zum Hauptinhalt
Sanitäter schieben den nach einem Zweikampf auf dem Spielfeld liegengebliebenen Ingolstädter Verteidiger Bruno St. Jacques auf einer Trage vom Eis.

© dapd

Kolumne zu Sportverletzungen: Dr. Dollas Diagnose (5)

Einst behandelte der Berliner Orthopäde Dr. Thorsten Dolla die Spieler von Hertha BSC, für uns schreibt er in seiner Kolumne "Dr. Dollas Diagnose" über medizinische Risiken im Sport. In der aktuellen Folge geht es um die Häufung von Verletzungen beim Eishockey.

Die Play-offs im Eishockey haben gerade erst begonnen, da gibt es auch schon die ersten schweren Verletzungen. So beantragte beispielsweise der ERC Ingolstadt eine Sperre gegen den Berliner Spieler Rankel. Die Bayern hatten Rankel nach einem Zweikampf mit dem Ingolstädter Verteidiger St. Jacques einen Verletzungs-Vorsatz unterstellt. Die Deutsche Eishockey Liga (DEL), die sich dem Vorwurf nicht anschloss, stellte das Verfahren gegen Rankel ein. Dennoch ist zu beobachten, dass sich Verletzungen im Eishockey häufen. Ist das Eishockey brutaler geworden?

Das lässt sich statistisch nicht belegen. Grundsätzlich aber ist das Eishockey ein körperbetontes Spiel, das heißt, das physische Spiel ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Sports. Allerdings ist der Körpereinsatz, insbesondere beim Checken an der Bande, nur innerhalb strenger Regeln erlaubt. Diese Regeln überwachen schließlich vier Schiedsrichter, von denen drei auf dem Eis sind.

Mit Beginn der Play-offs wird das Spiel nur scheinbar unfairer. Fakt ist, dass die Spieler zu diesem Zeitpunkt bis zu 52 DEL-Spiele der Hauptrunde in den Knochen haben, was gelegentlich dazu führen kann, dass der eine oder andere Spieler physisch und/oder psychisch ermüdet sein können. Der hohe Rhythmus führt nicht selten zu Unkonzentriertheiten. Zudem darf man nicht vergessen, dass es in dieser entscheidenden Meisterschaftsphase nur noch um Sieg oder Niederlage geht. Also ums Weiterkommen oder Ausscheiden. Dadurch wächst der Druck auf die Spieler, aus der Mannschaft heraus und in Form von Erwartungen der Öffentlichkeit, die sich täglich nachlesen lassen. Es gibt es bislang keine verlässliche Studie darüber, dass die Zahl der Verletzungen während der Play-offs zunimmt, vielmehr werden aber Verletzungen nun von einer breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen. Der gewollte Körpereinsatz im Eishockey ist zwar nur innerhalb fairer Grenzen erlaubt, doch diese werden gelegentlich überschritten. Prinzipiell sind Angriffe oder Attacken gegen den Kopf oder Nacken eines Spielers, auch Stockstiche oder zu hohe Stockführung nicht gestattet. Vor allen bei Bodychecks ist es mitunter schwer, zwischen einem fairen Check und einem Foul zu unterscheiden.

Dr. Thorsten Dolla schreibt regelmäßig für den Tagesspiegel über Sportverletzungen.

© promo

Und natürlich gibt es Spieler, die schon immer am Limit der Legalität spielen, die die Regeln mitunter grenzwertig ausleben. Bekanntermaßen spielen die Spieler aus Nordamerika weit köperbetonter als beispielsweise die Skandinavier oder die Russen. Zudem kommen die meisten Trainer der DEL aus Nordamerika, der Einfluss ist sichtbar. Eine erfreuliche Entwicklung sagt viel mehr, dass speziell die Gesichtsverletzungen abgenommen haben. Vor rund zehn Jahren wurde das Tragen eines Halbvisiers Pflicht. Damals haben sich viele Profis dagegen gesträubt, weil sie sich in ihrer Sicht behindert mindestens aber eingeschränkt sahen. Es war ein Aufschrei, ähnlich der Einführung der Gurtpflicht im Auto. Es war ja auch nicht zeitgemäß, gerade das Gesicht so ungeschützt zu lassen. Dabei trägt ein Eishockeyspieler am ganzen Körper mehr Protektoren als etwa ein Footballspieler. Die Visierpflicht hat zu einer deutlichen Reduktion von Gesichtsverletzungen geführt, die im Eishockey an der Tagesordnung waren. Im Nachwuchs und im Damenbereich ist sogar ein Vollvisier Pflicht, nur in der NHL gibt es heute noch Ausnahmegenehmigungen. Bei Weltmeisterschaften und Olympiaturnieren müssen aber die Nordamerikaner das Halbvisier tragen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false