zum Hauptinhalt
196903_0_3998dd6b

© Privat

Wir müssen REDEN (21): Eine Seefahrt ist nicht lustig

Elena, hast du Fernweh? Das fragte Ric Graf vorigen Freitag. Elena Senft antwortet – samt Fotobeweis

Obwohl ich mich normalerweise sehr wohl hier fühle, überkommt mich gelegentlich ein unerträgliches Fernweh, dem nur mit der sofortigen Buchung eines Billigflugs Herr zu werden ist.

Ziemlich genau vor einem halben Jahr habe ich für eine Freundin ein WG-Zimmer im Internet gesucht. Ich fand ein Foto von einem sehr schönen Zimmer, das mir irgendwie bekannt vorkam: Es war das WG-Zimmer meines Ex-Freundes, von dem ich noch nicht lange getrennt war. Die fiese Vorahnung wuchs sich zu einer noch fieseren Gewissheit aus, als ich ihn anrief. „Ich ziehe mit meiner neuen Freundin zusammen.“ Ein schlimmer Satz. Abgesehen davon, dass wir uns in einem Stadium befanden, in dem es verboten war, sich neue Partner geschweige denn Pärchen-Wohnungen anzuschaffen, war sie das Gegenteil von mir: strebsam, leise und unattraktiv (Letzterer Punkt stellt einen gespielt arroganten und gemeinen Seitenhieb dar, da beide diesen Text lesen).

Und da war es auf einmal: ein so furchtbares Fernweh, dass man denkt, man müsse sofort weg! Ich wollte einen Rucksack packen, mich auf eine Wanderung durch die Anden, ach Quatsch!, durch den Himalaya, begeben und bloß nicht in der- selben Stadt sein, in der sich die zwei gerade geräumige Altbauwohnungen mit schmiedeeisernen Balkonen ansehen.

Natürlich ging das nicht und das Fernweh blieb. Die Freundin, der ich das WG-Zimmer gesucht hatte, fuhr mich immerhin an einen großen See und setzte mich in ein Ruderboot. Sie machte ein Foto. „Da siehst du total glücklich drauf aus, das schicken wir ihm!“ sagte sie. Ich war froh, dass ich eine Sonnenbrille trug. Das Foto hat er nie bekommen. Seine neue Adresse wollte ich nicht wissen.

Ric, magst du Pärchen-Wohnungen?

Nächsten Freitag antwortet Ric Graf.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false