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Fest vertäut liegen diese Flusskreuzfahrtschiffe am Nilufer. Dass Ägypten seit Langem schwieriges Fahrgebiet ist, macht Reedern und Veranstaltern zu schaffen.

© Philipp Laage

Flusskreuzfahrten: Flaute auf dem Fluss

Kreuzfahrtanbietern auf Rhein, Donau oder Nil fehlen Kunden. Zwei Jahre lang gab es kräftige Rückgänge. Jüngere buchen lieber die Weltmeere.

Für die Anbieter von Flusskreuzfahrten waren die vergangenen Jahre unruhige Zeiten. Und jetzt hat es Nicko Cruises erwischt, die bis vor Kurzem noch Nicko Tours hießen. Der Stuttgarter Veranstalter musste Insolvenz anmelden. Als Gründe wurden unter anderem das Hochwasser im Frühjahr 2013 sowie aktuell die Spannungen in der Ukraine und Russland genannt – Kernmärkte von Nicko.

Ziel sei es, die Firma mit 100 Mitarbeitern fortzuführen, heißt es, und die nächsten Reisen werden „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ stattfinden. Bisher getätigte Zahlungen von Kunden seien über die Reiseversicherungsscheine abgedeckt. Nicko Cruises war 1992 als Veranstalter für Russland-Reisen gegründet worden.

Dennoch glaubt Torsten Kirstges von der Jade-Hochschule Wilhelmshaven eher an hausgemachte Gründe. „Nicko war sehr stark in Osteuropa, ein gesundes Unternehmen kann den Einbruch in einem Bereich jedoch verkraften“, sagt der Tourismusforscher. „So etwas kann eine ohnehin angespannte Lage eines Unternehmens jedoch verschärfen.“ Die genauen Hintergründe bleiben zunächst unklar. Im Januar 2013 hatte die Schweizer Beteiligungsgesellschaft Capvis Equity Partners die Mehrheit an Nicko Tours übernommen. Im Zuge der Insolvenz könnte nun auch nach einem neuen Eigentümer gesucht werden.

"Die Alten werden irgendwann zu alt"

Klar ist aber auch: Die gesamte Flusskreuzfahrtbranche befindet sich seit Längerem in unruhigem Fahrwasser. Zwei Jahre lang gab es kräftige Rückgänge. Zuletzt zeigte sich der Branchenverband IG River Cruise auf der ITB jedoch wieder etwas optimistischer. 2014 gab es ein Passagierplus von 2,3 Prozent. Die Buchungen für dieses Jahr seien „erfolgreich angelaufen“, sagt Geschäftsführer Helge H. Grammerstorf. Zahlen für das laufende Jahr kann er aber noch nicht nennen. Man blicke optimistisch in die Zukunft.

Als externe Hindernisse nennen die Veranstalter immer wieder das Hochwasser im Frühjahr 2013, die Streiks der Schleusenwärter und das Niedrigwasser im Sommer 2014. Hinzu kamen die Probleme in zwei wichtigen Zielgebieten: zunächst in Ägypten, wo als Folge des politischen Umsturzes so gut wie keine Nilkreuzfahrtschiffe mehr fuhren. Und schließlich der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland. Zumindest in Ägypten stünden die Zeichen auf „vorsichtiger Entspannung“, sagt Grammerstorf.

Doch viel schwerer wiegen für Kirstges die internen Probleme: „Flusskreuzfahrten sind immer noch ein Produkt für die Zielgruppe 60 plus.“ Die Hochseekreuzfahrt habe es dagegen geschafft, auch jüngere Kunden anzuziehen. Vieles versuchen die Reedereien auf dem Fluss derzeit, sie setzen auf Kulinarik oder Themenreisen zum Beispiel rund um den Wein. Bislang ist der Erfolg aber offenbar noch gering: „Die Alten werden irgendwann zu alt für eine Flusskreuzfahrt, und die Jüngeren fühlen sich davon einfach nicht angesprochen“, sagt Kirstges.

