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Panorama: Rebellen ohne Chance

Die Chancen stehen schlecht. Schlecht für das Häuflein evangelischer Christen, das, wie berichtet, gegen den Verkauf und Abriss der Matthäuskirche im Frankfurter Bankenviertel kämpft.

Die Chancen stehen schlecht. Schlecht für das Häuflein evangelischer Christen, das, wie berichtet, gegen den Verkauf und Abriss der Matthäuskirche im Frankfurter Bankenviertel kämpft. Die Kirche, die inmitten der Hochhäuser wie ein Relikt aus alter Zeit wirkt, hat Bewohner gleichermaßen wie Mitglieder der betroffenen Gemeinde in einen Widerstand getrieben, der gleichermaßen medienwirksam wie aussichtslos ist.

"Die Liquidierung der Matthäusgemeinde bedeutet eine Selbstbegünstigung aller abstimmungsberechtigten Gemeinden zu Lasten eines Opfers", mit diesen Worten wenden sich die Rebellen aus dem Frankfurter Westend an die 79 Vertreter des evangelischen Regionalverbands. Heute könnte diese Versammlung im Dominikanerkloster, nahe der Paulskirche, das Schicksal ihres Gotteshauses besiegeln. Der Regionalvorstand hat bereits beschlossen: Die Matthäuskirche, sie soll fallen. Weil auf dem Filetstück zwischen Messe und Hauptbahnhof neue Hochhäuser entstehen sollen, will der Frankfurter Kirchenvorstand das Grundstück nebst Sakralbau verkaufen, 35 Millionen Euro oder mehr könnte das einbringen.

Die Initiative "Rettet die Matthäuskirche" hofft dagegen auf die Mitchristen in der Regionalversammlung. Es gehe schließlich um "die Präsenz der Kirche in einer von Geldwirtschaft geprägten Umgebung". Doch die Initiative hat wenig Hoffnung. "Wir haben herumtelefoniert, die Mehrheit steht gegen uns", sagt Sigrid Koch. Sie hat schon einmal "ihre" Kirche verloren. Vor Jahren beschloss der Kirchenvorstand ihrer Wohngemeinde die Umwidmung der Markuskirche Bockenheim. In der Matthäuskirche, in der ihr Mann konfirmiert worden war, fand sie die neue Heimat, die jetzt bedroht ist. 1500 Unterschriften hat die Initiative gesammelt. Doch die Kirchenoberen hoffen auf "ein Heidengeld", so formuliert die Leiterin des Kinderhorts, Edith Joeck-Seelinger.

Nicht die feine Art

Mit der Kirche, dem Pfarrhaus, Kindergarten und Hort, samt grünem Außengelände mitten in der Betonwüste, sollen auch vier Wohnungen abgerissen werden. Die Mieter, darunter der Küster der Gemeinde mit seiner Familie, erhielten bereits Aufforderungen, die Wohnung bis August zu räumen. "Nicht die feine englische Art", findet Gemeindepfarrer Thomas Hessel, der zusammen mit seinem Gemeindevorstand für den Erhalt des Kirchenzentrums kämpft. Er bestreitet, dass der Verband das Geld aus dem Kirchenverkauf wirklich braucht. "Riesige Bauprojekte" plane der Regionalvorstand. Allein für die Renovierung eines Verwaltungsgebäudes seien 1,28 Millionen Euro vorgesehen. Frankfurts Kirchengemeinden haben in den letzten 20 Jahren die Hälfte ihrer Mitglieder verloren.

Auch die Gemeinde von Pfarrer Hessel ist überschaubar geworden. Am Karfreitag kamen 80, am Sonntag davor nur 23 Gemeindeglieder zum Gottesdienst. Doch die große Kirche steht nicht leer. Hier feiern auch philippinische, rumänische und äthiopische Christen ihren Gottesdienst. Sie zahlen Miete. Der Regionalverband hat ein Konzept für Frankfurt erarbeitet, um Zahl und Größe der kircheneigenen Gebäude dem tatsächlichen Bedarf anzupassen. Aus den Verkaufserlösen sollen die verbleibenden Kirchen und Gemeindezentren erhalten und verschönert werden.

Längst ist die Kirchenleitung in Darmstadt in den unseligen Streit involviert. Der Konflikt um die Frankfurter Matthäuskirche lasse sich wohl im Guten nicht auflösen, sagt Kirchensprecher Krebs. Solche Prozesse stießen in der Kirche stets auf besonders viel Widerstand und Ablehnung, "weil wir doch fürs Ewige, Überzeitliche zuständig sind".

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