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König Charles III. und Königsgemahlin Camilla sind am Mittwochnachmittag in Berlin angekommen.

© dpa/Jens Büttner

Charles und Camilla in Berlin: Das verbindet Englands neuen König mit Deutschland

Seit September ist er britisches Staatsoberhaupt. Seine erste Auslandsreise führt König Charles III. heute nach Deutschland. Im Bundestag erwartet ihn am Donnerstag eine besondere Ehre.

Deutschland und seiner Politik haftet in britischen Augen stets ein wenig Langeweile an. Doch als royales Besuchsziel eignet sich sogar die notorisch dysfunktionale Hauptstadt Berlin besser als die Barrikaden-Metropole Paris.

Die Visite von König Charles III. und seiner Gattin Camilla beim Nachbarn Frankreich wurde vergangenes Wochenende in letzter Minute abgesagt, weil die französischen Sicherheitsbehörden um die Unversehrtheit der hohen Gäste bangten.

Was Präsident Emmanuel Macrons Leid ist, wird Deutschland zur Freude: Denn so kommt das Land seiner Vorfahren ab Mittwoch in den Genuss des ersten Staatsbesuchs im Ausland, den der 74-Jährige seit seiner Amtsübernahme im September absolviert.

Wiederannäherung nach dem Brexit

Dass das Königspaar im Rentenalter die ursprünglich als doppelten Besuch geplante Ehre den beiden Nachbarn auf dem Kontinent zuteilwerden lassen wollte, hat nichts mit Europabegeisterung zu tun.

Vielmehr spiegelt es die Priorität der konservativen Regierung von Premierminister Rishi Sunak wider. Der will die seit der verhängnisvollen Entscheidung im Juni 2016 turbulenten Brexit-Jahre nun endlich hinter sich lassen.

Wir werden immer Freunde, Partner und Verbündete sein.

König Charles 2020 im Bundestag

Sunak hat sich zu Monatsbeginn in Paris um Harmonie bemüht. Unter anderem sollen britische Millionen dafür sorgen, dass Frankreich energischer gegen Migranten vorgeht, die über den Ärmelkanal ins Königreich wollen.

Dass Berlin bei der Bekämpfung organisierter Schlepperbanden wenig Einsatz zeigt, sorgt in London zunehmend für Verstimmung. Ansonsten gelten die britisch-deutschen Beziehungen als ungetrübt.

Die Tage in der Bundesrepublik werden für den König auch deshalb eine Art Heimspiel. Von der „engen und herzlichen Freundschaft zwischen unseren Ländern und unseren Bürgerinnen und Bürgern“ spricht vorab Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Die „Stärke unseres bilateralen Verhältnisses“ sowie das „dauerhafte Vermächtnis von Zusammenarbeit und Aussöhnung“ rühmt die Pressestelle des Buckingham-Palasts an den bilateralen Beziehungen.

Zu beidem haben zweifelsohne auch jene fünf Staatsbesuche beigetragen, die Charles‘ Mutter Elizabeth II. im Lauf ihrer langen Amtszeit beim einstigen Kriegsgegner und späteren Verbündeten absolvierte.

70
Jahre regierte Queen Elizabeth II als Staatsoberhaupt Großbritannien.

Bei Besuchen und Gegenbesuchen begegnete sie den meisten der mittlerweile zwölf Präsidenten, die der Bundesrepublik seit 1949 als Staatsoberhaupt dienten. Immer wieder wurde sie dabei begeistert von der Bevölkerung empfangen.

Dabei nahm die Begeisterung zeitweise beängstigende Ausmaße an. Während ihrer elftägigen Reise im Mai 1965 – nie zuvor und nie wieder danach verbrachte die Queen in einem europäischen Land soviel Zeit – skandierten die West-Berliner „E-li-sa-beth, E-li-sa-beth“. Der damalige Außenminister Michael Stewart schrieb später, dass die Königin sich dabei „allzu sehr an das Nazi-Geschrei erinnerte“.

Zuletzt, im Juni 2015, war der Empfang zwar zurückhaltender, aber nicht weniger herzlich und voller Respekt vor der Lebensleistung der Frau, die im September 96-jährig nach 70 Jahren auf dem Thron verstorben ist.

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Es war diese Langlebigkeit seiner Mutter, die Charles zum längsten amtierenden Thronfolger in der langen britischen Monarchiegeschichte machte. Der an diesem Mittwoch beginnende Staatsbesuch wird sein 29. offizieller Besuch in Deutschland sein.

Immer wieder verbrachte Charles über die Jahre Zeit im Land, aus dem nicht nur sein einflussreicher Vorfahr Albert von Sachsen-Coburg-Gotha stammte, Prinzgemahl von Queen Viktoria (1837–1901) und wichtiger Förderer der „modernen“ konstitutionellen Monarchie auf der Insel.

Auch Charles‘ Urgroßmutter Mary von Teck sowie sein Vater Philip aus dem Hause Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg verlebten ihre prägenden Kindheitsjahre in Deutschland und sprachen die Sprache hervorragend.

Der damalige Prinz Charles hält 2020 im Bundestag eine Gedenkrede zum Volkstrauertag.
Der damalige Prinz Charles hält 2020 im Bundestag eine Gedenkrede zum Volkstrauertag.

© dpa/Kay Nietfeld

Wie gut Charles‘ Deutschkenntnisse sind, wird sich am Donnerstag zeigen. Da spricht der royale Besucher wie schon 2020 im Bundestag. „Wir werden immer Freunde, Partner und Verbündete sein“, sagte der Redner damals. Etwa die Hälfte seiner Ansprache hielt er in flüssigem Deutsch.

Dennoch markiert der Anlass ein Novum: Zum ersten Mal tritt ein amtierender britischer Monarch ans Rednerpult des deutschen Parlaments. Die Queen hatte es stets bei den üblichen Reden auf Staatsbanketten belassen.

Am Donnerstag will Charles einer Brückenbau-Demonstration durch britische und deutsche Pioniere in Brandenburg zuschauen. Es ist eine subtile Erinnerung an seine Rolle als (nomineller) Oberbefehlshaber der britischen Streitkräfte, aber auch ein Zeichen der anhaltenden Solidarität mit der Ukraine.

Einige nach Deutschland geflüchtete Bürger des von Russland überfallenen Landes wollen dem Monarchen über ihre Situation berichten.

Am Freitag erhält der Öko-Pionier eine Einweisung in die neueste umweltfreundliche Technik im Hamburger Hafen. Zuvor werden Charles und Camilla gemeinsam mit Präsident Steinmeier und dessen Frau Elke Büdenbender Kränze am ausgebrannten Turm der alten Nikolaikirche niederlegen. Das Gotteshaus war 1943 dem Feuersturm der Royal Air Force zum Opfer gefallen.

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