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Die arabischen Nachbarländer sind durch die neue Eskalation zwischen Iran und Israel beunruhigt.

© dpa/Tomer Neuberg

Angst vor einem regionalen Krieg: So reagiert die arabische Welt auf den Angriff Israels

Zwischen Israel und Iran laufen seit der Nacht auf Freitag heftige Attacken. Die arabischen Nachbarländer sind beunruhigt – und machen vor allem Israel für die Eskalation verantwortlich.

Stand:

Auch wenn sie Iran als Rivalen ansehen, überwiegt in der arabischen Welt offenbar die Sorge vor einem regionalen Krieg. Einhellig verurteilen die Staaten den israelischen Angriff auf den Iran seit der Nacht zum Freitag.

Bei den gezielten Angriffen auf mehrere Anlagen des iranischen Atomprogramms und des Militärs wurden hochrangige Generäle und Wissenschaftler getötet, zwei Urananreicherungseinrichtungen wurden möglicherweise beschädigt.

Auch Irans arabische Nachbarstaaten sind daran interessiert, dass Teheran an der Entwicklung einer Atombombe gehindert wird. Aber sie bangen um die Stabilität in der Region, von der auch ihre Sicherheit und Wirtschaft abhängt. Ein Überblick über die Reaktionen.


Oman

Die Eskalation könnte etwa den Export von Öl und Gas aus der Golfregion zu den Weltmärkten erschweren, denn durch den Nahen Osten verlaufen wichtige Seehandelswege.

Das betrifft alle Golf-Staaten, aber ausgerechnet die Straße von Hormus, eine Meerenge zwischen Iran und dem Oman, möchte das Regime in Teheran laut Nachrichtensender „Irinn“ nun möglicherweise schließen. Sie ist der weltweit bedeutendste Durchgang für Öltransporte.

Außerdem organisiert das Sultanat Oman die bisherigen Atomverhandlungen zwischen USA und Iran, die nach der neuen Eskalation diese Woche scheitern könnten. Die sechste Runde am Sonntag wurde bereits abgesagt. Entsprechend machte der Oman Israel in einem Statement für jede Eskalation in der Region verantwortlich und rief die internationale Gemeinschaft auf, Israel zu stoppen.


Saudi-Arabien

Saudi-Arabien, ein enger Verbündeter der USA, spricht von einer „blanken Aggression“ Israels und einem Bruch des internationalen Völkerrechts. Fast wortgleich äußerten sich Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Saudi-Arabien befindet sich in einer schwierigen Situation. Eigentlich wollte es seine Beziehungen mit Israel, auch auf Bemühungen der USA hin, normalisieren. Aber auch zum Iran baute das Königreich in jüngerer Vergangenheit engere Beziehungen auf.

Denn auch saudische Ölanlagen wurden in der Vergangenheit bereits Ziel von Angriffen der von Iran unterstützten Huthi-Miliz im Jemen. Die derzeitige Eskalation dürfte dem Königreich seinen Balanceakt erschweren.


Ägypten

Ägypten ist Saudi-Arabien einen Schritt voraus und hat bereits 1979 einen Friedensvertrag mit Israel unterschrieben. Trotzdem kam auch aus Kairo Kritik an dem Vorgehen der Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu.

Der ägyptische Außenminister Badr Abdel-Atti befürchtet, die israelischen Angriffe könnten die Region ins Chaos stürzen. Die Arroganz der Macht werde keiner Nation Sicherheit bringen, heißt es laut ägyptischen Medien außerdem in einer Erklärung der Regierung in Kairo.


Libanon

In ähnlichem Ton schrieb Libanons Präsident Joseph Aoun auf der Nachrichtenplattform X: Israel habe nicht nur das iranische Volk, sondern alle internationalen Anstrengungen für Stabilität im Nahen Osten angegriffen.

Die Schiitenmiliz Hisbollah, deren Reaktion deutlich relevanter ist als die der schwachen Regierung, hat sich bislang noch nicht geäußert. Maha Jahja, Nahostexpertin von der Denkfabrik Carnegie, sagte dem Sender „CNN“, die Organisation befinde sich in einer Art existenziellen Krise.

Israel hat in den vergangenen zwei Jahren zahllose hohe Hisbollah-Kämpfer getötet, darunter Anführer Hassan Nasrallah, und Waffenlager sowie Infrastruktur zerstört.

Am internationalen Flughafen Rafic Hariri in Libanon wurden fast alle Flüge gestrichen, nachdem die libanesische Zivilluftfahrtbehörde eine vorübergehende Sperrung des Luftraums angekündigt hatte. Hunderte von Zivilisten saßen auf dem Flughafen fest.

© dpa/stringer

Nach Einschätzungen Jahjas könnten die aktuellen Entwicklungen jedoch dem Hisbollah-Narrativ – die einzig wahre Schutzmacht gegen Erzfeind Israel zu sein – in die Hand spielen. Sie könnte die Lage nutzen, um entweder im Austausch für ihre Waffen noch mehr politische Vorteile zu erzielen oder weiter darauf bestehen, ihre Waffen zu behalten. Die Entwaffnung war Ende November Teil der Vereinbarung zur Waffenruhe mit Israel.

Jemen

Eine andere vom Iran unterstützte Miliz meldete sich noch am Freitag zu Wort: Die Huthi im Jemen nannten Israels Angriff „illegal und ungerechtfertigt“ und drohten der Regierung Netanjahus. „Wer Brände in der Region legt, wird sich die Finger verbrennen“, hieß es in einer Mitteilung.

Gemeinsam mit der Hisbollah und der Hamas zählen die Huthis zur vom Iran geführten „Achse des Widerstands“. In den vergangenen Monaten kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Israel, die Huthis haben wiederholt mit Raketen und Drohnen geschossen. Das israelische Militär antwortete darauf mit Luftangriffen gegen Stellungen und von der Miliz genutzte Infrastruktur.


Jordanien

Etwas zurückhaltender fiel die Reaktion in Jordanien aus. Zwar sehe die Regierung den Angriff als „drastische Verletzung der Souveränität eines Mitgliedsstaats der Vereinten Nationen“, allerdings war das Land kurz darauf selbst vom iranischen Gegenangriff betroffen.

Laut Militärquellen musste die jordanische Luftabwehr am Freitag iranische Raketen und Drohnen abfangen, die in den Luftraum des Landes eingedrungen waren. Ihren Berechnungen zufolge wären die Waffen sonst auf jordanischem Boden eingeschlagen.

In der Vergangenheit hatten abgestürzte Raketenteile aus Israel und dem Iran bereits Menschen in Jordanien verletzt. Umso besorgter ist man vor einer nun bevorstehenden Eskalation.

(mit Agenturen)

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