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Panorama: Mordfall Julia: Polizei ist sicher: Nachbar brachte das Mädchen um

Im Mordfall Julia hat die Polizei den Täter nach ihrer Einschätzung überführt. Doch wie und vor allem warum die Achtjährige aus dem kleinen hessischen Ort Biebertal-Rodheim getötet wurde, ist auch weiterhin unklar.

Im Mordfall Julia hat die Polizei den Täter nach ihrer Einschätzung überführt. Doch wie und vor allem warum die Achtjährige aus dem kleinen hessischen Ort Biebertal-Rodheim getötet wurde, ist auch weiterhin unklar. "Wir wissen nicht, was mit dem Mädchen passiert ist", sagte der Sprecher der Gießener Staatsanwaltschaft, Reinhard Hübner. Am Montag präsentierten Staatsanwaltschaft und Polizei neue Beweise gegen den 33 Jahre alten Tatverdächtigen, einen Nachbarn von Julias Familie. Die neuen Spuren hat die Polizei einem aufmerksamen Zeugen zu verdanken.

Zum Thema Chronologie: Indizien führen zum mutmaßlichen Mörder Mitte Juli hatte der Mann verdächtige Gegenstände an einem Feldweg in zwei Kilometern Entfernung vom Leichenfundort entdeckt. Es handelt sich um Latexhandschuhe, Stofffetzen, eine Zigarettenschachtel sowie eine Wasserpistole. Die Wasserpistole hat die gleiche Farbe und Größe wie das Spielzeug, das Julia bei ihrem Verschwinden bei sich hatte.

Am Freitag der letzten Woche bekam die SoKo Julia dann die Ergebnisse einer Genuntersuchung: Mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu einer Million hat der 33 Jahre alte Nachbar diese Handschuhe getragen. Stofffetzen und Faserspuren stammen aus der Wohnung des Verdächtigen. Und auch die Zigarettenschachtel passt ins Bild - es ist seine Marke.

Was passierte wirklich?

Zu einem kompletten Bild aber fehlt die Aussage des 33-Jährigen. Der liegt seit einer Explosion in seinem Keller schwer verletzt im Koma und ist nicht vernehmungsfähig. 80 Prozent seiner Haut sind verbrannt. "Die Ärzte sehen eine Überlebens-Chance, sein Zustand ist aber nach wie vor kritisch", sagte der Ermittler Michael Pfendesack.

Die achtjährige Julia Hose war am späten Nachmittag des 29. Juni in ihrem Heimatort verschwunden und noch am gleichen Abend gestorben. Zum Zeitpunkt des Verschwindens sei er mit seiner Frau zu Hause gewesen, hatte der 33-Jährige vor der Explosion den Ermittlern erzählt. Wie alle Nachbarn war auch er befragt worden.

Doch das Alibi bröckelte schnell: Am 6. August, dem Tag an dem Benzin die Explosion im Keller verursachte, bekamen die 70 Ermittler der Sonderkommission Julia endlich die Telefonverbindungsdaten des Mannes. Sie bewiesen, dass der Verwaltungsangestellte zum fraglichen Zeitpunkt mit seiner Frau telefonierte, er also allein zu Hause war. Außerdem war der Vater eines wenige Monate alten Kindes am Abend des 3. Juli - als Julias Leiche auf einem brennenden Holzstapel bei Nidderau-Kaichen im Wetteraukreis gefunden wurde - in der Nähe geblitzt worden. Sein anthrazitfarbener Kombi raste aus Richtung Kaichen über die Bundesstraße. Jetzt suchen Spezialisten des hessischen Landeskriminalamtes in dem Auto nach Spuren.

Doch die Explosion im Haus des Verdächtigen stellte die Ermittler vor neue Probleme. Zwei Tage später wollten sie das Haus durchsuchen. Es steht neben dem Spielplatz, auf dem Julia kurz vor ihrem Verschwinden gesehen wurde. Von der bevorstehenden Aktion sei der Mann nicht informiert gewesen, widersprach Hübner entsprechenden Berichten. Ausgeschüttetes Benzin in einer "nicht unerheblichen Menge" habe die Explosion verursacht, sagte der Staatsanwalt.

Nur der 33-Jährige selbst kann sagen, ob er in seinem Keller Beweismaterial verbrennen oder seinem Leben ein Ende setzen wollte. Doch trotz der starken Brandschäden lieferten zwei Leichenspürhunde ein nächstes Indiz: Unabhängig voneinander schlugen sie an zwei Stellen im ausgebrannten Keller an. Sicher sind die Ermittler bislang nur bei der Todesursache: "Stumpfe Gewaltanwendung" auf den Kopf des blonden Mädchens haben zum Tode geführt. Die Pornos, die laut Pfendesack im Haus und in der Nähe des Fundortes entdeckt wurden, sind kein Beweis für einen sexuellen Hintergrund. Sie seien frei erhältlich, also frei von Kinderpornografie.

Unter Schock

"Der Schock ist immer da", sagt die evangelische Pfarrvikarin Gabriele Zander, die in der mittelhessischen Gemeinde tätig ist. "Die Angst sitzt immer noch in allen Eltern." Es ist ein teils wolkiger, teils sonniger Montag. Doch während im wenige Kilometer entfernten Gießen die Ermittler ihre Ergebnisse präsentieren, ist in Biebertal kaum ein Kind auf der Straße. Minderjährige, berichtet die Biebertaler Bürgermeisterin Helga Lopez, seien im Ort nur noch in Begleitung von Erwachsenen zu sehen. Auch sieben Wochen nach der Tat bringen die Eltern ihre Kinder persönlich zur Schule und holen sie auch dort wieder ab, wie Lopez sagt.

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