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Panorama: Schüler ziehen weg – ihreErinnerungen bleiben

Eiffel-Oberschule gibt nach 140 Jahren Standort auf. Künstler helfen beim Abschied

Seit 140 Jahren toben in der Kastanienallee 82 in Prenzlauer Berg Kinder über den Schulhof und schwitzen über Klassenarbeiten. Heute stehen viele Klassenzimmer der Gustave-Eiffel-Oberschule leer. Die Jugendlichen, die auf die kombinierte Haupt- und Realschule gehen, müssen bis Anfang nächsten Jahres in einen sanierten Plattenbau in der Hanns-Eisler-Straße umziehen. Die Neunt- und Zehntklässler werden jetzt schon am neuen Standort unterrichtet, die Siebt- und Achtklässler sollen in den Winterferien folgen. Das 9000 Quadratmeter große Areal mit fünf Gebäuden zwischen Kastanienallee, Choriner Straße, Stadtbad Oderberger Straße und Kunstzentrum Dock 11 sei zu groß für die schrumpfende Schülerzahl, heißt es im Bezirksamt Pankow. Wahrscheinlich spielt bei den Umzugsplänen aber auch eine Rolle, dass das alte Schulgebäude mitten im lukrativen Szene-Kiez liegt und sich wahrscheinlich gut verkaufen lässt. Noch aber ist offen, was mit dem Gelände passieren soll, wenn die Schüler weg sind.

Damit die Erinnerungen an die 140 Jahre nicht verloren gehen, schaffen Studenten der Kunsthochschule Weißensee der Schule ein Gedächtnis. Im Rahmen des Langzeitprojekts „Leerstelle“ haben sie zum Beispiel 60 Schüler unterschiedlicher Generationen gebeten, ihre Biographien und Wünsche auf Glas zu schreiben. Die Glasscheiben haben sie in den verlassenen Klassenräumen aufgehängt.

Ein Mädchen aus Weißrussland schreibt, dass sie auf keinen Fall gleich nach der Schule arbeiten, sondern noch mehr lernen will. Eine andere Schülerin wünscht sich, nie zu heiraten. Andere, die 1937 hier auf der Schulbank saßen, erzählen, was aus ihren Träumen geworden ist. „Mich interessiert die Schule als Ort der Erinnerung“, sagt Künstler Peter Müller. „Was wird aus den Schülern und ihren Plänen, wenn sie die Schule verlassen haben?“ Im alten Schulbuchlager haben die Künstler Erinnerungsstücke aus ihrer eigenen Schulzeit zu einem temporären Museum zusammentragen.

„Das Areal hat ein ungeheures Potenzial“, sagt Wolfgang Krause, ein Dozent der Kunsthochschule, der sich schon seit Jahren mit dem Kiez um die Kastanienallee beschäftigt. „Wir wollen die Vielschichtigkeit der Gebäude ins Bewusstsein heben“, sagt Müller. Ihm gefiel es in den Klassenzimmern so gut, dass er vorübergehend dort eingezogen ist.

Wer sich das Projekt „Leerstelle“ anschauen möchte, sollte sich bei Peter Müller telefonisch unter 24619947 anmelden.

Claudia Keller

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