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Deutsche Bischöfe bei einem Gottesdienst vor einer Vollversammlung.

© Thomas Lohnes/dapd

Update

Missbrauch von Kindern und Jugendlichen: Studie dokumentiert 3677 Missbrauchsopfer in katholischer Kirche

Eine Studie der katholischen Kirche belegt laut "Spiegel" und "Zeit" das massive Ausmaß sexuellen Missbrauchs. Die Hälfte der Opfer war höchstens 13 Jahre alt.

Die katholische Kirche in Deutschland hat nach „Spiegel“-Angaben in einer umfangreichen Studie einen weit verbreiteten Missbrauch von Kindern und Jugendlichen dokumentiert. Demnach wurden für die Studie der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) mehr als 38.000 Personal- und Handakten aus 27 deutschen Diözesen untersucht und ausgewertet. Für die Zeitspanne von 1946 bis 2014 seien dort sexuelle Vergehen an 3677 überwiegend männlichen Minderjährigen protokolliert worden, hieß es am Mittwoch. Die Taten seien von insgesamt 1670 Klerikern begangen worden. Die Zahlen würden als konservative Annahme betrachtet, man müsse wohl von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Der „Spiegel“ berief sich auf eine Zusammenfassung der Ergebnisse, die ihm vorliege. Auch der "Zeit" liegt die Studie vor.

Mehr als die Hälfte der Opfer war maximal 13 Jahre alt

Mehr als die Hälfte der Opfer sei zum Tatzeitpunkt maximal 13 Jahre alt gewesen. In etwa jedem sechsten Fall sei es zu unterschiedlichen Formen von Vergewaltigung gekommen. Drei Viertel der Betroffenen hätten mit den Beschuldigten in einer kirchlichen oder seelsorgerischen Beziehung gestanden.

Der Bericht hält nach "Spiegel"-Angaben auch fest, dass zahlreiche Akten vernichtet worden seien. Die Hälfte der Fälle sei ohne Antrag auf Entschädigung durch die Betroffenen nicht entdeckt worden, da in vielen Fällen Hinweise in den Personalakten der Beschuldigten "vernichtet oder manipuliert" worden seien. Es sei auch anzunehmen, dass die Serie der Missbrauchsfälle weiter andauere und nicht abgeschlossen sei.

Nur ein Drittel der Täter musste sich in einem Verfahren verantworten

Nur ein Drittel der Täter musste sich einem kirchenrechtlichen Verfahren stellen, auffällig viele seien ohne weitere Erklärung in eine andere Gemeinde versetzt worden. Sanktionen seien häufig minimal geblieben oder ganz ausgeblieben.

Wie die "Zeit" berichtet, hätten die Forscher keinen direkten Zugriff auf die Akten der katholischen Kirche gehabt. Vielmehr seien alle Archive und Dateien von Personal aus den Diözesen oder von diesen beauftragten Rechtsanwaltskanzleien durchgesehen worden. Daher sei die Studie nicht wirklich unabhängig - zumal einige der 27 beteiligten Bistümer offenbar selbst darauf hinwiesen, dass Archive vernichtet worden seien.

Die katholischen Bischöfe wollen die Studie eines Forschungskonsortiums der Universitäten Mannheim, Heidelberg und Gießen offiziell am 25. September während ihrer Herbst-Vollversammlung in Fulda vorstellen. Der Abschlussbericht zum sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Zuständigkeitsbereich der DBK war vor fünf Jahren initiiert worden.

Papst lädt zu neuntägigem Gebet für die Opfer

Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Stephan Ackermann, zeigte sich bestürzt über die Erkenntnisse der Studie. „Wir wissen um das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs, das durch die Ergebnisse der Studie belegt wird. Es ist für uns bedrückend und beschämend“, erklärte der Trierer Bischof. Er kündigte an, dass die Bischöfe für den 24. bis 27. September erneut eine Beratungshotline für Betroffene freischalten wollen.

Der Papst lädt derweil zu einem neuntätigen Gebet für die Opfer von Missbrauch in der Kirche ein, dass an diesem Mittwoch um 19 Uhr beginnen soll. Die sogenannte Novene endet am 20. September, wie das Portal Vatican News berichtet.

Die Gebetsinitiative solle „die Wut, die Enttäuschung und den Schmerz aufgreifen, den viele Menschen in diesen Tagen spüren“, sagte der deutsche Mitorganisator Simon Lochbrunner dem Internetportal des Erzbistums Köln, domradio.de. Sie solle Fragen und Zweifeln Raum geben und das Versprechen des Papstes ernstnehmen, „dass sich grundlegend etwas ändern muss in der Kirche“, so Lochbrunner.

Im Februar sollen die Spitzen der Bischofskonferenzen weltweit über Missbrauch beraten

Papst Franziskus will außerdem im Februar mit den Spitzen der Bischofskonferenzen weltweit über Missbrauch in der katholischen Kirche beraten. Das Treffen finde vom 21. bis 24. Februar im Vatikan statt, sagte die vatikanische Vizesprecherin Paloma Garcia Ovejero am Mittwoch bei einem Pressebriefing.

Sie verlas eine entsprechende Mitteilung des Kardinalsrates zum Ende der dreitätigen Beratungsrunde an diesem Mittwoch. Demnach war beim 26. Treffen des Rates das Thema Missbrauch in der Kirche zentral. (dpa, Tsp, KNA)

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