Der deutsche Markt ist umkämpft

Grammerstorf glaubt dagegen an das Produkt und widerspricht: „Es kommt immer Publikum für Flusskreuzfahrten nach.“ Wer heute jung sei, komme irgendwann in ein Alter, in dem eine Flusskreuzfahrt für ihn interessant werde. „Ich würde nicht nach Alter differenzieren, es gibt einfach unterschiedliche Erwartungen.“

Trotzdem ist der deutsche Markt umkämpft. Als Folge liefern sich die Reedereien einen Preiskampf. „Der deutsche Kunde bucht eine Flussfahrt in der Regel ohne Vor- oder Nachprogramm und nicht als Paket. Da scheint es dann eine hohe Transparenz bei den Preisen zu geben“, erklärt Grammerstorf. „Der Kunde erkennt oft nicht, dass er für unterschiedliche Preise auch eine unterschiedliche Leistung bekommt.“

Auffällig ist, dass Deutsche derzeit eher weniger auf Flussfahrten stehen, im Gegensatz zu Reisenden aus den USA. „Diese sind auch bereit, deutlich mehr dafür zu zahlen“, sagt Kirstges. Die höheren Gewinnmargen locken auch die Veranstalter. So stieg die Reederei Viking 2013 aus dem deutschen Markt aus und konzentriert sich ganz auf die USA.

Russland hat ein Imageproblem

Fest vertäut liegen diese Flusskreuzfahrtschiffe am Nilufer. Dass Ägypten seit Langem schwieriges Fahrgebiet ist, macht Reedern und Veranstaltern zu schaffen.
Fest vertäut liegen diese Flusskreuzfahrtschiffe am Nilufer. Dass Ägypten seit Langem schwieriges Fahrgebiet ist, macht Reedern und Veranstaltern zu schaffen.

© Philipp Laage

Die IG River Cruise führt das auch auf Probleme bei der Infrastruktur zurück. Den Zustand von Schleusen etwa betrachtet Grammerstorf mit Sorge. „Wenn auf einem langen Flussabschnitt eine Schleuse ausfällt, ist der Fluss gesperrt. Anders als bei Reisen an Land gibt es keine Ausweichmöglichkeiten.“ Außerdem wächst die Flotte. „Wir brauchen mehr leistungsfähige Hafenanlagen. Die neuen Schiffe sind eher 135 als 110 Meter lang.“

Eine generelle Zurückhaltung der Kunden bei Flusskreuzfahrten sieht derzeit auch Rudolf Stäuble, der bei Dertour für diesen Bereich verantwortlich ist. Er verweist ebenfalls auf die politischen Krisen: „Wir hatten 2014 für Russland noch Zuwächse, das ist dieses Jahr beträchtlich zurückgegangen.“ Zwar besteht bei Fahrten auf Donau oder Wolga kein Risiko. „Aber Russland hat ein Imageproblem.“ Die Ukraine ist schon vor zwei Jahren aus dem Programm verschwunden.

Mehr Auswahl beim Bordprogramm ist wichtig

Allerdings ziehen nach Stäubles Beobachtung auch Rhein und Donau nicht mehr so wie früher. Während es in der Hochseekreuzfahrt in den vergangenen 15 Jahren starke Veränderungen gegeben habe, müsse das im Flussbereich erst noch passieren. Mehr Auswahl beim Bordprogramm und bei den Ausflügen seien zwei wichtige Gesichtspunkte. Dertour setzt allerdings auch auf neue Zielregionen für Flusskreuzfahrten: „Etwa in Asien, Süd- und Nordamerika“, sagt Stäuble. „Dort wollen wir immer mehr Flüsse ins Programm nehmen.“

Optimistischer blickt A-Rosa in die Zukunft, neben Phoenix einer der großen Konkurrenten von Nicko Cruises. 2014 habe man den Umsatz um 24 Prozent steigern können, die Zahl der Gäste sei um 16 Prozent gestiegen, sagt Geschäftsführer Hans Jörg Eichler.

Auch für 2015 plane er mit zweistelligem Wachstum. A-Rosa kommt zugute, dass es nicht in den beiden Krisengebieten Ägypten und Ukraine/Russland vertreten ist. Durch eine Neuausrichtung auf das Premiumsegment nehme man außerdem nicht mehr am Preiskampf teil. „A-Rosa konnte 2014 höhere Preise erzielen als 2013“, versichert Eichler. Die Entwicklungen im Markt sind also durchaus unterschiedlich.

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