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Eine Diabetikerin spritzt sich mit einem Insulin-Pen Insulin.

© picture-alliance/ dpa

Welt-Diabetes-Tag: Gemeinsame Mahlzeiten verringern Gefahr von Diabetes

Pünktlich zum heutigen Welt-Diabetes-Tag geben neue Studien Hinweise darauf, dass regelmäßiges gemeinschaftliches Tafeln gesund sein kann.

Eigener Herd ist Goldes wert, sagt ein altes Sprichwort. Kommt es nun auch zu gesundheitswissenschaftlichen Ehren? Wer den häuslichen Herd regelmäßig nutzt, um sich und seinen Lieben leckere Mahlzeiten zuzubereiten, kann das Risiko der gesamten Tischgemeinschaft senken, an Diabetes zu erkranken, so behauptet jetzt ein Team amerikanischer Wissenschaftler.

Es ist eine verblüffende Neuigkeit, die die Arbeitsgruppe um Geng Zong von der Harvard School für Public Health in Boston in der letzten Woche, kurz vor dem heutigen Welt-Diabetes-Tag, beim Treffen der amerikanischen Herz-Gesellschaft in Orlando verkündete: Wie die Auswertung der Langzeit-Daten von fast 100000 zu Beginn gesunden amerikanischen Frauen und Männern aus Gesundheitsberufen ergab, haben diejenigen unter ihnen, die mittags und abends regelmäßig zuhause aßen (oder ihre Verpflegung für die Mittagspause von dort mitnahmen), im Verlauf der letzten 30 Jahre deutlich seltener einen Typ-2-Diabetes entwickelt als andere Studienteilnehmer, die weniger als sechsmal in der Woche zuhause zubereitete Lunchs und Dinners aßen.

Wie das? Vorsicht bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist sicher schon deshalb angebracht, weil wir nicht erfahren, ob die Gruppen sich auch anderweitig in ihrem Verhalten unterschieden. Vor allem aber wissen wir nicht, wo die Auswärts-Esser ihre Mahlzeiten vorwiegend einnahmen und was sie dort konsumierten. Dabei ist es sicher bedeutsam, ob täglich Fritten und Burger von der Fastfood-Kette oder mediterrane Menus mit Salat und Gemüse im Gourmet-Restaurant auf dem Speiseplan standen. Und nicht zuletzt auch, ob Berufstätige auf eine gute Kantine zurückgreifen konnten.

Dass aus frischen Zutaten selbst zubereitete Mahlzeiten im Durchschnitt leichter sind und eine geringere Kaloriendichte aufweisen als auf die Schnelle auswärts Verzehrtes, ist allerdings wahrscheinlich. Wenn das Auswirkungen auf die schlanke Linie hat, ist der Zusammenhang mit der Zuckerkrankheit plausibel: Schließlich ist wissenschaftlich bestens untermauert, dass starkes Übergewicht das Risiko, an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken, deutlich erhöht.

270.000 Neuerkrankungen gibt es pro Jahr in Deutschland nach Auskunft der Deutschen Diabetes-Gesellschaft. Sechs Prozent der Erwachsenen sind erkrankt. Bei ihnen reagieren die Körperzellen nicht mehr ausreichend oder gar nicht mehr auf das Bauchspeicheldrüsen-Hormon Insulin. 1,5 Millionen Diabetiker müssen sich das Hormon in Deutschland künstlich zuführen.

Insulin veranlasst im Normalfall die Zellen der Muskeln und des Fettgewebes, den Energielieferanten Zucker aus dem Blut aufzunehmen, der nach dem Essen dorthin gelangt. Reagieren die Zellen nicht mehr wie gewohnt, dann wird zunächst mehr Insulin ausgeschüttet – bis das nicht mehr ausreicht und die Insulin produzierenden Zellen schließlich vor Erschöpfung ihren Dienst quittieren.

Auf Snacks zwischendurch verzichten

Nur bei einer kleinen Minderheit passiert das aufgrund eines Typ-1-Diabetes, der oft schon im Kindesalter auftritt und zu den Autoimmunkrankheiten zählt. Auch ob jemand einen Typ-2-Diabetes bekommt, ist teilweise unbeeinflussbar und Veranlagung. Mindestens 42 Gene sind dabei im Spiel. Tests, mit denen man sein persönliches Risiko ermitteln kann, fragen unter anderem nach erkrankten Familienangehörigen. Doch dass der „Altersdiabetes“ immer häufiger und immer öfter schon in jungen Jahren auftritt, lässt sich nur mit Veränderungen im Lebensstil erklären.

Zum Beispiel mit dem Faktum, dass man nicht nur in amerikanischen, sondern auch in deutschen Städten heute zu jeder Tages- und Nachtzeit den leisesten Anflug von Hunger sofort stillen kann. Annette Schürmann, Leiterin der Abteilung Experimentelle Diabetologie am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke, plädiert dafür, das nicht zu tun. „Wer auf Snacks verzichtet und sich auf drei Mahlzeiten am Tag beschränkt, vermindert sein Diabetes-Risiko“, sagt die Biologin. Schürmann konnte belegen, dass es den Stoffwechsel von Versuchstieren ankurbelt, wenn sie zwischen den Mahlzeiten Fastenperioden einlegen. Möglicherweise waren also in der US-Studie bei den Menschen, die meistens zuhause aßen, einfach diese Pausen länger.

Viel wert sind neben den mit Bedacht ausgewählten Lebensmitteln für die in Ruhe genossenen häuslichen Mahlzeiten aber sicher auch ein Paar gute Lauf- oder Walkingschuhe. Zehn bis 15 Prozent aller Diabetes-Fälle gehen nach Ansicht der WHO auf das Konto mangelnder Bewegung.

Einer gestern erschienenen Befragung von 2800 Europäern aus sieben Ländern zufolge ist das den meisten Erwachsenen klar. Deutlich kleiner ist allerdings die Zahl derjenigen, die zugleich sagen: Ich würde meinen Lebensstil ändern, sobald Tests zeigen, dass ich gefährdet bin.

Pikanterweise stammt diese Untersuchung vom „Institute for Scientific Information on Coffee“ und widmet sich nebenbei auch der Frage, wie viel die Europäer über den Zusammenhang zwischen Kaffee und der Zuckerkrankheit wissen. Keine ganz uneigennützige Neugier: Denn Studien haben gezeigt, dass Menschen, die drei bis vier Tassen Kaffee am Tag trinken, etwas seltener einen Typ-2-Diabetes bekommen. Warum, das ist noch nicht erforscht. Einstweilen könnte dies uns immerhin den Espresso nach dem Essen versüßen.

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