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Panorama: Mann tanzt nicht

90 Prozent der Frauen tanzen gern, aber nur zehn Prozent der Männer – warum nur?

Von Andreas Oswald

Ist den Männern noch zu helfen? Eine Umfrage hat ergeben, dass nur etwa zehn Prozent von ihnen gerne tanzen. Bei den Frauen sind es etwa 90 Prozent. „Na und?“, sagt der Nichttänzer, „macht zusammen 100 Prozent. Wo ist das Problem?“

Die Umfrage wurde von der Männerzeitschrift „Men’s Health“ in Auftrag gegeben. Das ist eine Zeitschrift, in der Männern ein schlechtes Gewissen eingeredet wird, wenn sie keinen Waschbrettbauch haben. Der galt in der Zeitschrift als entscheidend für die Frage, ob ein Mann Chancen bei Frauen hat. Aber jedes Blatt braucht mal einen Themenwechsel und da liegt „Men’s Health“ diesmal nicht schlecht.

„Darf ich bitten?“ – dieser Satz ist gar kein schlechter Anfang, wenn Männer eine Frau suchen. Sie müssen dann allerdings das Versprechen einlösen, das mit dieser Aufforderung verbunden ist. Und da liegt bei vielen Männern ganz offensichtlich die Herausforderung. Die meisten Männer, die nicht gerne tanzen, begründen das damit, dass sie schlechte Tänzer seien.

Das ist plausibel. Als schlechter Tänzer könnte man eine schlechte Figur machen, wem macht das schon Spaß. Und welche Frau will mit einem schlechten Tänzer aufs Parkett.

Es gäbe vielleicht den einen oder anderen Grund, der die Mühe belohnte, das Tanzen zu lernen. Und es gäbe die eine oder andere Überlegung, die die Angst vor dem anfänglichen Versagen nehmen könnte. Bei den Milongas, so heißen nächtliche Veranstaltungen, bei denen argentinischer Tango getanzt wird, gibt es zahlreiche hervorragende Tänzerinnen. Würde der eine oder andere gute Tänzer zusätzlich hinzustoßen, es wäre zu beiderseitigem Vergnügen.

Nichttänzer haben einen gewichtigen Einwand. Wenn sie sich in der Tangoschule blamieren, sieht das jede und nie wieder wird eine Tänzerin mit ihnen tanzen wollen. Nun ist es aber so, dass die Tänzerinnen in einem Kurs das gar nicht sehen, weil sie viel zu sehr mit ihrem eigenen Tanzpartner beschäftigt sind, der nicht tanzen kann und sie dauernd aus dem Takt bringt. Und die eigene Tanzpartnerin ist froh, dass sie einen hat, der mit ihr den Kurs macht. Und ist deshalb tolerant.

Um das Toleranzkonto nicht zu sehr zu belasten, sollten Männer vielleicht nicht mit ihrer eigenen Frau tanzen lernen, sondern mit einer anderen. Das hat den Vorteil, dass die Frau mit einem anderen Mann tanzen kann und ihm Versagen vorwirft statt dem eigenen Mann. Auf diese Weise werden die Gefühle eheverträglicher verteilt.

Die Angst des Mannes, anfangs eine schlechte Figur zu machen, ist durchaus begründet. Wie soll er damit umgehen können, wenn er im Beruf und privat der Erfolgreiche ist. Aber was soll’s: In einem Jahr, wenn der Mann gut tanzen kann, erinnert sich kein Mensch mehr daran, dass er mal vor einem Jahr blutiger Anfänger war.

Nichttänzer haben manchmal noch einen Einwand. Sie beteuern, zwei linke Beine zu haben und in Sachen Tanzen ein hoffnungsloser Fall zu sein. In Wirklichkeit sind sie ganz einfach nur normal begabt. Es kommt selten einmal vor, dass ein Mann tatsächlich ein schwieriger Fall ist. Und in einem solchen ist immer wieder zu beobachten, dass der Mann, wenn er durchhält, plötzlich den Durchbruch schafft und schließlich zu einem der besten Tänzer wird. Und mit den besten Tänzerinnen tanzt. Und ausgeht.

Tanzen hat eine kleine Nebenwirkung. Wer sich eine ganze Nacht bewegt, wird schlanker. Das reicht vielleicht nicht für einen Waschbrettbauch. Aber den sehen die vielen Tänzerinnen sowieso nicht beim Tanzen.

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