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Afghanische Frauen nehmen an einer Demonstration gegen das kürzlich verhängte Universitätsverbot für Frauen teil.

© Uncredited/AP/dpa

Update

Taliban erteilen Frauen Arbeitsverbot: Nichtregierungsorganisationen setzen ihre Arbeit in Afghanistan aus

Grund für das Verbot sei, dass Frauen bei der Arbeit kein Kopftuch tragen würden. Organisationen, die der neuen Regelung nicht stattgeben, drohe der Entzug ihrer Zulassung.

| Update:

Mehrere Nichtregierungsorganisationen in Afghanistan haben nach der Ankündigung eines Arbeitsverbots für Mitarbeiterinnen ihre Arbeit vorübergehend eingestellt. Das teilten die Hilfsorganisationen Care, Save the Children und die Norwegische Flüchtlingshilfe (NRC) am Sonntag gemeinsam mit. „Wir können Kinder, Frauen und Männer in dringender Not nicht ohne unsere weiblichen Angestellten erreichen“, hieß es darin.

Ohne Frauen hätten Millionen Afghanen seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 keine Hilfe erhalten können. Zudem seien von der Forderung Tausende Arbeitsplätze inmitten einer enormen Wirtschaftskrise betroffen, hieß es. „Während wir über diese Ankündigung Klarheit gewinnen, setzen wir unsere Programme aus und fordern, dass Frauen und Männer gleichermaßen weiter lebensrettende Unterstützung in Afghanistan leisten können“, hieß es.

Zuvor hatte das afghanische Wirtschaftsministerium am Samstag in einem Schreiben gefordert, Mitarbeiterinnen aller nationalen und internationalen NGOs bis auf Weiteres von ihrer Arbeit zu suspendieren. Grund dafür sei, dass die Frauen die Vorschriften der militant-islamistischen Taliban-Führung in Bezug auf das Tragen eines Hidschabs, also eines Kopftuchs, nicht einhielten.

Es habe im Zusammenhang mit der Arbeit von Frauen in nationalen und internationalen Organisationen „ernsthafte Beschwerden“ über das Nichttragen des Hidschabs gegeben. Komme eine Organisation dieser Anordnung nicht nach, werde ihre Lizenz entzogen, hieß es in dem Schreiben.

Miliz wird immer radikaler

Die radikalislamischen Taliban hatten bei ihrer erneuten Machtübernahme zunächst angekündigt, weniger hart vorgehen zu wollen als während ihrer ersten Herrschaft von 1996 bis 2001. Inzwischen aber wird die Miliz immer radikaler.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nannte das nun verkündete Beschäftigungsverbot für NGO-Mitarbeiterinnen einen „bedauerlichen Versuch, Frauen aus dem politischen, sozialen und wirtschaftlichen Raum“ in Afghanistan „auszulöschen“.

Baerbock weist Taliban-Forderung zurück

Außenministerin Annalena Baerbock hat scharf die Aufforderung der Taliban an Nichtregierungsorganisationen kritisiert, alle Mitarbeiterinnen vorerst von ihrer Arbeit zu suspendieren. „Wir werden nicht akzeptieren, dass die Taliban die Humanitäre Hilfe zum Spielball ihrer Frauenverachtung machen“, schrieb die Grünen-Politikerin am Sonntag im Kurzdienst Twitter. „Sie rauben der Hälfte der Bevölkerung ein weiteres Grundrecht, brechen humanitäre Prinzipien und gefährden die lebenswichtige Versorgung der Menschen.“

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Baerbock schrieb auf Twitter weiter: „Wer Frauen und Mädchen von Arbeit, Bildung und öffentlichem Leben ausschließt, ruiniert nicht nur sein Land. Geschlechtsbezogene Verfolgung kann auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein. Wir setzen uns für eine deutliche Reaktion der internationalen Gemeinschaft ein.“

Blinken ist „zutiefst besorgt“

Auch US-Außenminister Antony Blinken äußerte sich am Samstagabend auf Twitter „zutiefst besorgt“. Dieses Verbot für Frauen werde die Versorgung mit humanitärer Hilfe in Afghanistan durcheinanderbringen. „Frauen spielen bei humanitären Hilfsaktionen weltweit eine zentrale Rolle“, so Blinken. Eine solche Entscheidung könnte verheerende Folgen für die Menschen in Afghanistan haben.

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Die Europäische Union verurteile das jüngste Verbot der Taliban aufs Schärfste, twitterte EU-Kommissionssprecherin Nabila Massrali in der Nacht zum Sonntag. Es handle sich um einen „klaren Bruch humanitärer Grundsätze“. Die EU bewerte derzeit den Einfluss, den das Verbot auf seine Hilfe für Afghanistan haben werde.

Am Dienstag hatten die Taliban den Frauen im Land bereits den Zugang zur Hochschulbildung untersagt. Vor weniger als drei Monaten hatten tausende Mädchen und Frauen im ganzen Land Aufnahmetests für Universitäten absolviert. Viele von ihnen wollten Lehramt oder Medizin studieren.

Die meisten weiblichen Teenager sind in Afghanistan bereits von der Teilnahme an weiterführender Bildung im Sekundarbereich ausgeschlossen. Zahlreiche weibliche Angestellte im öffentlichen Dienst wurden entlassen. Frauen und Mädchen ist es zudem untersagt, öffentliche Parks und Gartenanlagen zu betreten. (AFP, dpa)

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