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Panorama: Neben der Rolle

Schauspielerin? Musikerin? US-Hollywoodstar Minnie Driver sucht ihre Bestimmung

Ihre Stimme klingt müde. Es ist spät geworden an diesem Herbsttag, den Minnie Driver in einem Konferenzraum eines Kölner Hotels damit verbracht hat, zu erklären, weshalb sie jetzt auch noch Popstar werden will. Wo sie doch schon Filmstar ist. Einer allerdings, dem man zuletzt etwas hämisch nachgesagt hat, er sei gerade arbeitsmäßig nicht überlastet – eine üblere Art der Nachrede.

Wahr ist: Minnie Driver gehört seit dem Beginn ihrer Hollywood-Karriere Mitte der neunziger Jahre zu der Sorte Star, der um Anerkennung kämpfen musste. Als Britin konnte aus ihr schon aufgrund ihrer Herkunft und ihres Akzents kein all american girl wie Julia Roberts werden, auch wenn ihr Lachen ähnlich bezaubernd und entwaffnend sein kann. Andererseits: Ins typische britische Rollenklischee der aristokratischen höheren Tochter passt die dafür einfach nicht ätherisch genug wirkende Driver ebenso wenig, wie man ihr das todernste Charakterfach oder die dralle Sexbombe ohne weiteres abnimmt. So ist die mittlerweile 34-Jährige in Hollywood in einer problematischen Besetzungsschublade gelandet, auch wenn sie sagt, dass sie „bitteschön nicht in einer Schublade“ lebe: die stets etwas überambitioniert scheinende Nebendarstellerin. Obwohl Driver in ihren Filmen faktisch fast immer die weibliche Hauptrolle spielt, sind ihre Figuren meist schwache, die im Schatten der Männer stehen.

Das war schon so bei ihrem Durchbruch in Hollywood: 1997 trat sie neben Matt Damon, Ben Affleck und Robin Williams in „Good Will Hunting“ auf und wurde, obwohl sie von allen Frauenrollen in dem Film die prominenteste hatte, nur als beste Nebendarstellerin für den Oscar nominiert. Affleck und Damon gewannen den Preis für das beste Drehbuch, Robin Williams den als bester männlicher Nebendarsteller – Minnie Driver ging leer aus. Aber immerhin hatte man ihr Talent anerkannt. Anders als zu erwarten wurden ihre Rollen und Filme danach jedoch nicht besser. Sondern eher schlechter. Sie versuchte sich in romantischen Komödien wie „Beautiful“, in der Wilde-Adaption „An Ideal Husband“ und in einem Dutzend anderer Filme – doch keiner davon erreichte die Qualität und Popularität von „Good Will Hunting“. Anfang des Jahrzehnts verschwand Minnie Driver schließlich für bald zwei Jahre von der Leinwand.

Die Zeit, das weiß man seit Anfang letzter Woche als ihr Debütalbum „Everything I’ve Got In My Pocket“ veröffentlicht wurde, hat sie vor allem mit Musikmachen verbracht. Songs hat sie schon seit Jugendtagen nebenher immer geschrieben, das wusste bislang nur kaum jemand. Und ihr erstes Geld hat sie mit Gesangsauftritten verdient: In London trat sie während ihrer Schauspielausbildung an der Webber Douglas Academy of Dramatic Art in Bars auf, mit Jazz-Bands von befreundeten Musikern. „Obwohl ich Jazz wirklich mag – meine Auftritte waren vor allem Jobs“, sagt Driver. „Wenn mich Leute für eine Country-Band hätten engagieren wollen, dann hätte ich halt Country gesungen.“ Das tut sie nun: Die stärkste Inspirationsquelle ihres melancholischen Albums, das bis auf eine Coverversion von Bruce Springsteens „Hungry Heart“ nur von Driver getextete und zumindest mitkomponierte Stücke enthält, ist Country-Musik. Und es funktioniert: Ihr Album, das dem Musikkonzern Emi angeblich eine Million Dollar Vorschuss wert war, ist gut.

Ihre Lieder zu veröffentlichen, dazu musste sie erst überredet werden, von dem befreundeten Musiker und Produzenten Marc „Doc“ Dauer. Nicht weil sie in der Presse Schmähungen gefürchtet hätte als ein weiterer nebenberuflich eher schlecht als recht singender Hollywoodstar wie Nicole Kidman, Bruce Willis oder Julie Delpy. Da sei sie längst abgehärtet, sagt Driver: „Soll ich mich wegen harter Kritiken schlecht fühlen? Am nächsten Tag geht die Sonne wieder auf, und die Zeitungen von gestern sind Papiermüll.“ Schauspielern, Singen, Malen, Kochen – das seien doch alles irgendwie künstlerische Tätigkeiten, sagt Minnie Driver. „Ich begreife mich nun mal als kreativen Menschen, das ist meine Bestimmung im Leben, also lebe ich sie aus, egal, in welchem Feld.“

Dann ist das Gespräch vorbei. Später sieht man Minnie Driver mit „Doc“ Dauer den Rhein entlangspazieren. Derzeit schaut es so aus, als schreite sie in eine bessere Zukunft: Gerade hat sie als Partnerin des glänzenden Philip Seymour Hoffman in dem Spieler-Film „Owning Mahowney“ wieder in einem zwar kleinen, dafür aber guten Film mitgespielt. Demnächst beginnt sie eine Promotionreise zum Kinostart des Blockbuster-Projekts „Phantom Of The Opera“. In der Musical-Verfilmung, die am 16. Dezember in die deutschen Kinos kommt, ist sie erneut eine prominente Nebendarstellerin. Sollte ihr dieser Job mal nicht mehr gefallen: Als Musikerin hat sie womöglich eine glänzendere Zukunft.

Andreas Grosse

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