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Flocke

© AFP

Zookinder: 2008 war das Jahr der Eisbären

Dick, rund und knuddelig. Die wolleweichen Eisbärenkinder Knut, Flocke und Wilbär bescherten nicht nur den Zoos in diesem Jahr volle Kassen und fette Schlagzeilen. Echte "Milliobären" also.

Der dicke Eisbär-Bursche Knut im Berliner Zoo produziert auch als Zweijähriger die fettesten Schlagzeilen von allen "Zookindern". Dicht dahinter folgen als zweites Waisenbärenkind die einjährige Flocke in Nürnberg und im Schutz seiner Mutter Corinna der ebenfalls ein Jahr alte Wilbär in der Stuttgarter "Wilhelma" als die Publikumslieblinge schlechthin. In China mag es nach dem traditionellen Kalender das "Jahr der Ratte" gewesen sein. In Deutschland aber war 2008 unbestritten das Jahr der Eisbären.

Keine andere Tierart eroberte die Herzen der vielen Millionen Zoo-Besucher und Tierfreunde am Fernsehgerät und in den Medien so im Sturm wie die plüschigen Knuddel-Kinder, die nun zu den gefährlichsten Raubtieren der Welt heranwachsen. Schwer überschattet wurde die Freude jedoch vom plötzlichen Herzinfarkt-Tod des beliebten Knut-Tierpflegers Thomas Dörflein im September dieses Jahres.

Freud und Leid im Bärengehege

Bittere Nachrichten erreichten die Tierfreunde im Dezember auch aus dem Zoo von Nürnberg. Ein Bärchen aus der Zwillingsgeburt von Mutter Vera starb nach nur 18 Tagen. Noch in der gleichen Woche lag auch das zweite Jungtier tot in der Bruthöhle. Ein wenig Trost konnte Zoo-Sprecherin Nicola Mögel in sehr nüchternen Worten spenden: "Mutter Vera hat sich vom Tod des Tieres überzeugt und hat es sehr ruhig und entspannt bewältigt."

Es ist traurig, aber wahr: Das Leben geht weiter, und mit ihm der Eisbär-Kult und die vielen Fortsetzungskapitel der herzerweichenden und aufwühlenden Schicksalsstory nach Art von TV-Seifenopern. So bewegt inzwischen der hinter den Kulissen ausgebrochene knallharte Zoo-Poker um die Zukunft von Knut & Co. die Gemüter. Knut wurde sogar zum Fall fürs Gericht. Im Mai kommenden Jahres muss ein Berliner Gericht entscheiden, ob der Tierpark Neumünster Anteile aus den Knut-Gewinnen bekommt, weil Knut-Vater Lars aus Neumünster stammt. Zoo-Chef Peter Drüwa begründet darauf seine Klage-Rechte.

Um den Top-Bären Knut, der den ganzen Hype mit seinem ersten öffentlichen Auftritt vor 600 Journalisten am 23. März 2007 auslöste, bewirbt sich auch der Zoo Gelsenkirchen mit seiner hübschen Eisbär-Dame Lara. Nach Druck aus den Medien, von vielen Tierfreunden und sogar einer besorgten Äußerung vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) schwenkte auch Berlins Zoo-Chef Bernhard Blaszkiewitz um. "Ich will ihn haben", sagte er. Im Kampf um den Kult-Bären Nummer eins stellte der Zoo Neumünster sogar ein Ultimatum: Bis zum 19. Dezember muss sich Berlin verbindlich erklären, sonst droht "Knut-Besitzer" Drüwa mit Abwanderung des Super-Stars aus der Hauptstadt.

Für Wilbär aus Bad Cannstatt ist dagegen alles klar: Er wird Schwede. Sein Platz im Bärenpark Grönklitt bei Orsa ist bereits reserviert. Und die für seine tierische und in diesem Fall völlig legale "Zwangsheirat" ausgesuchte Schöne steht auch schon fest: Ein bäriges "Meisje" aus den Niederlanden. Wohin die Reise letztlich für Nürnbergs Flocke geht, ist noch ungewiss.

Tierkult: Eisbären schlagen Fußball-WM

Viel Geld ist in den Kulissen der Eisbär-Gehege mit im Spiel. Berlins "Milliobär" Knut lockte schon mehr als fünf Millionen Fans an. Mit den Marketing-Rechten an Büchern, Film und Souvenirs verdiente der Zoo nach eigenen Angaben bisher zusätzlich mehr als fünf Millionen Euro. Im Sog der Eisbären-Manie haben auch generell Tiersendungen im Fernsehen Konjunktur. "Panda, Gorilla & Co.", "Giraffe, Erdmännchen & Co.", "Elefant, Tiger & Co." und "Eisbär, Affe & Co." lauten die beliebten Titel in den Dritten Programmen mit kurzen Tier-Storys aus den deutschen Zoos.

Aber im Zentrum standen unbestritten die Eisbären-Familien: So gingen die erschütternden Bilder aus Nürnberg, als Eisbären-Mutter Vera Flocke immer wieder aus dem Maul fallen ließ, um die Welt. Laut Bürgermeister Horst Förther (SPD) hat diese Geschichte der Stadt weltweit mehr Interesse beschert als die Fußball-WM im Jahr zuvor. Der Kulturausschuss verkündete einen Gewinn von rund 300.000 Euro. In der Stuttgarter "Wilhelma" schraubte Wilbär den neuen Besucherrekord auf etwa 2,3 Millionen. Konkrete Angaben zu den Einnahmen lagen noch nicht vor, der Trend ist aber eindeutig im dicken Plus. Das Jahr der Eisbären wärmte nicht nur die Herzen, es füllte auch die Zoo-Kassen.

Hans-Rüdiger Bein[dpa]

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