zum Hauptinhalt
Bridge Markland ist eine Pionierin der Drag und Gender Performances in Deutschland.

© Manuel Schneider

Drag-Pionierin Bridge Markland im Interview: „Weibliches Crossdressing ist uralt“

Bridge Markland organisiert das Go Drag Festival in Berlin. Hier spricht sie über Drag Kings und mangelnde Diversität in kommerziellen Shows.

Bridge Markland ist eine Pionierin der Drag und Gender Performances in Deutschland. Vom 1.-9. Oktober organisiert sie das Go Drag Festival in Berlin, das Drag Künstler*innen feiert, die sonst nicht im Fokus stehen: Frauen, nicht-binäre und trans Performer*innen.  

Bridge Markland, warum gab es 20 Jahre lang kein Go Drag Festival?
Das ist eine sehr gute Frage (lacht). Ich wollte es die ganze Zeit machen, aber es braucht einfach die richtigen Leute, um so etwas auf die Beine zu stellen.

Und die gibt es jetzt?
Ja, vor anderthalb Jahren haben mich Nancy und Olive Baldwin von den Venus Boys gefragt, ob wir dieses Festival gemeinsam machen wollen und ich habe begeistert zugestimmt. Das erste Festival 2002 hatte ich damals noch mit meiner Kollegin Diane Torr organisiert. Diane Torr wurde als Pionierin der Drag Kings bezeichnet und hat über viele Jahre tolle Impulse in Form von Workshops und Performances gegeben.

2002 lautete der Titel „Women celebrate Crossdressing“. War es damals neu, dass Frauen Drag gemacht haben?
Nein, das gibt es schon seit Jahrhunderten! In der chinesischen Tang-Dynastie sind Frauen beispielsweise schon 618 n. Chr. in Männerrollen aufgetaucht. Und auch an vielen anderen Orten der Welt haben Frauen das gemacht: Entweder auf der Bühne oder weil sie so machen konnten, was sie wollten: Berufe ergreifen, eine Frau heiraten, zum Militär gehen oder eine Firma gründen. Weibliches Crossdressing ist uralt.

Okay Crossdressing, aber wie sieht es mit Drag Kings aus?
Die moderne Drag-King-Bewegung ging in den Neunzigern vor allem aus New York hervor. Mo B. Dick, der auch zum Festival kommt und ein Urvater der Bewegung ist, hat dort 1995 den Club Casanova gegründet. Um den geht es übrigens auch in dem Film „Venus Boyz“ von der Schweizer Filmemacherin Gabriel Baur, den wir zum Auftakt des Festivals zeigen und nach dem sich auch die Berliner Venus Boys benannt haben. In diesem Film werden Diane Torr, Mo B. Dick, ich selbst und viele andere portraitiert

In der chinesischen Tang-Dynastie sind Frauen schon 618 n. Chr. in Männerrollen aufgetaucht.

Bridge Markland

Im Film sind Sie zu zu sehen, wie Sie bei einer Performance zwischen Männer- und Frauenrollen wechseln. Wie sind Sie zu dieser Art von Drag gekommen?
Ich war schon als Teenager total fasziniert von Glam-Rock und Männern in Glitzer. Mit 17 hatte ich meinen ersten Nadelstreifenanzug, zu dem ich Frauen-Schminke trug. Mitte der Achtziger fing ich mit Tanz und Performance an und habe 1989 eine Show kreiert, bei der ich zwei männliche und eine weibliche Rolle spielte und diese durchwechselte. Ich mag es, Klischees zu brechen und Bewegungen, Gesten, Accessoires, Schminke und Kleidung, die einem Geschlecht zugeschrieben werden, spielerisch zu mixen.

Gilt das nur für die Bühne oder ist das auch in Ihrem Alltag so?
Weil ich mir den Kopf rasiere, gehe ich immer als Mann durch, ohne das zu forcieren. Eigentlich war ich aber schon immer nicht-binär, nur dass ich mich nie so bezeichnet habe, sondern bis heute sage, dass ich eine androgyne Frau bin. Ich mag es nicht, mich auffällig weiblich zu kleiden. Das ist für mich sofort Drag. Als ich in den Siebzigern Frauenkleidung trug, habe ich mich wie ein schwuler Mann gefühlt; meine Weiblichkeit habe ich eigentlich von schwulen Männern gelernt

Auch in TV-Shows wie „RuPaul’s Drag Race“ kommen häufig nur Drag Queen, aber keine Kings vor.
Auch in TV-Shows wie „RuPaul’s Drag Race“ kommen häufig nur Drag Queen, aber keine Kings vor.

© imago images/ZUMA Wire

Auch von Drag Queens? Deren Darstellung von Weiblichkeit ist manchmal doch etwas stereotyp…
Ich liebe und verehre Drag Queens! Natürlich kann man die etwas einseitige und total überzeichnete Art, wie viele von ihnen Frauen darstellen, kritisch sehen. Aber das ist einfach eine verrückte und überhöhte Performance, die ich toll finde. Was ich aber gar nicht toll finde, ist, dass in den meisten großen kommerziellen Drag-Shows im Fernsehen so gut wie nie Drag Kings vorkommen. Oder wenn, dann werden auch sie von cis-schwulen Männer dargestellt.

Euer Festival ist deutlich diverser. Was gibt es im Programm?
Es gibt einen Workshop zur Geschichte der „Tunte“ und einen Drag-King-Workshop, bei dem man Techniken lernen kann, sich einen Bart zu kleben. Außerdem einen Workshop zu Make-Up und natürlich viele Performances. Zum Beispiel von Cherdonna Shinatra, einer lesbischen Frau aus Seattle, die eine sehr weiblich und comic-haft-übertriebene Drag Queen darstellt. Oder von Claire Dowie, die inzwischen 67 Jahre alt ist und seit Jahrzehnten Gender-Performances macht.

Ich finde es total schön, dass wir so eine große Spannbreite haben, was das Alter angeht und uns gegenseitig befruchten können. Außerdem gibt es Cabaret Shows im Monster Ronsons zu verschiedenen Themen wie: International Men of Mystery u.v.a Diskussionen, Vorträge und einen Kurzfilm-Abend mit Clips, die Kings während der Lockdowns gedreht haben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false