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Tote Babys Wenden

© ddp

Tote Babys: Nicht verjährt

Die drei toten Babys im Sauerland werden obduziert - die Mutter kann nur schwer vernommen werden.

Nach dem Fund dreier Babyleichen in einer Tiefkühltruhe im sauerländischen Wenden war bis Dienstagabend nur eines klar: Bei den Leichen handelt es sich um Mädchen. Am Abend dann die Nachricht, dass das bisher einzige obduzierte Baby bei seiner Geburt lebensfähig war. Die beiden anderen sollten frühestens am Mittwoch untersucht werden. „Die Babys sind offenbar unterschiedlich gefroren, deshalb müssen zwei langsamer aufgetaut werden“, teilte Staatsanwalt Johannes Daheim am Dienstag mit.

Die Untersuchungen zum genauen Tathergang oder zum Motiv verlaufen bisher schleppend; noch immer hat sich die 44 Jahre alte tatverdächtige Frau nicht detailliert geäußert. Bislang habe sie lediglich zugegeben, dass sie die Mutter der Babys sei und diese nach deren Geburt in der Tiefkühltruhe verstaut habe, sagen die Ermittler.

Zwischen Schluchzen und Weinkrämpfen habe sie „einzelne Häppchen an Information“ preisgegeben; doch sie steht – ähnlich wie ihre drei weiteren Kinder – unter Schock und ist traumatisiert. Offenbar hatte sie ihre Taten jahrelang verdrängt und wurde nun plötzlich wieder damit konfrontiert.

Auch der 47-jährige Vater habe seither nicht viel gesagt und nur zu Protokoll gegeben, dass er weder von den Schwangerschaften noch von den Leichen etwas gewusst habe. Die gesamte Familie wird derzeit psychologisch betreut, gegen die Frau hatte das Amtsgericht Olpe noch am Montag Haftbefehl erlassen.

Wie lange genau die Neugeborenen tot in der Truhe in der Waschküche lagen, steht noch nicht fest; fest steht nur, dass eines der Kinder in eine Zeitung aus dem Jahr 1988 gewickelt war. Das würde bedeuten, dass die Mutter für mindestens zwei ihrer Taten noch belangt werden könnte, denn Totschlag – so lautet der Vorwurf – verjährt nach 20 Jahren.

Ähnlich wie sich die Nachbarn der Familie am Montag geäußert haben, schätzte auch das Jugendamt in Olpe die Familie ein. Sie sei „völlig unauffällig“ und keinesfalls aktenkundig gewesen, sagte Fachbereichsleiter Michael Färber. „Es gab keine Hinweise darauf, dass dort irgend etwas nicht stimmen könnte und wir uns darum kümmern müssten.“ Die Eltern und ihre drei Kinder im Alter von 18, 22 und 24 Jahren gehörten nicht zu den „Familien in Problemlagen“. Bei der künftigen Betreuung der Familie wird das Jugendamt nicht einbezogen, da die Kinder volljährig sind. Auch Färber ist entsetzt über die Tragödie, die am Wochenende ans Licht kam. „Das zeigt uns mal wieder, wie wichtig es ist, immer die Augen offenzuhalten und sich ein vernünftiges, soziales Netzwerk aufzubauen.“

Die Gemeinde ist schockiert, und all die grausigen Dinge, die sonst immer ganz woanders passieren und die man nur aus den Medien kennt, sind hier in Wenden plötzlich schreckliche Wirklichkeit geworden. Ob und wann es einen Gedenkgottesdienst für die getöteten Babys geben wird oder ob nur eine gemeinsame Erklärung der beiden Kirchen in Olpe verlesen wird, stand am Dienstag noch nicht fest.

Claudia Bell

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