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Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg.

© dpa

Zu lange Verfahrensdauer: Totschläger frei - Justiz und Politik in Hamburg unter Druck

In Hamburg sind zwei mutmaßliche Schwerverbrecher wegen überlanger Verfahrensdauer auf freien Fuß gesetzt worden. Nun ist die Empörung groß.

Die Freilassung von zwei inzwischen rechtskräftig verurteilten Totschlägern aus der Untersuchungshaft hat Regierung und Justiz in Hamburg in Erklärungsnot gebracht. Nachdem bereits in der Vergangenheit Beschuldigte wegen überlanger Verfahrensdauer aus der Untersuchungshaft entlassen werden mussten, spricht die lokale CDU-Opposition jetzt von einem „handfesten“ Justizskandal.

Es geht um zwei Cousins, die 2012 vor einer Kneipe unweit der Reeperbahn einen 22-Jährigen angeschossen hatten. Das Opfer - Mitglied einer verfeindeten Familie - konnte sich zwar noch in ein Taxi schleppen, verblutete dort jedoch. Beide Männer wurden deshalb 2014 wegen Totschlags zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Beide fochten das Urteil jedoch an. Während in solchen Fällen Angeklagte üblicherweise das Ergebnis der Revision in Untersuchungshaft abwarten müssen, wurden die Cousins nach einer Haftbeschwerde wegen überlanger Verfahrensdauer auf freien Fuß gesetzt.

Möglicherweise tauchen die Verurteilten unter

Inzwischen sind die Urteile rechtskräftig. Offen ist aber, ob die Männer ihre Haftstrafen von bis zu zehn Jahren antreten - oder ob sie untertauchen. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Nana Frombach sagte dem NDR, eine Ladung zum Strafantritt habe nicht zugestellt werden können. Gerhard Strate, Anwalt eines Verurteilten, sagte dagegen der „Welt“ (Dienstag): „Der Staatsanwaltschaft ist seine Adresse bekannt, bislang ist keine Ladung zum Haftantritt eingegangen.“

Die Hamburger Justizbehörde versicherte am Montag, dass Senator Till Steffen (Grüne) seit seinem Amtsantritt intensiv über die Personalausstattung der Justiz verhandele. Die Justiz selbst erinnerte daran, dass sie schon lange eine generelle Überlastung der Gerichte angezeigt habe. Für die Opposition ist dennoch klar, dass Rot-Grün für die Missstände verantwortlich ist. „Wenn der Justizsenator jetzt nicht handelt, droht nicht nur Vertrauen der Menschen in unseren Rechtsstaat Schaden zu nehmen, sondern auch seine Eignung für dieses Amt“, erklärte der Hamburger CDU-Justizexperte Richard Seelmaecker. Seine FDP-Kollegin Anna von Treuenfels betonte, seit Jahren seien die Zustände in der Hamburger Justiz bekannt. (dpa)

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