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Weltweit berichten Tageszeitungen über das Unglück.

© AFP

Presseschau zum Absturz von Flug 4U9525: "Die Katastrophe wird vieles verändern"

Die Welt trauert um die 150 Opfer des Germanwings-Flugs 4U9525. Ein Blick in deutsche und internationale Tageszeitungen vom Mittwoch.

Die "Nürnberger Nachrichten" kommentieren: "Auch wenn die Bilanz von Flugzeugabstürzen, die mit einem Schlag Hunderte von Menschenleben auslöschen können, immer monströs und Furcht erregend sind, bleiben Flugzeuge - statistisch gesehen - doch die sichersten Transportmittel der Welt. Dem Gros der Passagiere mag dieser Hinweis helfen, den Schock und das Entsetzen über die Germanwings-Katastrophe zu überwinden - den Hinterbliebenen der Absturzopfer freilich muss er wie blanker Hohn erscheinen."

Für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" lässt sich das Geschehen kaum in Worte fassen. Sie schreibt: "Und doch will man so viel wissen. 150 Menschen sind beim Absturz des Airbus 320 der Fluggesellschaft Germanwings ums Leben gekommen, und nicht nur die trauernden Angehörigen treibt die Frage um, wie es zu dem Unglück kommen konnte. Für sie müssen die Worte des Sprechers der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung in Braunschweig ein Horror sein: Bis zur endgültigen Klärung könnten viele Monate, wenn nicht sogar Jahre vergehen. Es kämen viele Gründe für den Absturz in Frage. So ist es das eine, der Opfer zu gedenken, das andere aber ist es, sich in die Tatsache fügen zu müssen, dass es selbst in unserer modernen, angeblich vollkommen vernetzten Welt Rätsel gibt, die sich so schnell nicht lösen lassen; zumal man es sich nicht einfach machen darf."

"The Times" aus London befasst sich mit dem Airbus A320 als Arbeitspferd des Himmels: "Der Airbus A320 gehört zu den beliebtesten Arbeitspferden in der Geschichte der Fluggesellschaften und steht in der Sicherheitsbilanz über dem Durchschnitt. Allerdings gibt es bei einigen Piloten Unbehagen wegen der hochautomatisierten Systeme des Airbus. Seit 1988 sind mehr als 1000 Menschen bei über 20 Unfällen mit Maschinen der A320 Familie gestorben. Die meisten dieser Unfälle standen jedoch nicht in Verbindung mit der technischen Gestaltung des Flugzeugs."

Die "Stuttgarter Zeitung" kommentiert: "Das Unglück führt erneut vor Augen, dass es keine hundertprozentige Sicherheit im Flugverkehr geben kann. Jeder Bolzen kann brechen, jedes Instrument aussetzen und jeder Pilot in einer Stresssituation falsche Entscheidungen treffen. Ein Flugzeug besitzt hunderte von Fehlerquellen. Das Ziel der Luftfahrt der vergangenen 100 Jahre war es, die Zahl der Probleme zu minimieren - am meisten gelernt haben die Ingenieure aus den Fehlern."

Die Berliner Tageszeitung "Die Welt" meint: "Es gibt den Tod von Angesicht zu Angesicht, der Abschiedsworte möglich macht, so kurz sie auch sein mögen. Es gibt, wie nun in den Alpen, den fernen Tod ohne jeden Abschied. Wenn sich in ihm überhaupt etwas Tröstliches finden lässt, dann die Erinnerung an Kinder, Geschwister, Freunde, Eltern und Verwandte so, wie sie vor dem Schicksalsschlag waren. Der ferne Tod überlagert ihre Gesichter und Stimmen nicht wie der nahe Tod mit Eindrücken letzter Tage, Stunden oder Minuten. Solche Naheindrücke können im Rückblick versöhnlich und schmerzlösend sein. Oft aber sind sie grausam und unauslöschlich. Diese Bilder bleiben Angehörigen und Freunden bei einem fernen Flugzeugunglück erspart. Dafür lastet die Vorstellung, wie die letzten Minuten sich abgespielt haben könnten, auf der Seele."

Das "Handelsblatt" aus Düsseldorf kommentiert: "Die Katastrophe wird vieles verändern in Branche und Konzern. Doch was sie in unseren Köpfen anrichtet, ist am wenigsten zu prophezeien. Da lässt sich kein Strich drunterziehen wie unter eine Bilanz. Klar, es gab auch schon in Europa schlimme Flugzeugunglücke. Aber der Absturz von Germanwings-Flug 9525 ist die mit Abstand größte Katastrophe der hiesigen Luftfahrt. Das ist eine neue Dimension an Unsicherheit in Zeiten, die ohnehin schon von vielen Unwägbarkeiten dominiert werden, vom islamistischen Terror bis zum Dauerbrandherd Ukraine, die alle ja auch immer näher zu kommen scheinen. Wenn die Zeit stillsteht, kommt der Schock."

Die "Berliner Zeitung" befasst sich mit den Risiken: "Wir haben den Glauben an die Möglichkeit der Risikolosigkeit verloren. Desto wichtiger ist uns, dass wir darauf vertrauen können, dass alles getan wird, die Risiken zu senken. Darum geht die Aufklärung der Absturzursache uns alle an."

Die französische Zeitung "Le Figaro" erinnert an den Absturz der Concorde: "Es wird wohl mehrere Tage dauern, bis das Geheimnis gelüftet werden kann, das die Ursachen der Katastrophe des Airbus A320 der Fluggesellschaft Germanwings mit 150 Toten umgibt. Es ist einer der mörderischsten Unfälle in Frankreich seit dem Absturz der Concorde von Air France am 25. Juli 2000 kurz nach dem Start vom Flughafen Roissy-Charles de Gaulle, als 113 Menschen starben."

"Le Monde" beschäftigt sich mit den Billigfliegern: "Der Absturz des Germanwings-Airbus A320 könnte die Strategie der Lowcost-Entwicklung bei Lufthansa infrage stellen. Nach Germanwings als Tochter für Kurz- und Mittelstreckenflüge hatte die deutsche Fluggesellschaft mit Eurowings eine weitere Gesellschaft gegründet, die ausschließlich für Billig-Langstreckenflüge zuständig ist."

Der Bonner "General-Anzeiger" schreibt: "Die Fragen nach der Unglücksursache in den französischen Alpen sind nicht nur legitim, sie sind die, die alle Menschen in diesen Stunden bewegen. Und da gibt es nun leider Auffälligkeiten, die nicht wegzureden sind. Von einem terroristischen Hintergrund muss man derzeit nicht ausgehen. Ein Zusammenstoß kann so gut wie ausgeschlossen werden. Bleibt also der Verdacht der technischen Störung. Das wiederum hat nicht zwingend damit zu tun, dass die Maschine schon so alt war, hat auch nichts damit zu tun, dass es bei Germanwings schon mal Probleme mit der Rauchentwicklung in den Kabinen gibt. Aber der gestern am Flughafen Köln/Bonn gefallene Satz, mit den Computerproblemen, die eine Germanwingsmaschine vor Monaten auf einem Flug von Bilbao nach Deutschland hatte, habe das gestrige Unglück nichts zu tun, ist zumindest voreilig. Die bis jetzt bekannt gewordenen Details des Absturzes legen diesen Verdacht zumindest nahe. Ein Gedanke, der sich verfestigt, wenn es stimmt, dass gestern zahlreiche Germanwings-Crews ihren Einsatz verweigert haben. Die rückhaltlose Aufklärung der Absturzursache von Flug 4U 9525 ist deshalb das Mindeste, was jetzt geschehen muss." (dpa)

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