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Detonation nahe des Flughafens in der sudanesischen Hauptstadt Khartum

© AFP/Uncredited

Update

Anlässlich der Zuckerfest Feierlichkeiten : UN-Generalsekretär Guterres fordert eine „mindestens dreitägige“ Waffenruhe im Sudan

Die Gewalt im Sudan geht unvermindert brutal weiter. Vor Ende des Fastenmonats Ramadan wird derweil eine Waffenruhe gefordert.

| Update:

Im Sudan ist auch der zweite Anlauf für eine Waffenruhe gescheitert. Augenzeugen berichteten von anhaltenden Gefechten in der Hauptstadt Khartum bis in die Nacht zum Donnerstag, obwohl sich beide Konfliktparteien zu einer 24-stündigen „umfassenden Waffenruhe“ ab Mittwoch 18.00 Uhr bereit erklärt hatten. Tausende Menschen flohen angesichts der seit dem Wochenende anhaltenden Gefechte aus der Stadt.

In dem nordostafrikanischen Land liefern sich Einheiten der Armee und der paramilitärischen RSF-Miliz seit Samstag erbitterte Kämpfe. Zuvor war eine Einigung zur Eingliederung der RSF in die Armee gescheitert.

Wenige Stunden vor Beginn der Feiern zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan ist es in der sudanesischen Hauptstadt Khartum weiter zu Kämpfen gekommen. Eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur berichtete am Donnerstagabend von Explosionen und Raketenangriffen. Nur wenige Läden hätten geöffnet, die Märkte der Stadt seien geschlossen. Medienberichten zufolge drängt die Arabische Liga die beiden Konfliktparteien auf einen Waffenstillstand während der Feiern.

Auch UN-Generalsekretär António Guterres hatte eine „mindestens dreitägige“ Waffenruhe im Sudan gefordert. Er gehe davon aus, dass dies aus Anlass des Zuckerfestes „möglich“ sei, sagte Guterres am Donnerstag vor Journalisten in New York.

Die UNO stehe mit den Konfliktparteien in Kontakt. Dies solle aber nur eine „erste Etappe“ sein und einen dauerhaften Waffenstillstand ermöglichen. Das Zuckerfest oder Aid al-Fitr wird zum Abschluss des islamischen Fastenmonats Ramadan gefeiert.

Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan schloss unterdessen gegenüber dem Sender Al-Dschasira „weitere politische Gespräche“ mit Vertretern der paramilitärischen Miliz RSF aus. Al-Burhan und RSF-Anführer Mohamed Hamdan Daglo waren seit der Machtübernahme 2019 Verbündete, mittlerweile sind sie jedoch Rivalen.

Pistorius will rasch neuen Evakuierungsanlauf für Ausländer im Sudan starten

Die Bundesregierung plant ebenso wie weitere Staaten einen neuen Anlauf, um Deutsche sowie andere Ausländerinnen und Ausländer vor den Kämpfen in Sudan in Sicherheit zu bringen. „Es geht darum, jetzt schnell einen Weg zu finden, wie wir die Menschen rausholen“, sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) dem TV-Sender Welt. Die Bundesregierung steht demnach mit beiden Konfliktparteien in dem afrikanischen Land in Kontakt.

Laut einem Bericht des „Spiegel“ hatte die Bundeswehr am Mittwoch eine Evakuierungsaktion abbrechen müssen. Dabei hätten demnach gut 150 Deutsche aus Sudan ausgeflogen werden sollen. Gescheitert sei die Aktion an andauernden Kampfhandlungen.

„Die Lageeinschätzung wird laufend präzisiert - und sie verändert sich laufend“, sagte nun Pistorius. Die Bundesregierung sondiere die Lage, um „zusammen mit den beiden Konfliktparteien im Sudan einen Weg zu finden, wie wir unsere Leute dort sicher rausbekommen“. Vor der gleichen Herausforderung stünden derzeit auch Frankreich, die USA und Großbritannien.

