51,7 Prozent der Stimmen bei Stichwahl: Mitte-Rechts-Kandidat Stubb wird neuer Präsident Finnlands
Der ehemalige Ministerpräsident Alexander Stubb gewinnt einer verlässlichen Hochrechnung zufolge die Stichwahl um das Präsidentenamt in Finnland. Sein Rivale Haavisto verlor mit 48,3 Prozent.
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Der frühere Regierungschef Alexander Stubb wird neuer Präsident von Finnland. Der 55-Jährige setzte sich bei einer Stichwahl um die Präsidentschaft am Sonntag knapp gegen seinen 65 Jahre alten Kontrahenten Pekka Haavisto durch. Nach Auszählung von 99 Prozent der Wählerstimmen lag Stubb bei 51,7 Prozent der Stimmen, Haavisto bei 48,3 Prozent.
Direkt im Anschluss an die Veröffentlichung einer verlässlichen Hochrechnung des finnischen Rundfunksenders Yle gratulierte Haavisto Stubb zum Wahlsieg. Stubb sagte, es handle sich um die größte Ehre seines Lebens. Das Amt des Präsidenten sei eine Aufgabe, die größer als eine Person sei. Er fühle sich ruhig und demütig, aber gleichzeitig auch unendlich glücklich und dankbar. Ein vorläufiges Endergebnis sollte noch im Laufe des Wahlabends feststehen.
Umfragen hatten Stubb vor dem Wahltag einen deutlicheren Vorsprung vorhergesagt. Denen zufolge lehnte ein Teil der finnischen Wähler Haavisto wegen seiner offen gelebten Homosexualität ab. Fast 46 Prozent der Stimmberechtigten nutzen die Briefwahl, mit endgültigen Ergebnissen wurde gegen 22.00 Uhr (MEZ) gerechnet.
Mit der Wahl bricht für die 5,5 Millionen Finnen ein neues Zeitalter an. Amtsinhaber Sauli Niinistö hatte lange Zeit - wie seit Jahrzehnten in Finnland üblich - eine auf Diplomatie bedachte Außenpolitik insbesondere gegenüber dem Nachbarn Russland gefahren. Wegen seiner zunächst guten Beziehungen zu Präsident Wladimir Putin erhielt er den Spitznamen „Putin-Flüsterer“.
Allerdings führte Niinistö als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sein Land aus der traditionellen Blockfreiheit in die Nato. Niinistö durfte nach zwei sechsjährigen Amtszeiten nicht mehr antreten. Alle Anwärter auf die Staatsführung hatten im Wahlkampf eine harte Haltung gegenüber der Regierung in Moskau angekündigt. Stubb sagte jüngst der Nachrichtenagentur Reuters in einem Interview: „Politisch wird es keine Beziehungen zum russischen Präsidenten oder zur politischen Führung Russlands geben, bis sie den Krieg in der Ukraine beenden.“
Bei der ersten Wahlrunde vor zwei Wochen hatte Stubb 27,2 Prozent der Stimmen geholt, Haavisto erreichte 25,8 Prozent. Eine am Donnerstag veröffentlichte Umfrage des öffentlich-rechtlichen Senders Yle sah Stubb mit 54 Prozent der Stimmen vorne, während Haavisto auf 46 Prozent kam.
Präsident bestimmt Außenpolitik und ist Oberbefehlshaber
In der Hauptstadt Helsinki gehörte die 59-jährige Erja Vanhanen zu den ersten Wählern, als die Wahllokale um 09.00 Uhr (Ortszeit) öffneten. Sie habe sich für jemanden „mit Werten“ entschieden, „der auf der Seite von Minderheiten steht und zu diesen Themen Stellung bezieht, wenn es nötig ist“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP.
In Finnland bestimmt der Präsident, der für sechs Jahre gewählt wird, traditionell die Außenpolitik und ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Der Urnengang fand unter dem Eindruck wachsender Spannungen mit dem Nachbarn Russland statt. Im April 2023 trat das Land der Nato bei. Russland drohte daraufhin mit „Gegenmaßnahmen“.
Im August registrierte Helsinki eine steigende Zahl von Migranten, die ohne Visum über die 1340 Kilometer lange finnisch-russische Grenze kamen. Die finnische Regierung vermutete eine russische Strategie dahinter, um das Land innenpolitisch zu destabilisieren. Finnland schloss deshalb im November seine Ostgrenze – ein Schritt, der von beiden Präsidentschaftskandidaten befürwortet wurde.
Stubb und Haavisto – beides ehemalige finnische Außenminister – teilen die gleiche Ansicht mit Blick auf die Haltung gegenüber Russland und befürworten eine Verschärfung der Sanktionen gegen Moskau. „Die Europäische Union kann viel mehr tun, um der Ukraine zu helfen“, sagte Haavisto bei einer Fernsehdebatte am Donnerstag.
„Der Weg der Ukraine ist unser Weg, und in diesem Moment kämpfen die Ukrainer für die Freiheit der Europäer“, sagte Stubb. „Sie verdienen jede Unterstützung, die wir ihnen geben können.“
Expertin: Kandidaten unterscheiden sich kaum
Der Unterschied zwischen beiden Kandidaten liege in Nuancen, sagt Expertin Theodora Helimäki. Ein Beispiel sei die Lagerung und der Transport von Atomwaffen in Finnland. Haavisto will das nicht genehmigen, obwohl das skandinavische Land als Nato-Mitglied verpflichtet ist, an Übungen im Bereich der Nuklearpolitik des Bündnisses teilzunehmen. Stubb findet, das Land dürfe „keinen Teil“ der nuklearen Abschreckungspolitik der Nato ausschließen.
Da es in der Außenpolitik keine nennenswerten Unterschiede gebe, werden die Wähler ihre Entscheidung vermutlich auf Grundlage ihrer politischen Präferenzen treffen, sagte Matti Pesu, Forscher am Finnischen Institut für internationale Angelegenheiten. Stubb sei eher „offen und modern“, während Haavisto eher „traditionell und vorsichtig“ sei. (AFP)
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