zum Hauptinhalt

Panorama: Wie kommt das Dioxin ins Bio-Ei? Erhöhte Werte bei

Freilandhaltung gemessen

Freilaufende Hühner, die im Boden scharren, von dort Körner picken und schöne, große und vor allen Dingen schadstofffreie Eier legen – das Bild hat Symbolcharakter für artgerechte Haltung und gesunde Ernährung. Doch jetzt fallen Schatten auf die ökologische Idylle.

Bei Untersuchungen des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Freiburg sind in Freilandeiern Dioxinwerte festgestellt worden, die teilweise um das Fünffache über dem zulässigen EUGrenzwert von drei Pikogramm pro Gramm Fett liegen. Dies erklärte ein Sprecher des baden-württembergischen Landwirtschaftsministeriums am Sonntag und bestätigte damit einen Bericht von „Bild am Sonntag“. Die belastenden Proben seien in Kleinstgruppen mit maximal 10 bis 20 Hühnern gefunden worden. Da diese Eier nicht in den Großhandel gelangten, bestehe keine Gefahr für die Verbraucher. Doch auch bei normalem Verzehr von Eiern mit der gemessenen Dioxinbelastung sehen Toxikologen keine akute Gefährdung der Gesundheit. „Das erhöht die Grundbelastung nur minimal“, sagt Professor Bert Schlatterer, langjähriger Leiter des brandenburgischen Lebensmitteluntersuchungsamtes in Potsdam. Wer beispielsweise einen beim Discounter gekauften Lachs verzehre, nehme wesentlich mehr Dioxin auf als über das Frühstücksei eines freilaufenden Huhnes. Hinzu komme der positive Aspekt, dass der Dioxingehalt der Milch in den letzten Jahren stark zurückgegangen sei. Verglichen mit den Werten vor zehn Jahren sei heute die insgesamt über die Nahrung aufgenommene Dioxinmenge viel geringer. Doch der akut gesundheitliche Aspekt ist für Verbraucherministerin Künast nicht ausschlaggebend. Sie will die langdauernde Aufnahme von Dioxin minimieren, eines Gifts, das verdächtigt wird, Krebs zu erzeugen und das Immunsystem zu schwächen. Nach zähem Ringen zwischen den Interessengruppen wurde in Brüssel der erst seit Anfang 2005 geltende EU-weite Grenzwert durchgesetzt. Parallel dazu läuft ein weiterer Konflikt zwischen Biobauern und Großbetrieben. Es geht darum, unter welchen Umständen Hühner gehalten werden dürfen: artgerecht freilaufend oder eingepfercht in engen Käfigen?

Der Grünen-Politiker Friedrich Wilhelm Gräfe zu Baringsdorf gehört zu den Verfechtern der Freilandhaltung. Es kommt wohl auf den Boden an. Ist er mit Schadstoffen belastet oder nicht, ist es eventuell tonhaltige Erde, die natürlicherweise Dioxin enthält. Denn die Hühner nehmen das Dioxin nicht über das Futter, die Körner, sondern über den Boden auf. „Sie picken auch Erdkrumen", sagt Schlatterer. Das ist bei Käfighaltung mangels Erde anders und so kommen die Eier des eingesperrten Federviehs beim Dioxintest besser weg. Mehr als 99 Prozent der Proben, also praktisch alle, liegen unter dem EU-Grenzwert. Im Vergleich zu den Käfigeiern zeigten die Bioeier durchschnittlich einen zweieinhalbfach höheren Wert. „Diese Eier müssen sofort vom Markt“, sagt Künast.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false