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Panorama: Lebensmittel: Hintergrund: Süßstoffe als Dickmacher

Die Lebensmittelzusatzstoffe sind sicher", teilt die Lebensmittelindustrie mit. Und nicht nur das, sie sind sogar eine positive Errungenschaft, ist der Lebensmittelchemiker Lothar W.

Die Lebensmittelzusatzstoffe sind sicher", teilt die Lebensmittelindustrie mit. Und nicht nur das, sie sind sogar eine positive Errungenschaft, ist der Lebensmittelchemiker Lothar W. Kroh von der Technischen Universität Berlin überzeugt, denn mit ihnen erhalte man die Gesundheit der Verbraucher. "Es ist doch sicher besser, etwas Konservierungsstoff zu sich zu nehmen, als an Salmonellen zu erkranken."

Manche Berufskollegen sind da skeptischer. Udo Pollmer, Lebensmittelchemiker und Autor zahlreicher Bücher über Lebensmittel, hält die einschlägigen Zulassungsverfahren für "realitätsfern". "Die einzelnen Substanzen werden an kerngesunden Ratten getestet, um so den Grenzwert zu bestimmen, an dem der Stoff keine körperlichen Reaktionen mehr auslöst." Die Wissenschaftler ignorierten jedoch, wie verschiedene Zusatzstoffe im Komplex wirken und wie sie sich nach der Verarbeitung, beispielsweise in überbackenem Käse, verändern können. "Solange man der Laborratte die Cola nicht zusammen mit einem Hamburger füttert und einem mit Vitaminen angereicherten Fruchtsaft, kann man auch nicht genau wissen, was die Stoffe mit dem menschlichen Organismus anstellen."

Ob die Einzelsubstanzen nun giftig sind oder nicht, diese Frage hält Pollmer jedoch für überholt. "Von den meisten geht vermutlich kein Risiko aus." Viel schwerer wiegen für ihn die mittelbaren Auswirkungen der Zusatzstoffe auf unsere Ernährung, Süßstoffe zum Beispiel. "Wir warnen einerseits vor den gesundheitlichen Gefahren von Übergewicht und ersetzen deshalb Zucker durch Süßstoffe. Die aber werden in der Schweinezucht als Masthilfsmittel verwendet, weil sie den Appetit steigern."

Auch im Grundnahrungsmittel Brot können die Zusatzstoffe indirekt Probleme auslösen. Mit dem traditionellen Natursauerteig dauert die Säuerung des Brotteiges etwa 20 Stunden. "Kunstsauer", das synthetische Pendant aus der Industrie, schafft das in drei Stunden. Doch die Natur kommt bei dem Tempo nicht mehr hinterher. Bei der traditionellen Teigsäuerung wird unter anderem mit Hilfe eines Enzyms die im Korn vorhandene Substanz Phytin abgebaut. Ein sehr erwünschter Effekt, denn Phytin bindet einige wertvolle Mineralstoffe im Korn, so dass der menschliche Organismus diese nicht aufnehmen kann. Die künstliche Gärzeit von drei Stunden reicht zum vollständigen Abbau des Phytins nicht mehr aus; das Brot ist ernährungsphysiologisch weniger wert.

Nicht nur im Brot vermindern Zusatzstoffe den Wert unserer Lebensmittel. "Mit Hilfe der billigen chemischen Helfer spart die Industrie teure, wertgebende Inhaltsstoffe ein", sagt Pollmer. Aromastoffe statt Früchte, Emulgatoren statt Eigelb, Geschmacksverstärker statt Fleisch. Die Qualität der Produkte leidet unter dem Kostendruck. Die Industrie macht daraus auch keinen Hehl. Einer der Gründe, warum man auf Zusatzstoffe nicht verzichten könne, so heißt es beim Bundesverband der Lebensmittelindustrie, sei: "ein preiswürdiges Lebensmittelangebot zur Verfügung zu stellen." Pollmer: "Eine gewisse Vorsicht gegenüber den Zusatzstoffen in unserer Nahrung ist also angebracht."

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