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Gesundheit: Erzähl mir was

Von Dorothee Nolte Man muss ja nicht bis Sri Lanka oder in die Wüste fahren, um sich fremd zu fühlen. Manchmal reicht ein Gang vor die Tür, ein veränderter Klang in der Stimme eines vertrauten Menschen, ein unbekanntes Essen, der Eintritt ins Studium, in den Beruf, ins Rentenalter, eine besondere Begegnung, eine Krankheit, ein Schicksalsschlag - und schon fühlt man sich anders in der Welt.

Von Dorothee Nolte

Man muss ja nicht bis Sri Lanka oder in die Wüste fahren, um sich fremd zu fühlen. Manchmal reicht ein Gang vor die Tür, ein veränderter Klang in der Stimme eines vertrauten Menschen, ein unbekanntes Essen, der Eintritt ins Studium, in den Beruf, ins Rentenalter, eine besondere Begegnung, eine Krankheit, ein Schicksalsschlag - und schon fühlt man sich anders in der Welt. Dann „fremdeln“ wir vielleicht oder sind „befremdet“, wir wünschen uns das Vertraute zurück - oder fühlen uns ganz im Gegenteil beflügelt von dem Neuen, Verstörenden, Herausfordernden.

Wie auch immer man sie bewertet: Fremdheitserfahrungen sind es oft, die zum Erzählen und Schreiben anregen. Deswegen haben wir uns entschlossen, unserem diesjährigen Sommer-Wettbewerb den Titel „Fremd sein, in die Fremde gehen“ zu geben. Dabei kann auch mitreden, wer in Charlottenburg geboren wurde und seitdem nur an die Ostsee gefahren ist. Denn es geht um Fremdheitserfahrungen der unterschiedlichsten Art, vor allem um diejenigen, die man beim Essen, beim Reisen oder in Berlin machen kann.

Vorlesen nach Pisa

Langjährige Leser erinnern sich vielleicht: In vergangenen Sommern wurden an dieser Stelle bereits Romanschlüsse, Kurzgeschichten, Karikaturen und Gedichte prämiert, und im Sommer 2001 haben wir, zusammen mit der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, einen Rhetorik-Wettbewerb veranstaltet, bei dessen Abschlussveranstaltung Redner und Debattierer im Haus der Bundespressekonferenz gegeneinander antraten. Die Wettbewerbe waren immer mit Artikel-Serien zum Thema verbunden - diesmal werden wir unter anderem über Erzählen in der Schule, über die Kunst des Zuhörens und über verschiedene Erzählkulturen berichten.

Warum gerade ein Erzähl- und Vorlesewettbewerb? Weil das Thema in der Luft liegt. Die Pisa-Studie hat gezeigt, dass es vielen Schülern an der Fähigkeit mangelt, Texte zu lesen und zu verstehen - sie zu schreiben sowieso. Wir möchten daher ganz besonders Schüler auffordern, sich zu beteiligen, denn wer Spaß am Schreiben, Erzählen und Zuhören hat, der findet auch zum Lesen. Vielleicht fühlen sich auch Lehrer angeregt, das Erzählen zum Thema ihres Unterrichts zu machen und Schüler zur Teilnahme zu motivieren?

Aber damit nicht genug: An vielen Orten kann man ein neues Interesse, fast eine Mode des Erzählens und Vorlesens feststellen - man denke an Erzählcafés, Erzähltheater, an freiberufliche Märchenerzähler, an Lesenächte für Kinder bis hin zu den Lesebühnen im Osten der Stadt. Offenbar besteht gerade in einer Welt der Reizüberflutung ein Bedürfnis danach, sich gemeinsam Geschichten anzuhören.

Drei Kooperationspartner haben wir gewonnen, die uns mit Preisen und Ideen unterstützen (siehe Interviews auf dieser Seite): die Firma „eßkultur“, die mit ihren „literarischen Geschmacksreisen in Küchen und Kulturen“ körperliche und geistige Genüsse, Essen und Vorlesen, verbindet. Zweitens die „Erzählakademie“ Katrin Rohnstocks, die sich auf autobiographisches Erzählen spezialisiert hat. Und drittens das Ethnologische Museum in Dahlem, das Schauplatz unserer Abschlussveranstaltung sein wird.

Und wie ermittelt man die besten Erzähler und Vorleser? Da wir nicht alle zum Vorsprechen einladen können, brauchen wir erstmal Texte. Wir bitten aber darum, eine Cassette mit derselben Erzählung beizulegen, damit wir auch den Vortragsstil kennen lernen. Wer gerne erzählt aber ungerne schreibt, kann sich im Text kürzer fassen. Jedenfalls: nur gut zu schreiben und langweilig vorzutragen, reicht in diesem Wettbewerb nicht!

Und so geht es:

Schicken Sie bis zum 30. August einen Text (maximal drei Textseiten) und eine Cassette mit einer Erzählung von fünf bis acht Minuten an den Tagesspiegel, Redaktion Wissen, Stichwort Erzähl-Wettbewerb, Potsdamer Straße 87, 10785 Berlin. Bitte geben Sie auch an, ob Sie Schüler sind, und natürlich Ihre Adresse samt Telefonnummer und möglichst e-mail-Anschluss.

Jeder Einsender wird zum Erzählfest im Ethnologischen Museum am 29. September eingeladen. Wer möchte, kann seine Geschichte nachmittags während der Öffnungszeiten des Museums an stimmungsvollen Orten innerhalb der Austellungsräume vorlesen. Die besten Erzählungen werden am Abend vorgetragen - dazu gibt es ein Buffet passend zu den schönsten Ess-Geschichten. Wer die Hauptpreise gewinnt, entscheidet sich am Abend selbst - unter Mitwirkung des Publikums.

Die Jury besteht aus Tagesspiegel-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, Tagesspiegel-Redakteurinnen Anja Kühne und Dorothee Nolte, „eßkultur“-Chefin Birgitt Claus, Katrin Rohnstock von der Erzählakademie sowie Annette Weber-Diehl (Sprech- und Rhetorik-Trainerin) und Tim Wagner (Humboldt-Universität).

Wer in den kommenden Wochen verreisen und die Artikel aus unserer Serie nicht verpassen möchte, kann sich im Internet auf dem Laufenden halten: Unter der Adresse www.tagesspiegel.de/erzaehlwettbewerb finden Sie alle Artikel aus der Reihe und Links zum Thema - und können eventuelle Fragen oder Anregungen zum Wettbewerb direkt per Mail loswerden.

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