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Jean Wyllys, hier ein Archivbild aus dem April 2018.

© Mauro PIMENTEL / AFP

Brasilien: Schwuler Abgeordneter muss nach Morddrohungen ins Exil fliehen

Der schwule Abgeordnete Jean Wyllys muss nach Morddrohungen Brasilien verlassen. Unter Präsident Bolsonaro hat die Gewalt gegen Homosexuelle stark zugenommen.

Wegen Todesdrohungen hat der schwule brasilianische Abgeordnete Jean Wyllys das Land verlassen und will sein Mandat niederlegen. "Leben zu bewahren ist auch eine Strategie, um für bessere Zeiten zu kämpfen", schrieb der 44-jährige Politiker der Linkspartei PSOL am Donnerstag im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Der Tageszeitung "Folha de S. Paulo" sagte Wyllys, es sei nicht die Wahl des ultrarechten Jair Bolsonaro zum Präsidenten Brasiliens als solche, die ihn zu seinem Schritt veranlasst habe. Vielmehr habe nach Bolsonaros Wahlsieg im Oktober die Gewalt gegen Mitglieder der LGBT-Community (Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender) zugenommen.

Bolsonaro gilt als extrem homo- und transfeindlich

Die Pressestelle des Parlaments erklärte, Wyllys habe sein Mandat noch nicht formell abgelegt. Sein Büro sagte der Nachrichtenagentur AFP aber, er werde dies tun und eine Zeit außerhalb des Landes verbringen. Angaben zum Aufenthaltsort des Abgeordneten machte sein Büro nicht. Wyllys war seit 2011 Abgeordneter im Parlament.

Der frühere Armeeoffizier Bolsonaro, der immer wieder mit homo- und transfeindlichen Äußerungen aufgefallen ist, hatte das Präsidentenamt zu Jahresanfang angetreten. In seiner Zeit als Abgeordneter waren er und Wyllys immer wieder aneinandergeraten. Als Bolsonaro 2016 seine Stimme für eine Absetzung der damaligen Präsidentin Dilma Rousseff einem Folterer aus der Zeit der brasilianischen Militärdiktatur widmete, spuckte Wyllys ihm ins Gesicht.

Über Wyllys wurden Dutzende Lügen im Netz verbreitet

Bereits im November kurz nach der Wahl Bolsonaros hatte Wyllys gesagt, er befürchte bald das Land verlassen zu müssen, weil die Hetze gegen Homosexuelle und trans Menschen in Brasilien immer unerträglicher werde. Wyllys selber war im Wahlkampf von Bolsonaro zum Feindbild gemacht worden, Bolsonaro wollte so seine rechte Basis mobilisieren. Aus dem Dunstkreis Bolsonaros wurden Dutzende Lügen über Wyllys im Netz verbreitet: Wyllys sei für die Pädophilie. Wyllys wolle Teile der Bibel verbieten lassen, Kindern in der Schule das Schwulsein beibringen. „Dieser Schweinehund hat mich für seinen Aufstieg benutzt", sagt Wyllys damals über Bolsonaro. (AFP/Tsp)

Im November schrieb unser Brasilien-Korrespondent Philipp Lichterbeck bereits eine Reportage über Jean Wyllys - und warum die Wahl Bolsonaros für Menschen wie ihn lebensgefährlich sein könnte. Seine Reportage lesen Sie hier.

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