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Prozess-Auftakt: Eltern streiten Schuld am Tod von Nadine ab

Die kleine Nadine aus Gifhorn ist nach Aussage einer Hauptbelastungszeugin von ihrem Vater misshandelt worden. Allerdings wollen die Eltern davon nichts wissen. Von der Leiche des Kindes fehlt jede Spur.

Hildesheim - Im Prozess um den Tod der einjährigen Nadine sagte die Zeugin vor dem Landgericht Hildesheim aus, die 30-jährige Mutter des Kindes habe sich ihr anvertraut und die Misshandlung durch den Vater geschildert. Außerdem habe die Mutter davon berichtet, dass der Mann Nadine nicht aureichend ernährt habe. Die 30-Jährige ist wie ihr 32-jähriger Mann wegen Misshandlung und Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt. Die angeklagten Eltern hatten zu Prozessauftakt die Vorwürfe bestritten. Bei einer Verurteilung müssen sie mit Haftstrafen bis zu 15 Jahren rechnen.

In vorbereiteten Erklärungen versicherten die Eltern vor Gericht vielmehr, sie hätten die im Oktober 2000 geborene Nadine Anfang Januar 2003 tot in ihrem Bettchen gefunden. Tags zuvor sei sie aus dem Hochbett gefallen. Aus Angst, das Jugendamt könne ihnen ihre anderen fünf Kinder wegnehmen, hätten sie den Tod verschwiegen - und die Leiche wenige Tage später am Rande des Harzes begraben. Sie wurde jedoch nie gefunden.

Handlungen in "gefühlloser Weise"

Die Anklage dagegen geht davon aus, dass die damals erst einjährige Nadine von ihrem Vater schon im Zeitraum Januar bis August 2002 geschlagen wurde und letztlich an den Folgen der Misshandlung und wegen Unterernährung starb. Der Mann soll an seiner Vaterschaft gezweifelt haben. Er habe Nadine "in gefühlloser Weise" Prellungen und Verbrennungen zugefügt und ihr nicht genug zu essen gegeben, sagte Staatsanwalt Wolfgang Scholz. Der Mutter warf er vor, nichts gegen die Misshandlung und die Tötung des Kindes unternommen zu haben. Nadines Eltern hörten die Verlesung der Anklage nahezu regungslos an und verzogen keine Miene.

Fast gleichlautend schilderten die Eltern in ihren von den Anwälten vorgetragenen Erklärungen, dass sie Nadine nach ihrem Tod etwa vier Tage zu Hause aufgebahrt hätten. Die Mutter habe einen Altar aufgebaut und Kerzen angezündet. Als es dann begonnen habe, "komisch zu riechen", fiel der Entschluss, Nadine zu begraben. Beide Eltern versicherten, sie hätten die tote Tochter sehr vermisst und deshalb die im Spätherbst geborene nächste Tochter ebenfalls Nadine genannt. "Ich wollte einfach meine Nadine wieder haben", zitierte der Anwalt vor Gericht die Mutter.

Probleme in der Familie

Das Ehepaar, das einschließlich des verschwundenen Mädchens sechs Kinder hat, hat sich nach Aussage der Zeugin häufig gestritten und geprügelt. Ihre Freundin habe davon gesprochen, sich scheiden lassen zu wollen. Sie habe auch öfter getrunken.

Das nachgeborene Kind meldeten die Eltern nicht standesamtlich an und präsentierten das gerade dreijährige Mädchen dann 2006 als Nadine, als deren Einschulung angestanden hätte. Auf die Spur kam die Justiz den Eltern aber Ende Oktober erst, als sich die Zeugin bei der Polizei meldete, der sich die Mutter anvertraut haben soll. Wegen der schwierigen Beweislage in dem Prozess ohne Leiche sind fast 50 Zeugen und Sachverständige geladen. Zwölf Verhandlungstage sind angesetzt. (tso/AFP/dpa)

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