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Panorama: Nicht ohne den Vater

Embryonenverwendung nur mit Zustimmung beider

Natalie Evans gibt nicht auf. Mutter werden will sie, auch wenn ihr der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg höchstinstanzlich ihren Kinderwunsch untersagt hat. „Hindert mich nicht daran, Mutter zu werden“, sagte sie und wischte sich auf einer Pressekonferenz nach der Urteilsverkündung die Tränen aus den Augen. Aber große Chancen hat die Britin nicht.

Bei aller Sympathie, die der 34-jährigen entgegengebracht wird – Recht bleibt Recht. Das Gericht bestätigte das Vetorecht ihres ehemaligen Freundes Howard Johnston gegen die Einpflanzung eines von ihm künstlich befruchteten Embryos. Nun läuft die Uhr. Im Oktober müssen die sechs eingefrorenen Embryonen von Natalie Evans zerstört werden, weil die gesetzliche Fünfjahresfrist für ihre Aufbewahrung abläuft. Nur noch eine wenig aussichtsreiche Anrufung der „großen Kammer“ des europäischen Gerichts kann der Britin helfen – oder ihr ehemaliger Freund müsste einlenken.

„Bitte Howard, überlege es dir noch einmal“, flehte die 34-Jährige ihren ehemaligen Freund an. Natalie hat einen neuen Freund, der mit ihr das Kind aufziehen würde. Doch Howard Johnston blieb hart: „Ich will nicht, dass mein Kind in einer Umgebung aufwächst, über die ich keine Kontrolle habe und ohne mich zu kennen“.

Seit 2001 liegen sechs mit Johnstons Samen befruchtete Embryonen im Tiefkühlschrank einer britischen Fruchtbarkeitsklinik. Die Befruchtung in der Petrischale wurde vorgenommen, weil bei Evans Eierstockkrebs diagnostiziert worden war. Sie wollte sich die Option sichern, auch nach Entfernung ihrer Eierstöcke noch Kinder haben zu können.

Ein Jahr später ging die Freundschaft in die Brüche. Johnston entzog die Erlaubnis, die Embryonen einzupflanzen und verlangte ihre Vernichtung. Nach dem britischen Embryonengesetz von 1990 ist die Einwilligung beider Eltern Voraussetzung für das Austragen eines so genannten Reagenzglasbabys. 2003 begann Evans ihren Gang durch die Gerichtsinstanzen. Sie argumentiert, wenn Frauen auf natürlichem Wege schwanger würden, hätten die Männer ja auch nicht das Recht, ihre Einwilligung zurückzuziehen.

Bis ins Oberhaus klagte sich Evans. Ihr doppeltes Unglück – Unfruchtbarkeit durch Krebs und das Ende ihrer Beziehung – brachte ihr Sympathien von allen Seiten ein. Zwei von sieben Richtern gaben ihr Recht. Die Juraprofessorin Sally Sheldon von der Uni Keele aber glaubt, dass die Einwilligungsvorschriften im Embryonengesetz zu streng sind und revidiert werden sollten. Kein Mann, so bestätigte das Straßburger Urteil britisches Recht, kann gegen seinen Willen gezwungen werden, Vater zu werden – doch was, fragt Sheldon, wenn Johnston seine Einwilligung nicht als Vater, sondern nur als Samenspender gegeben hätte?

In Deutschland hätte der Fall Evans nicht passieren können. Durch künstliche Befruchtung erzeugte Embryos müssen hier sofort eingepflanzt werden.

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