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Schädlich für die Gesundheit: Zucker.

© Uwe Anspach/dpa

Steuern auf Zucker: Zu süß, um gut zu sein

Zucker schadet der Gesundheit. Soll der Staat mit Gesetzen und Sondersteuern einschreiten, wie in Großbritannien? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Friedhard Teuffel

Bringen wir noch schnell den Werbeblock hinter uns: Mit Zucker lacht das Leben. So rieselte es früher aus dem Fernseher. Heute versteckt sich die Werbung für Zucker eher so wie der Zucker selbst. Auch weil Lachen auf jeden Fall gesünder ist als Zucker und zu viel Zucker einen im schlechtesten Fall zum Trauerkloß machen kann.

Und jetzt? Was soll man anfangen mit der Erkenntnis, dass die Empfehlungen für eine gesunde Ernährung über Jahrzehnte auf einem Irrtum beruhten? Fett macht fett hieß es und Kohlenhydrate machen ganz wunderbar satt. Dabei ist es gerade der Zucker, der die Diagnosen für Diabetes Typ 2 in die Höhe schnellen lässt ebenso wie das Gewicht.

An den Ernährungsempfehlungen hat die Lebensmittelindustrie herrlich verdient. Denn Zucker ist billig. Zucker macht haltbar. Zucker gibt Volumen. Nun also warten, bis sich auch das wieder als Irrtum herausstellen sollte? Oder doch darauf reagieren, vielleicht sogar politisch?

Die Ernährung ist längst zum Stellvertreterstreit für den Freiheitsbegriff dieser Gesellschaft geworden. Eingriffe jedweder Art werden gerne mit dem Empörungsschrei „Bevormundung!“ gekontert. Was bleibt noch übrig, wenn der einzelne nicht mal mehr bestimmen darf, was er isst und trinkt? Andererseits: Wie weit ist es eigentlich her mit dieser Freiheit bei all den Beeinflussungsmethoden der Industrie? Würde nicht aus Freiheit sogar Souveränität, wenn das Wissen um die Ernährung wächst? Und sollte man wirklich alles so weiterlaufen lassen, in der Hoffnung, dass es am Ende doch nicht so dick kommt?

London wollte nicht weiter zusehen

Die britische Regierung wollte der Bevölkerung nicht dabei zusehen, wie sie weiter auseinandergeht. Am Freitag tritt eine Zuckersteuer auf Getränke in Kraft. Sie wird aller Voraussicht nach wenig bewirken. Denn große Konzerne haben ihre Rezepturen für den britischen Markt schon angepasst. Jetzt liegt der Zuckeranteil unter dem steuerpflichtigen Grenzwert. Süß schmecken die Getränke trotzdem, denn den sinkenden Zuckeranteil haben manche Hersteller einfach durch Süßstoffe ausgeglichen. Manche von ihnen verändern den Stoffwechsel und führen so ebenfalls zu Übergewicht.

Daraus kann die deutsche Politik ihre Schlüsse ziehen, wenn sie selbst etwas tun will. Also entweder noch konsequenter vorgehen und auch noch den Süßstoffanteil berücksichtigen und Fruchtsäfte besteuern, deren Gesundheitsbilanz ebenfalls miserabel ausfällt. Oder sich etwas anderes ausdenken.

Mit dem Zucker hat sich die Industrie ziemlich ungehemmt austoben können. Was spricht dagegen, den erhöhten Zuckerspiegel wieder zu senken? Mit einer anderen Kennzeichnung auf Verpackungen. Mit Werbeeinschränkungen für bestimmte Lebensmittel, gerade wenn sich die Reklame an Kinder richtet. So verwirrend manche wissenschaftlichen Befunde auch sein mögen, es gibt eine Faustregel: Je mehr ein Produkt verarbeitet ist, je länger und unverständlicher die Zutatenliste, desto schlechter fällt seine Gesundheitsbilanz aus. Aber Werbung für unverarbeitete Lebensmittel gibt es eben kaum. Dem Blumenkohl fehlt die Verpackung, die man schön bunt gestalten und mit einer Geschichte beschriften kann.

Also zurück zum Rohstoff: In der Schule kochen zu lernen, vom Einkauf bis zum Anrichten, das wäre ein lohnendes Projekt. Mehr Selbstbestimmung beim Essen geht nicht.

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