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Wie viel ist das? Es ist mühsam, die in leeren Gläsern gesammelten Münzen zu zählen und wieder loszuwerden.

© imago/Manfred Segerer

Die Sparkolumne: Wer den Cent nicht ehrt

Kleingeld sammeln lohnt sich, wusste schon die Oma unseres Kolumnisten. Wie die US-Firma Coinstar heute daraus Kapital schlägt.

Von Andreas Austilat

So wird das natürlich nichts mit dem Geldsparen. Jedenfalls war beim letzten Mal der Wurm in meiner Kolumnen-Rechnung. Das Sparpotenzial, das in unserem Garten schlummert, liegt nicht bei 22 Euro, wie ich euphorisiert behauptet habe, sondern nur bei enttäuschenden fünf Cent pro Quadratmeter. Ich habe Divisor und Dividend vertauscht. Vielen Dank noch einmal an die zahlreichen aufmerksamen Leser, die mich da auf das richtige Gleis geschoben haben.

Was kann man mit einem Fünf-Cent-Stück schon groß anfangen? „Wir könnten sie sammeln“, schlug meine Frau vor, um mich ein wenig zu trösten. Du liebe Zeit. Ich musste an das Glas denken, das bei uns im Kellereingang steht. Ab und zu leere ich mein Portemonnaie hinein, um mich all der Kleinmünzen zu entledigen, die es beschweren. Allerdings ist absehbar, dass das Glas demnächst überquillt. Genau wie all die anderen kleinen Dosen, die irgendwo rumstehen und einer Verwendung harren, die nie kommt.

Das Problem ist nämlich, dass meine Bank, falls ich durch Zufall mal eine offene Filiale finde, das Zeug nur in Papier gerollt annimmt. Wenn überhaupt. Was aber voraussetzt, dass ich die Filiale zweimal betrete: einmal, um mir die entsprechenden Bögen zu holen, und ein zweites Mal, um die Münzrollen dort abzugeben.

Habe ich noch nie gemacht. Ist mir ehrlich gesagt zu mühsam. Dafür steht mir dann manchmal meine verstorbene Oma vor Augen, die immer gewarnt hat: „Wer den Pfennig nicht ehrt ...“ Pfennig ist übrigens zu Mark-Zeiten das gewesen, was heute der Cent ist. Dies nur als Information für die jüngeren Leser.

Der Service von Coinstar kostet Geld

„Wenn du das Glas im Kellereingang meinst, das ist leer“, drängte sich erneut die Stimme meiner Frau in meinen Gedankenfluss. Ich verstand nicht gleich. Leer? Was hatte sie getan? Die Münzen eingeschmolzen? Der Preis für Altmetall soll ja gestiegen sein.

„Ich habe es im Supermarkt abgegeben“, sagte sie. Zuerst dachte ich, sie hätte die Münzen gespendet. Meine Frau hat ein großes Herz, und ich musste an die Kampagne „Aufrunden bitte“ denken, für die einer der von uns frequentierten Supermärkte wirbt. Der krumme Überschuss wird dann einem guten Zweck zugeführt. Aber ich zahle dort doch immer mit Karte! Die Cent-Beträge bei uns speisen sich aus anderen Quellen: Kiosk, Bäcker, lauter kleine Läden halt, in denen man noch mit Bargeld hantiert.

Es stellte sich dann heraus, dass sie in einem anderem großen Supermarkt neuerdings einen Automaten aufgestellt haben, in den man sein Kleingeld schütten kann, und der dafür einen Wertgutschein ausspuckt, den man gegen Geld oder Ware eintauscht. Die Firma heißt Coinstar und kommt aus den USA. Dort verstehen sie etwas von Kapitalismus. Der Service kostet nämlich: 9,9 Prozent behält Coinstar. Wie bitte, ich gebe Geld, erhalte dafür einen Zettel, und dafür muss ich auch noch bezahlen?

„Ich habe 16,71 Euro dafür bekommen, dass ich das Kellerglas in den Automaten geschüttet habe“, sagte meine Frau. „Oder hätte ich warten sollen, bis du das Zeug gerollt hast?“ Laut Beleg waren die Münzen zusammen 18,55 Euro wert, aber Coinstar hat 1,84 kassiert.

Dieses Geld hätten wir uns gespart, wenn ich das Glas in die Berliner Filiale der Bundesbank gebracht hätte. Die ist in der Leibnizstraße. Macht nur niemand. Weshalb Coinstar mit jeder Maschine 120 000 Euro im Jahr einsammelt und deshalb bundesweit nicht nur 350, sondern schon bald zehnmal mehr Geräte aufstellen will, wie ich inzwischen recherchiert habe.

Ja, das Geschäft mit dem Cent lohnt sich. Wusste schon meine Oma.

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