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Neuerdings beste Freunde? Putin und Trump

© Montage Tagesspiegel/picture alliance/dpa/Pool Sputnik Kremlin /AP

Thank God It’s International Friday 24: Trumps neuer Verbündeter in Europa

Die Themen der Woche: Kreml-Propaganda aus Washington | Gefährliche Machtkonzentration in den USA | Das Ende der transatlantischen Ära | Was wird aus der Ukraine?

Anja Wehler-Schöck
Eine Kolumne von Anja Wehler-Schöck

Stand:

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Ist es wirklich nur eine Woche her? Kaum zu glauben, dass es erst am vergangenen Freitag war, dass JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz gesprochen hat. Auch wenn ich zu denjenigen gezählt habe, die mit Pessimismus auf eine zweite Trump-Administration geblickt haben: Was sich gerade abspielt, hätte ich mir so nicht vorstellen können.

Als Kind des Kalten Kriegs wirkt es auf mich schlicht surreal, dass ein US-Präsident Kreml-Propaganda verbreitet. Dass er die Schuld an der russischen Aggression der Ukraine gibt. Und dass er ihrem gewählten Präsidenten die Legitimation abspricht und ihn als „Diktator“ bezeichnet.

Auf in die Autokratie

Sich selbst sieht Trump dagegen inzwischen als „König“ (wie war das gleich nochmal mit der Gründungsgeschichte der USA?). Und wer sein Land „rettet“, so schreibt der US-Präsident auf X, steht selbstverständlich über dem Recht.

Während der Kongress in Schockstarre verfallen zu sein scheint, setzt Trump die Aushöhlung der Institutionen ungetrübt fort. Per Dekret schränkte er diese Woche die Unabhängigkeit wichtiger Regulierungsbehörden ein, die zum Beispiel für Kartellrecht und Verbraucherschutz, Kommunikation und Börsenrecht verantwortlich sind.

Den AP-Kollegen bleibt auch weiterhin der Zugang zum Weißen Haus verwehrt – weil die Nachrichtenagentur sich weigert, den „Golf von Mexiko“ wie von Trump gewünscht als „Golf von Amerika“ zu bezeichnen. Die US-Botschaften beziehen ihre Nachrichten künftig am besten über Trumps Plattform „Truth Social“, denn Zeitungsabos sind fortan gestrichen.

Größere Proteste gegen Trumps Maßnahmen gibt es bislang nur wenige. Juliane Schäuble, die US-Korrespondentin des Tagesspiegels, war in Washington bei einer Demonstration. Mit einigen Teilnehmern hat sie darüber gesprochen, was es bedeutet, wenn in der US-Hauptstadt mit einem Schlag Tausende nicht nur ihre Jobs, sondern auch ihre Krankenversicherung verlieren. 👇

Epochenbruch im transatlantischen Verhältnis

Dass die USA ihr Engagement um die Sicherheit Europas zurückfahren würden, ist seit vielen Jahren absehbar. Das wäre auch unter einer anderen Administration der Fall gewesen – wenn auch auf weit weniger radikale und konfliktive Weise. Die Erkenntnis aus den vergangenen Tagen geht jedoch deutlich darüber hinaus und ist umso bitterer: Europa kann sich auf die USA als Partner nicht mehr verlassen. Die transatlantische Ära der vergangenen Jahrzehnte ist endgültig beendet.

Für Europa heißt das: Die Zeit der Diskussionen und Höflichkeiten ist vorbei. Spätestens jetzt ist schnelles, entschiedenes Handeln gefragt. Und dafür braucht es einen engen Kreis, eine Koalition der Willigen. Wenn der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán und seine Regierung die europäischen Ukraine-Gespräche in Paris als Treffen von „Kriegstreibern“ und „frustrierten Trump-Gegnern“ beschimpfen, machen sie eines klar: Sie werden diesem Kreis jedenfalls nicht angehören.

Was sollte Europa nun tun? Zum Beispiel sich nach anderen Partnern umsehen, schreiben die Tagesspiegel-Kolumnistin Nicole Deitelhoff und Christopher Daase. Und sich mit Frankreich und Großbritannien über eine nukleare Abschreckung zu verständigen. Lesen Sie den ganzen Gastbeitrag hier. 👇

Was wird aus der Ukraine?

