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Bauleiterin Hanna Sökeland war die Princess der zweiten Staffel.

© picture alliance/dpa | Michael Matthey

Datingshow „Princess Charming“: Echte Vielfalt sieht anders aus

Gerade ging die zweite Staffel der lesbischen Datinshow „Princess Charming“ zu Ende. Sonderlich fortschrittlich war sie nicht. Ein Kommentar.

Von Pauline Faust

Eine Villa auf einer mediterranen Insel, Alkohol und tiefgehende Aussagen wie „Humor ist mir in einer Beziehung wichtig“: „Princess Charming“ könnte eine Datingshow wie jede andere im Reality-TV sein.

Doch im Gegensatz zu „Bachelor“ und „Love Island“ zeigen Vox und RTL+ einen ausschließlich aus queeren Frauen bestehenden Cast, der zudem auch deutlich diverser ist als sonst üblich. Dennoch ist „Princess Charming“ nicht ganz so fortschrittlich wie es in der Vermarkung der Sender aussieht.

„Hatte einer von euch schon mal mit Homophobie zu tun?“

In der gerade beendeten zweiten Staffel der Reality-Show sucht Bauleiterin Hanna die Liebe. Ganze 19 Frauen „buhlen um das Herz der Princess“ kündigt die Stimme aus dem Off an. Es mag schon vom Konzept her chauvinistisch sein, Liebe als Wettbewerb zu inszenieren um eine Frau, die erobert werden muss. Dabei ist die Zusammenstellung der Teilnehmerinnen gut. Jede hat eine Message: Sie reden über die leider noch zu oft verschwiegene weibliche Lust, die Vielfalt weiblicher Geschlechtsorgane oder Safe-Sex-Techniken.

Die Regie gibt sich Mühe, gesellschaftlich wichtige Themen zu platzieren. Dabei wirkt manches jedoch zu inszeniert, wie etwa die plötzlich eingeworfene Frage: „Hatte einer von euch schon mal mit Homophobie zu tun?“ Das kommt rüber als werde ein Schild aufgestellt: Übrigens gibt es Homophobie und das hat auch Auswirkungen auf echte Menschen. Der queeren Community muss man das nicht erklären. Hier zeigt die Sendung, dass sie sich vor allem an das hetero Mainstreampublikum richtet.

Frauen lieben Frauen. Frauen, die Frauen lieben, zeigen das auch. Es ist gut wie selbstverständlich das bei „Princess Charming“ gezeigt wird. Bei manchen Sätzen der Teilnehmerinnen stellt sich allerdings die Frage, ob, wenn ein Mann das über eine Frau gesagt hätte, nicht doch eine Grenze überschritten wäre.

„Alter was für Outfits, gefühlt überall wo ich hinschaue, ist ein Arsch, es tut mir leid.“ „Der Blick fiel auf jeden Fall auf ihre Beine, die schon sehr schön durchtrainiert waren.“ „Eigentlich würde es noch ein bisschen freizügiger gehen.“ „Stell dir die mal beim Sex vor.“

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Maximal peinlich auch das Statement von Teilnehmerin Sabcho als es um Körperbehaarung bei der Partnerin geht: „Dann sage ich: Schatz ab in die Dusche, einmal rasieren.“ Sie habe eine „so böse Überraschung“ aber noch nicht gehabt. Solche Aussagen zeigen, dass auch die queere Community nicht frei von toxischen heteronormativen Rollenbildern ist. Da geht es um Besitzergreifung, übertriebene Eifersucht und das Reproduzieren von „männlichen“ und „weiblichen“ Looks.

Leider findet das Thema Geschlechtervielfalt und -identität bei „Princess Charming“ keine Beachtung. Alle Teilnehmerinnen sind - so wie sie von der Sendung präsentiert wurden – cis-geschlechtlich, identifizieren sich also mit dem ihnen nach der Geburt zugewiesenen Geschlecht. Man kann zwar nicht von jeder Sendung verlangen, eine offen trans oder nicht binäre Person im Cast zu haben, aber dass das Thema im Hauptteil einer solchen Sendung nicht einmal erwähnt wird, ist schade.

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Selbst in der Folge, in der die Teilnehmerinnen Vulven aus Blumen stecken, wird ein binäres Geschlechterbild nicht in Frage gestellt. „Princess Charming“ im Programm zu haben, macht Vox und RTL also nicht zum Vorreiter in Schachen Diversität, gerade einmal zum Mitschwimmer.

Vielleicht haben die Kandidatinnen in der Villa auch über solche Themen gesprochen, zu sehen ist davon in der Sendung jedoch nichts. Hatte die Regie Bedenken, dass das Publikum überfordert sein könnte?  Begriffe wie FLINTA* oder trans erwähnen die Teilnehmerinnen erst in der letzten Folge, einer Nachbesprechung der Sendung. Die Moderation geht nicht darauf ein. Vox und RTL trauen dem Publikum wohl noch nicht viel mehr als ein oberflächliches Gespräch über LGBTQ+ zu, dessen Inhalt ein wohliges „It’s okay to be gay“ ist.

Immerhin castet „Princess Charming“ verschiedene Frauentypen. Die Teilnehmerinnen haben nicht alle einen ähnlichen Instagram-Look. Im Gegensatz zu anderen Shows dürfen sie auch mehr als hübsch sein und etwas aus ihrem Leben erzählen: Lena berichtet zum Beispiel von ihrer Tochter, die sie mit 17 Jahren bekam; Katharina über ihre Arbeit bei der katholischen Kirche und Tyshea über ihre Spiritualität.

Die Kölner Rechtsanwältin Irina Schlauch war die Princess in der ersten Staffel.
Die Kölner Rechtsanwältin Irina Schlauch war die Princess in der ersten Staffel.

© picture alliance/dpa/TVNOW | Rene Lohse

Vergangenes Jahr wurde die erste Staffel von „Princess Charming“ mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Das war verdient: Zuvor gab es keine Show wie diese im linearen deutschen Fernsehen. Doch schon die erste Staffel hatte schlechte Quoten, weshalb die zweite bei Vox dann offenbar einen Sendeplatz in der späten Nacht erhielt und bei RTL+ nur im kostenpflichtigen Streaming läuft. Dabei sollte das Potenzial der Sendung nicht unterschätzt werden: Auf YouTube erreichen Kommentarvideos Klickzahlen im fünfstelligen Bereich. Beim jungen Publikum ist der Bedarf nach queerer Repräsentation hoch.

Eins schafft die Sendung trotz aller Mängel: ein Wohlfühlprogramm für queere Menschen, in dem sie sich in zumindest einigen Aspekten wiederfinden können. Ein Programm, in dem ihre Sexualität nicht das Randphänomen ist, sondern ganz selbstverständlich im Mittelpunkt stellt. „Ich wünsche mir, dass Menschen nicht auf ihre Sexualität reduziert werden. Und das Queersein normal wird“, erklärt Hanna in einer Folge.

„Als ich das erste Mal gemerkt habe, dass ich mich in eine Frau verliebt habe, war das Gefühl so schön und warm, dass ich wusste: Ich fühle das Richtige und niemand wird mir das wegnehmen.“ Auch Menschen, die sich noch Gedanken über ihre eigene Sexualität machen, können hier ein warmes Gefühl mitnehmen.

Am Ende kommt Hanna, nachdem sie sich durch einen Großteil der Villa geknutscht hat, mit Jessica zusammen. In einem Interview erklärt das Paar, bald zusammenziehen zu wollen. Sie würden jetzt schon jeden Abend telefonieren, damit sie miteinander einschlafen können.

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