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Nicht nur Seeleute haben an Bord alle Hände voll zu tun. Auch Köche auf Passagierdampfern plagt selten Langeweile. Foto: dpa

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Reise: 50 Nationen und eine Crew

Zwischen Sonnendeck, Küche und Maschinenraum: Auf dem Wasser gibt’s viele Möglichkeiten, Geld zu verdienen.

Klar, auf der Brücke steht der Kapitän. Und Matrosen braucht man auch. Aber an Bord eines Kreuzfahrtschiffes gibt es noch etliche andere Berufe. Die große Mehrzahl sind keine Seeleute, sondern kommen aus der Hotellerie. Aber auch Krankenschwestern und Zahnärzte, Tänzer und Pianisten, Tischler und Elektriker werden an Bord gebraucht.

Auf so manchem Kreuzfahrtschiff ist die Palette an Berufen breiter als in der nächsten Kleinstadt an Land. An Bord von Hapag-Lloyds Flaggschiff „Europa“ gibt es allein im Hotel- und Gastronomiebereich fast 30 verschiedene Berufe vom Spa Manager über den Deck Steward bis zum Chef de Cuisine. Und die Branche sucht regelmäßig Personal.

Qualifizierte Bewerber zu finden, wird nach Hapag-Lloyds Einschätzung immer schwieriger – auch durch die rückläufige Zahl an Auszubildenden in der Hotellerie und Gastronomie. Entsprechende Fachkräfte seien ausgesprochen gefragt. „Der Bedarf wächst“, bestätigt Simone Pfeifer vom Projekt „Meer Arbeit“ der Arbeitsagentur in Suhl (Thüringen), die sich auf die Vermittlung von Fachkräften in die Kreuzfahrtbranche spezialisiert hat.

Zwischen Sonnendeck und Maschinenraum herrscht allerdings nicht durchgehend Urlaubsstimmung. Und wer auf frühen Feierabend steht, ist an Bord sicher falsch. Teamarbeit ist unverzichtbar. Ressentiments gegen andere Kulturen gehen gar nicht: „Auf einem Schiff wie der ,Queen Mary 2‘ arbeiten Menschen aus 50 Nationen, locker“, sagt Ingo Thiel, Sprecher der britischen Traditionsreederei Cunard, für die die „QM 2“ über die Ozeane fährt. „Das ist eine Mini-UN an Bord, die kommen aus aller Welt.“ Auch bei Aida Cruises sind die Crews multinational: Rund ein Drittel kommt aus Ländern der EU. An Bord der acht Aida-Schiffe sind Mitarbeiter aus Deutschland, Österreich und der Ukraine genauso wie aus Indien oder von den Philippinen. Die Reederei stellt bis 2016 noch vier weitere Clubschiffe in Dienst – und braucht dann auch neues Personal: „Auf den kleineren Schiffen wie der ,Cara‘ gibt es etwa 390 Mitarbeiter, auf den großen wie der ,Bella‘ und der ,Diva‘ sind es mehr als 600“, sagt Personalchefin Haike Witzke. „Ungefähr 70 Prozent arbeiten im Hotelbereich von der Rezeption über die Küche bis zur Bar, aber auch in den Shops oder im Spa.“ Etwa 20 Prozent entfallen auf die nautischen Berufe, zehn Prozent aufs Entertainment. „Das ist bei uns sicher etwas mehr als bei anderen.“

Auf der „Queen Mary 2“ arbeiten so viele Menschen wie in einem mittelständischen Unternehmen: etwa 1300. „Davon sind 150 nautisches Personal vom Decksmann bis zum Ausguck, der den Horizont absucht“, erzählt Thiel. Für Nautiker und Ingenieure gebe es in der Kreuzfahrt Möglichkeiten, die sie an Land nicht haben. „Und nebenbei kann man sich noch die Welt ansehen.“

„Kreuzfahrtschiffe sind schwimmende Hotels“, sagt Stefanie Heckel vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). „An Bord werden alle Berufe unserer Branche gebraucht, Köche zum Beispiel, Hotel- und Restaurantfachleute. Was die Tätigkeiten angeht, ist das sehr ähnlich.“ Allerdings sei es schon eine andere Situation, ständig an Bord zu sein, an ein und demselben Ort bei der Arbeit wie in der Freizeit. „Das ist durchaus eine Herausforderung. Wenn ich im Hotel arbeite, kann ich nach Hause gehen und mich mit meiner Familie und meinen Freunden austauschen.“ Auf dem Schiff bleiben einem die Gäste und die Kollegen. „Da muss die Stimmung schon top sein. Die Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff ist deshalb nichts für jeden und nichts für immer“, sagt Heckel.

Bei den Schiffen gebe es jedoch enorme Unterschiede, ergänzt Ingo Thiel. Manche haben so viele Passagiere wie eine Kleinstadt Einwohner, andere nur wenige Dutzend. „Ich sollte mich schon fragen, auf welchem Schiff ich wohl besser zurechtkomme.“

Bei Hochseekreuzfahrten ist das Schiff ganzjährig unterwegs, und die Saison dauert vier bis fünf Monate – Freunde und Familie sind dann weit weg. „Und es ist harte Arbeit“, sagt Thiel. „Dafür gibt es auch gute Aufstiegsmöglichkeiten. Talente fallen an Bord einfach schneller auf.“ Auch nicht zu verachten: „Die Trinkgelder sind auf einem Kreuzfahrtschiff oft viel höher als im Hotel.“

Viele junge Menschen aus der Hotellerie hätten große Lust auf die Arbeit in der Kreuzfahrt, sagt Stefanie Heckel. „Das ist schon ein attraktiver Bereich. Die wollen sich im wahrsten Sinne des Wortes den Wind um die Nase wehen lassen.“ Realistisch sind drei bis vier Jahre an Bord. Vor allem sollten sich Bewerber vorher über die Konditionen für die Arbeit an Bord genau informieren, etwa was Bezahlung und Kranken- oder Rentenversicherung angeht. „Wenn der Arbeitgeber keine Sozialversicherung zahlt, liegt es in der Verantwortung des Arbeitnehmers, sich darum zu kümmern“, sagt Simone Pfeifer.

Ungelernte haben schlechte Karten, sagen die Arbeitsvermittler in Suhl. Sich ohne Erfahrung oder Ausbildung zu bewerben, sei aussichtslos. Bei Cunard beispielsweise werden die Mitarbeiter für den Hotellerie- und Gastronomiebereich außerdem noch einmal geschult.

Mehr zu Berufen in der Tourismusbranche in unserem heutigen Karriereteil

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