Verhandlungen brauchen Zeit, hat Cindy Wittke, Expertin für Friedensprozesse, im Interview mit meiner Kollegin Hannah Wagner erklärt. Bei einem schnellen Prozess, wie er im Falle der Ukraine immer wahrscheinlich wird, drohe ein „schmutziger Frieden“. 👇

Sollte es Russland gelingen, durch einen Deal mit Trump Gebietsgewinne in der Ukraine zu erzielen, bedeute dies eine „akute Bedrohung“ für weitere europäische Staaten, hat mir der ehemalige Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bei unserem Gespräch gesagt. „Putin wird Appetit auf noch viel mehr bekommen“, befürchtet er. Als besonders gefährdet sieht er die Republik Moldau, Georgien und die baltischen Staaten. Das ganze Interview finden Sie hier. 👇

Und wie blicken, diejenigen, die in der Ukraine gegen die russische Aggression kämpfen auf Trumps Äußerungen? Meine Kollegin Maria Kotsev hat mit Soldaten und Sanitätern an der ukrainischen Front gesprochen. Lesen Sie hier, was sie ihr gesagt haben. 👇

Demokratie braucht Debatte

Hinter mir liegt nicht nur eine Woche rasanter politischer Entwicklungen, sondern auch eine mit wunderbaren Begegnungen. Gerade in dieser spannungsgeladenen Zeit habe ich mich gefreut, mit so vielen Menschen diskutieren zu können.
Zum Beispiel über die Frage, wie sich die Gefahren für liberale Demokratien von Österreich bis Schweden ähneln bzw. unterscheiden.

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Oder über die Rolle der Wirtschaft und internationaler Netzwerke im Kampf für eine starke Demokratie – beim Unternehmensgipfel in Leipzig, mit dem die Initiativen Vielfalt ist Zukunft und Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen ein eindrucksvolles Zeichen gesetzt haben.

Unternehmen brauchen eine resiliente Demokratie und eine Politik, die den Wirtschaftsstandort schützt, ihn für Investoren attraktiv hält und Fachkräfte gewinnt – das war die Botschaft des Unternehmensgipfels am Mittwoch in Leipzig.

© Vielfalt ist Zukunft / Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen

Auch wenn in den vergangenen Jahren zweifellos einiges schiefgelaufen ist, bin ich überzeugt: Um das deutsch-französische Verhältnis ist es bei weitem nicht so schlecht bestellt, wie manchmal geunkt wird. Das hat auch der Donnerstagabend gezeigt. Claire Demesmay, Cornelia Woll, Cécile Boutelet und ich haben auf Einladung von Radio France Internationale und dem Deutsch-Französischen Wirtschaftskreis über unsere beiden Länder und deren Beziehungsprobleme und natürlich über die Bundestagswahl diskutiert. Über die Fragen der beiden Moderatoren Pascal Thibaut und Dirk Schneemann haben wir uns dabei auch nur ganz selten hinweggesetzt. ☺️

Deutsch-französische Diskussionsfreude. Um das couple franco-allemand ist es bei weitem nicht so schlecht bestellt, wie manchmal geunkt wird.

© Cécile Boutelet

Diskutieren Sie mit!

Am kommenden Montag, dem 24. Februar, geht es in der Reihe „High Noon – der Expertentalk“des Verlag Der Tagesspiegel natürlich um die Bundestagswahl. Mit Christian Tretbar, Stefan Marschall, Brigitte Geißel, Gefjon Off und Janek Treiber werde ich die Ergebnisse der Bundestagswahl einordnen und die Perspektiven für eine neue Regierung diskutieren. Dank Michael Reinhardt werden wir das Event zum ersten Mal aus dem Podcast-Studio des Tagesspiegels senden. Seien Sie online mit dabei! Zur Anmeldung geht’s hier.

Sie haben diese Woche den Tagesspiegel-Expertentalk zur Wirtschaftskrise verpasst? Kein Problem. Mein Kollege Christoph Zempel hat die wichtigsten Erkenntnisse der Diskussion mit Claudia Kemfert, Jakob Hafele, Christian Traxler und Christian Tretbar hier für Sie aufgeschrieben. 👇

Nun wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende. Wenn Sie nicht schon abgestimmt haben, gehen Sie am Sonntag wählen! Unsere Demokratie wird es Ihnen danken. 🗳️

Herzlich

Ihre Anja Wehler-Schöck

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