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Filmregisseur Garry Marshall.

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Zum Tod des US-Regisseurs Garry Marshall: Das Märchen von Liebe und Glück

Er drehte „Pretty Woman“ und war ein Meister der romantischen Komödie: Der amerikanische Regisseur Garry Marshall ist tot. Er starb am Dienstag im Alter von 81 Jahren. Ein Nachruf.

Märchen haben mit der Wirklichkeit wenig zu tun. Trotzdem können sie wahr werden. Man muss nur fest genug an sie glauben. In „Pretty Woman“, dem berühmtesten Film des Regisseurs Garry Marshall, geht die Geschichte vom Aschenputtel in Erfüllung. Allerdings mit einer Hauptfigur, die auch aus „Fanny Hill“ stammen könnte, einem Klassiker der erotischen Literatur. Geschäftsmann heuert Straßenprostituierte an, die ihn bei Terminen begleiten soll, kleidet sie in Samt und Seide und verliebt sich in sie. Und sie – Happy End! – verliebt sich auch in ihn.

Als Richard Gere (Geschäftsmann) Julia Roberts (Prostituierte) vom Fahrersitz eines Lotus Esprit anspricht, will er nur wissen, wie er nach Beverly Hills kommt. „Fünf Dollar“, antwortet sie. Er gibt ihr zwanzig, lässt sie einsteigen und nimmt sie mit ins Hotel. Prinz und Aschenputtel. Zu den großen Momenten des Films gehört der, in dem Roberts zum ersten Mal die blonde New-Wave-Perücke abnimmt und ihre überwältigenden braunroten Korkenzieherlocken enthüllt.

Wenn Gere, der ansonsten gerne eilig „Wo steht der Nikkei?“ fragt, die offenbar nackte Roberts im abgedunkelten Speisesaal des Hotels liebkost, sieht das eher aus wie eine Ayurveda-Massage. „It Must Have Been Love“, singen Roxette. Die Abgründe der bezahlten Liebe kommen nicht vor, in Deutschland wurde „Pretty Woman“ ab 12 Jahren freigegeben. Aber der Film scheut nicht davor zurück, Witze über sich selbst zu machen. „Das hier ist der Ort der Träume“, ruft ein Rumtreiber auf dem Hollywood-Boulevard. „Welchen Traum hast du?“

1961 zog Marshall nach Los Angeles

Marshall, der 1934 in der New Yorker Bronx geboren wurde, mag früh von Hollywood geträumt haben, begann seine Karriere aber beim Fernsehen. Sein Vater drehte Industriefilme, woran dem Sohn eines missfiel: „Wenn wir die geschaut haben, gab es keine Lacher.“ Nach seinem Militärdienst in Korea und einem Intermezzo als Zeitungsreporter zog Marshall 1961 nach Los Angeles. Gemeinsam mit dem Drehbuchautor Jerry Belson stieg er zu einem erfolgreichen Gaglieferanten für Sendungen wie die „Lucy Show“, die „Dick Van Dyke Show“ und die „Tonight Show“ mit Jack Paar auf.

Julia Roberts als "Pretty Woman" (1990), in Gary Marshalls größtem Kinohit.
Julia Roberts als "Pretty Woman" (1990), in Gary Marshalls größtem Kinohit.

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Es begann das Goldene Zeitalter des Mediums, und Marshall und Belson adaptierten Neil Simons Broadway-Stück „The Odd Couple“ als – so der deutsche Titel – „Männerwirtschaft“. Die Serie handelt von der dysfunktionalen Wohngemeinschaft des Fotografen Felix Unger und des Reporters Oscar Madison, gespielt von Tony Randall und Jack Klugman. Sie brachte es zwischen 1970 und 1974 auf 114 Folgen, und zeitweilig war auf diesem Planeten nichts Lustigeres zu sehen. Walter Matthau und Jack Lemmon sind in der Kinoversion kaum besser.

Garry Marshall wurde zu einem Fernsehmogul. Er entwickelte Serien wie „Happy Days“ und „Mark & Mindy“, produzierte „Männerwirtschaft“ und „Laverne and Shirley“ und trat als Schauspieler auf, angefangen als Kinderdarsteller in der „Burns and Allen Show“ bis zu Kinofilmen wie „Lost in America“, wo er einen Casino-Manager in Las Vegas verkörpert. Für einen Optimisten wie Marshall konnten auch Außerirdische nur friedvolle Wesen sein. In seiner 1978 gestarteten Sitcom „Mork vom Ork“ ließ er einen extraterrestrischen Witzbold auf der Erde landen, der auf seinem Gesicht saß und mit dem Zeigefinger trank. Der junge Comedian Robin Williams schaffte damit den Durchbruch.

Krankenhaus-Klamauk „Küss mich, Doc“

Marshall war ein Entdecker und Förderer. Auch Anne Hathaway und Julia Roberts half er, ein Star zu werden. Als er 1982 seinen ersten Film, den Krankenhaus-Klamauk „Küss mich, Doc“ drehte, war Marshall schon fast fünfzig Jahre alt. Schnell wurde er auf das Genre Komödie festgelegt, genauer gesagt: Romantische Komödie. „Ich mag es, sehr romantische, sentimentale Filme zu machen“, sagte er der „New York Times“. „Es ist ein dreckiger Job, aber einer muss ihn tun.“

Gary Marshall vor dem Plakat seines zweiten Films mit Richard Gere und Julia Roberts, "Die Braut, die sich nicht traut" (1999).
Gary Marshall vor dem Plakat seines zweiten Films mit Richard Gere und Julia Roberts, "Die Braut, die sich nicht traut" (1999).

© dpa

Unter den 17 Werken aus Marshalls Filmografie sind die Polizeikomödie „Undercover Cops“ mit Dan Akroyd, die Behindertenkomödie „Ganz normal verliebt“ mit Juliette Lewis und die Klamotte „Overboard – Ein Goldfisch fällt ins Wasser“, in dem Goldie Hawn nach einem Gedächtnisverlust fälschlich glaubt, mit Kurt Russell verheiratet zu sein (was die beiden Schauspieler im wirklichen Leben sind). In „Plötzlich Prinzessin“ erfährt Anne Hathaway als 15-jähriges All-American-Girl, dass sie Prinzessin von Genovien ist. Wieder ein Märchen, diesmal bekam es sogar einen zweiten Teil. Garry Marshall starb am Dienstag in Burbank, Kalifornien. Er wurde 81 Jahre alt.

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