Lage für Zivilisten immer aussichtsloser

Für die in ihren Wohnungen festsitzenden Zivilisten in Khartum wird die Lage immer aussichtsloser: Die Nahrungsmittel-Vorräte schwinden, der Strom fällt aus, Trinkwasser fehlt. Bereits am Dienstag war die Aussicht auf eine Evakuierung der Menschen zerstört worden, nachdem eine humanitäre Feuerpause nur Minuten nach ihrem Inkrafttreten wieder gebrochen worden war.

Der 43-jährige Regierungsangestellte Mohamed Saleh sagte AFP, er wolle „den Terror der Explosionen“ hinter sich lassen und bei Verwandten in Madani südöstlich der Hauptstadt unterkommen. „Wir waren sehr besorgt, dass die Kämpfer damit anfangen, Häuser zu stürmen“, sagte er.

Sudanesen fliehen aus der Hauptstadt Khartum.
Sudanesen fliehen aus der Hauptstadt Khartum.

© AFP/Uncredited

Die US-Botschaft forderte in einer Erklärung, die von 14 weiteren diplomatischen Vertretungen im Sudan mit unterzeichnet wurde, die Konfliktparteien müssten es „unterlassen, unrechtmäßig die Menschen aus ihren Häusern zu vertreiben“. Die Kämpfe brächten „die sudanesische Bevölkerung, Diplomaten und humanitäre Helfer rücksichtslos in Gefahr“. Die USA entsendeten weitere Soldaten in die Region, um im Bedarfsfall ihre Botschaft in Khartum evakuieren zu können. Das US-Verteidigungsministerium erklärte am Donnerstag, es beobachte die Lage im Sudan genau und treffe Vorbereitungen für „verschiedene Eventualitäten“.

Die zusätzlichen Soldaten sollen in die Nähe des Sudan verlegt werden. Nähere Angaben machte das Pentagon zunächst nicht.

Bei der UN gingen Berichte über sexuelle Gewalt gegen humanitäre Helfer ein, Diplomaten wurden angegriffen. Die Pläne zur Evakuierung ausländischer Staatsbürger waren schwer umzusetzen. Die Bundeswehr musste laut „Spiegel“ vom Mittwoch eine erste Evakuierungsaktion wegen der anhaltenden Kämpfe in Khartum abbrechen.

Bislang mindestens 270 tote Zivilisten im Sudan

UN-Generalsekretär António Guterres wollte am Donnerstag Gespräche mit den Vorsitzenden der Afrikanischen Union, der Arabischen Liga und der Regionalen Entwicklungsbehörde führen, wie sein Sprecher mitteilte.

Nach Angaben der sudanesischen Armee wurde die Zentralbank der verarmten Landes geplündert. „Hohe Geldsummen“ seien von der RSF-Miliz gestohlen worden, erklärte die Armee. Die Miliz warf den Soldaten vor, „Häuser von Familien anzugreifen“.

Durch die Kämpfe seit Samstag sind nach Schätzungen der Botschaften mehr als 270 Zivilisten getötet worden. Die tatsächliche Opferzahl dürfte aber weit höher liegen. Von 59 Kliniken in Khartum sind nach Angaben der Ärztegewerkschaft etwa zwei Drittel „außer Betrieb“.

Die Kämpfe sind das Ergebnis eines tiefen Risses zwischen der Armee und der paramilitärischen RSF, die 2013 von dem - später von Armee und RSF gemeinsam gestürzten - Langzeit-Herrscher Omar al-Baschir gegründet worden war. Armeechef Abdel Fattah al-Burhan und RSF-Anführer Mohamed Hamdan Daglo waren seit der Machtübernahme 2019 Verbündete, trotz mancher Spannungen.

Im Oktober 2021 führten beide auch den Militärputsch gegen die zivile Regierung an, wodurch der international unterstützte Übergang zur Demokratie gestoppt wurde. Daglo, genannt Hemeti, nennt den Putsch inzwischen einen „Fehler“, während al-Burhan weiter daran festhält. Am Samstag dann brachen heftige Kämpfe zwischen den einstigen Verbündeten aus. (AFP/dpa)

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