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Wolf Biermann geht mit 86 noch fröhlich durchs Leben.

© Steffen Roth für den Tagesspiegel

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Wolf Biermann im Interview: „Man geht auch an Schlägen kaputt, die man nicht austeilt“

Der Liedermacher wird ab heute mit einer Ausstellung im Deutschen Historischen Museum geehrt. Wolf Biermann über den im KZ ermordeten Vater, Russlands Krieg, die Seelenlage im Osten und sein Grab in Berlin.

Herr Biermann, was ist das Wichtigste im Leben?
Wie sollte einer wie ich das wissen – denn ich weiß doch zu viel. Wir alle wissen: Kein Ei kann sich das Nest aussuchen, in dem es ausgebrütet wird. Nach meiner Ausbürgerung 1976 besuchte ich Jean-Paul Sartre in Paris. Er sagte: „Wir beurteilen die Menschen nicht nach dem, was aus ihnen gemacht wurde, sondern danach, was sie aus dem gemacht haben, was aus ihnen gemacht wurde.“ Ein kluges Bonmot. Ich erwiderte keck: Den Satz hab ich schon mal bei Ihnen gelesen. Da raunzte er mich an: Sie singen ja auch immer dasselbe.

Das Wichtigste im Leben ist also …
… das Beste aus der Chance immer neuer Widrigkeiten zu machen.

Sie haben eine Menge rausgeholt. Sie haben zehn Kinder, hatten viele Liebschaften, lebten in Ost und West, Ihr Werk läuft fast über von Liedern und Gedichten, nun mit 86 Jahren eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum. Kriegt Wolf Biermann nie genug?
Kriegen will ich nichts. Ich hatte immer genug. Gierig bin ich nicht, sondern neugierig auf Menschen. Ich brauche die anderen, damit ich mich selbst schärfer sehe. Man vergleicht Gemeinsamkeiten und Gegensätze, um dabei den Menschen besser zu erkennen, der einem immer am fremdesten sein muss: sich selber.

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