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Massenhochzeiten waren das Markenzeichen von Moons „Vereinigungskirche“. Oft traute der selbst ernannte Messias tausende Paare gleichzeitig.

© AFP

Sekten: „Vater“ und Verführer

Mit Geschäftssinn gesegnet: Sun Myung Moon gehörte zu den umstrittensten Sektenführern.

Zu seinen Lebzeiten war Sun Myung Moon genauso umstritten wie er von seinen Anhängern bewundert wurde. Von diesen ließ sich der Gründer der Vereinigungskirche (Moon-Sekte) als „Wahrer Vater“ verehren. Für die zahlreichen Kritiker war er dagegen ein geistiger Verführer, der es über seine religiösen Aktivitäten hinaus dank seines ausgeprägten Geschäftssinns und einer ergebenen Gefolgschaft zum Milliardär gebracht hatte.

Von Moon, der am Montag in Südkorea im Alter von 92 Jahren gestorben ist, werden vor allem seine spektakulären Massenhochzeiten in Erinnerung bleiben. Bei den sogenannten Blessings erteilte er in Stadien und per Satellit tausenden Paaren weltweit seinen Segen. Kein Wunder, dass zehntausende Menschen zu den Beisetzungsfeierlichkeiten am 15. September in Seoul erwartet werden.

Eine Zeit lang galt Moon als der wohl bekannteste Koreaner der Welt. Heute können in seiner Heimat gerade junge Menschen mit dem Namen Sun Myung Moon nur noch wenig anfangen. Um den „Retter der Menschheit“ war es in den vergangenen Jahren ruhig geworden.

Einer der Gründe war der starke Mitgliederschwund der Bewegung in Westeuropa und vor allem in den USA, wo er in den 70er-Jahren als der wohl umstrittenste Sektenführer galt und 1982 wegen Steuervergehen zu einer 18-monatigen Haftstrafe verurteilt wurde. Wer war der wohl erste Milliardär Südkoreas, charismatische Prediger und selbst ernannte Friedenskönig?

Bei einer als bizarr beschriebenen Zeremonie ließ sich Moon vor einigen Jahren in einem Empfangsraum des US-Senats einen königlichen Umhang anlegen und eine Krone aufsetzen. Einige Kongressmitglieder, die der Einladung damals gefolgt waren, sagten später, sie hätten sich übertölpelt gefühlt. Der Auftritt sagte allerdings ebenso viel über Moons Selbstverständnis als religiöser Erneuerer wie über seine weitreichenden Verbindungen in Politik und Wirtschaft aus. Zu seinen Freunden zählten etwa die konservativen US-Präsidenten Richard Nixon, Ronald Reagan und George H. W. Bush.

Nur echt mit Krone: Sektenchef Sun Myung Moon mit seiner Frau Hak Ja Han.
Nur echt mit Krone: Sektenchef Sun Myung Moon mit seiner Frau Hak Ja Han.

© AFP

Am Anfang stand für Moon eine spirituelle Erfahrung: Auf einem Berg soll er als 16-Jähriger eine Jesus-Erscheinung gehabt haben. Dabei wurde ihm angeblich verkündet, er werde die „unvollendete Mission“ auf Erden beenden. Mehrmals beschrieb sich Moon selbst als Messias. Trotz seines hohen Alters galt Moon bis zuletzt als absolute Autorität innerhalb seiner Organisation, die er kurz nach dem Krieg zwischen Südkorea und dem kommunistischen Nordkorea (1950–53) gegründet hatte. Die stark antikommunistische Haltung Moons, der 1920 im heutigen Nordkorea geboren wurde, war von persönlichen Erfahrungen geprägt. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, später Millionen in eine Autofabrik in Nordkorea zu investieren.

Im Mai 1954 gründete Moon in Seoul die strikt hierarchisch geführte Vereinigungskirche. Mit Hilfe von Missionaren konnte er hunderttausende, meist junge Menschen in den USA, Japan und Europa von seinen Lehren einer Wiederherstellung des Himmels auf Erden überzeugen. Zugleich schuf er ein Wirtschaftsimperium mit Firmen in den verschiedensten Branchen, darunter Hotels, Restaurants und eine Waffenfabrik. Schon früh waren ihm zudem die Medien, darunter die „Washington Times“, ein wichtiges Instrument, um sich Einfluss zu verschaffen.

In Deutschland wurde dem Ehepaar Moon lange Zeit die Einreise verweigert. 2007 wurde das Verbot dann aufgehoben. Zur Begründung hieß es damals, Sun Myung Moon sei schon seit längerem bestrebt, „keine Angriffsfläche aus Sicht der deutschen Rechtsstaatlichkeit zu bieten“. dpa

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