgendwann auf die unvermeidliche Frage zu: „Und was machst du so?“ Eigentlich ist das traurig. Warum fragen wir nicht: „Was macht dich glücklich?“

Das Einzige, was mir Hoffnung macht: dass die ganzen Großen auch mal klein angefangen haben. Ernest Hemingway war Lokalreporter bei einem Provinzblatt. Mesut Özil hat im Käfig in Gelsenkirchen gebolzt. Und Olli Schulz jahrelang Gitarrenkoffer für Rockstars geschleppt. Vielleicht wird’s ja doch was mit der Karriere. Und wenn nicht, packe ich meinen Rucksack und haue ab. Orientierungslos rumstolpern ist ja nicht schlecht. Jedenfalls wenn man eine Idee hat, wie’s danach weitergeht. Hickshicks.

Constanze, bist du ein Glitzerprinzessin?
Nächste Woche antwortet an dieser Stelle Constanze Bilogan.

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