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Sara O’Neill (li.) und Eileen John betreiben den Queer Barber Shop in Neukölln.

© Sebastian Goddemeier

Queerer Barbershop in Berlin: „Haare kennen kein Geschlecht“

Sara O’Neill und Eileen John haben in Neukölln einen Barbershop eröffnet. Im Interview erklären sie, wie sie das hetero-maskuline Image der Szene durchbrechen wollen.

Eine Regenbogenflagge am Eingang der Pannierstraße 56. Im vorderen Bereich: Eine Bar. Dahinter: Haare werden geschnitten. Ganz hinten: Tattoos gestochen. Sara O’Neill und Eileen John betreiben in Neukölln den queeren Barbershop „La BarBer“ mit queerer Bar und queerem Tattoostudio. Bisher ist ihr Konzept einzigartig.

Um was für einen Ort handelt es sich hier?
Sara: Das ist ein neues Konzept: Wir wollten einen Barbershop für queere Menschen schaffen. Ich kenne viele trans, non-binary und homosexuelle – darunter vor allem lesbische – Menschen mit kurzen Haaren, die in Barbershops nicht reingelassen werden.

Die Begründung: Barbershops seien nur für Männer. Haare kennen aber kein Geschlecht. Also haben wir einen Barbershop für alle geschaffen: Hier ist es egal, welches Geschlecht oder welche Sexualität du hast.

Warum haben queere Menschen solche Probleme in Barbershops?
Sara: Viele nicht-binäre und androgyne Menschen sehen neutral aus, keinem Geschlecht zugeschrieben. In Barbershops sind die Männer dadurch oft verwirrt und fühlen sich unwohl. Sie denken: Bist du ein Mann oder eine Frau? Was willst du hier? Ich denke mir: Warum ist das wichtig? Ich will doch nur einen Haarschnitt.

Was macht diesen Ort queer?
Sara: Wir sind queer. Und wir sind queere Barber. Es geht darum, an einem Ort zu arbeiten, an dem wir uns wohl fühlen. Bei früheren Arbeitgebern wurde ich oft gefragt: Bist du eine Frau? Bist du ein Mann? Ich sagte: Ich bin ein Barber. Seit ich mit queeren Menschen arbeite, fühle ich mich zu Hause. Ich habe kein Problem mehr, zur Arbeit zu gehen. Ich möchte mich mit den Kund*innen wohlfühlen und die Kund*innen sollen sich mit mir wohlfühlen.

Eileen John und Sara O’Neill vor ihrem Barber Shop
Eileen John und Sara O’Neill vor ihrem Barber Shop

© Sebastian Goddemeier

Wie ist es als Frau in so einer männerdominierten Branche zu arbeiten?
Eileen: An sich ist das wirklich nett. Die Kund*innen mögen das. Bei uns mischen sich alle möglichen Personen an einem Art. Einfach nur Menschen.”

Und allgemein in der Barber-Szene?
Eileen: Das ist nicht so nett. Die Kund*innen sagen oft: Du weißt nicht, wie man Männerhaare schneidet oder rasiert. Du bist eine Frau.

[Dieses Interview ist eine Leseproben aus dem Tagesspiegel-Newsletter Queerspiegel. Er erscheint monatlich, immer am dritten Donnerstag. Hier kostenlos anmelden: queer.tagesspiegel.de]
Sara: In meiner 14-jährigen Karriere habe ich immer versucht als lesbische Frau aufzutreten. Mein Look ist sehr androgyn. Es war dadurch oft schwer, einen Barbershop zu finden, der mich anstellt. Alle waren dort so maskulin. Ich wollte einfach nur meiner Leidenschaft folgen. Also habe ich in Friseursalons angefangen und dort Bärte rasiert. Als Frau ist es nicht einfach, sich in der Branche durchzusetzen.”

Was bieten Sie ihren Kund*innen hier an?
Sara: Farben, Dauerwellen, Haarschnitte und Rasuren. Außerdem arbeiten wir mit verschiedenen Texturen – Afros zum Beispiel. Alles an einem Ort. Wir möchten jede*n erreichen. Wir haben im Eingang eine Bar, eine queere Bar mit spanischem Einfluss. Es läuft meist Latin-Musik. Im hinteren Bereich findet sich ein queeres Tattoo-Studio mit zwei Tattoo-Artists.

Was ist Ihr Ziel mit diesem Barbershop?
Sara: Die queeren Leute sollen am Shop vorbeigehen und sagen: Da möchte ich rein. Als queere Barber in einem normalen Barbershop war es immer sehr schwer, queere Menschen dorthin zu bewegen. Hier sollen die Leute wissen, dass es ein sicherer Ort für sie ist. Hier sollen die Leute Spaß haben.

Warum in Neukölln?
Sara: Das Publikum ist schon da. Besonders diese Gegend ist sehr queer. Ich meine, jeder weiß, dass die Sonnenallee sehr arabisch geprägt ist. Ich lebe dort und finde es sehr cool. Auch hier gibt es queere Bars wie die Tristeza und das SilverFuture. Ich denke, sehr viele queere Menschen leben hier. Außerdem hatten wir das Glück, den Laden hier zu bekommen.

Viele fragen mich, warum ich ausgerechnet in Neukölln einen Barbershop aufmache, wo es doch schon so viele Shops gibt. Unser Konzept ist aber einzigartig. Außerdem ist im Eingang eben die Bar. Das sorgt nochmal für ein Gefühl von Sicherheit, weil der Barbershop quasi im Verborgenen liegt.

Sebastian Goddemeier

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