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Thank God It’s International Friday 52: Rutte warnt vor „Krieg, wie ihn unsere Eltern und Großeltern erleiden mussten“
Die Themen der Woche: Rutte warnt vor Russland | Wie Trump die EU spalten will | Die AfD netzwerkt in den USA | Selenskyj, Witkoff, Kushner kommen nach Berlin

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Nato-Generalsekretär Mark Rutte ist aktuell wahrlich nicht um seinen Job zu beneiden. Der Niederländer wird kaum als derjenige Generalsekretär in die Geschichte eingehen wollen, der das transatlantische Bündnis zu Grabe tragen musste.
Doch die Zeichen stehen derzeit auf Spaltung. Daran lassen Trumps 28-Punkte-Plan, die amerikanische Nationale Sicherheitsstrategie und die aktuellen Ankündigungen der USA, ihr Nato-Engagement bereits bis 2027 deutlich reduzieren zu wollen, keinen Zweifel.
Bei einem Event der Münchner Sicherheitskonferenz in der Bayrischen Landesvertretung in Berlin beschwor Rutte diese Woche geradezu mantrahaft die Einheit der Nato. Auf meine Frage, ob er sich angesichts des amerikanischen Rückzugs eine Kern-Nato, eine Art „Koalition der Willigen“ innerhalb des transatlantischen Bündnisses vorstellen könne, antwortete er mit einem kategorischen Nein.
„Ich bin absolut davon überzeugt, dass die transatlantische Allianz so wie sie heute existiert, bestehen bleibt“, gab er sich zuversichtlich. Und betonte: „Wir müssen die transatlantische Allianz so stark behalten wie sie ist und sie ist sehr stark.“
Was hält die USA in der Nato?
Der Fortbestand der Nato sei auch im Interesse der USA, meint Rutte: „Die USA können nicht verteidigt werden, ohne dass der Atlantik und die Arktis sicher sind.“ Dafür brauche es die Nato. Die Amerikaner wüssten das und teilten diese Einschätzung, ist sich der Nato-Generalsekretär sicher.
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Rutte, der mit Blick auf die russische Bedrohung nicht gerade für rhetorische Zurückhaltung bekannt ist, legte dieses Mal noch eine Schippe drauf. „Wir sind Russlands nächstes Ziel“, warnte er, und fragte: „Wenn Putin bereit ist, so viele Russen zu opfern – was ist er dann bereit, uns anzutun?“
„Wir müssen bereit sein für einen Krieg auf der Skala, wie ihn unsere Eltern und Großeltern erleiden mussten“, führte er aus. Dieses Szenario sei nur zu verhindern, wenn die Nato-Mitglieder keine weitere Zeit mehr verlören und sich dagegen rüsteten.
Selenskyj, Witkoff, Kushner in Berlin
An diesem Wochenende reisen der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der US-Sondergesandte Steven Witkoff und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner nach Berlin. Dort wollen sie am Montag mit Bundeskanzler Merz, europäischen Staats- und Regierungschefs sowie Vertretern von EU und Nato über einen Weg zum Frieden in der Ukraine beraten.
Ganz oben auf meinem vorweihnachtlichen Wunschzettel steht dabei ein Friedensplan für die Ukraine, der diesen Namen auch verdient. Gleich dahinter kommt, dass Friedrich Merz endlich der Führungsverantwortung Deutschlands in Europa gerecht wird. Damit, Washington einen deutschen Sonderweg zu suggerieren, tut er das nämlich nicht. „Wenn Ihr mit Europa nichts anfangen könnt, dann macht wenigstens Deutschland zu eurem Partner“, hatte Merz am Dienstag in Richtung USA verkündet. Wer so argumentiert, spielt den Spaltern in die Hände.
Wie die USA die EU spalten wollen
Die EU ohne Polen, Italien, Österreich und Ungarn? Davon scheinen manche Strategen in der Trump-Administration zu träumen. Eine längere Version der amerikanischen Nationalen Sicherheitsstrategie, die diese Woche an das US-Magazin „Defense One“ geleakt wurde, sieht vor, dass die USA verstärkt mit diesen vier Ländern arbeiten, um sie von der EU „wegzubewegen“.
Zu diesem Zweck sollten die USA „Parteien, Bewegungen sowie intellektuelle und kulturelle Persönlichkeiten unterstützen, die nationalstaatliche Souveränität sowie den Erhalt/die Wiederherstellung traditioneller europäischer Lebensweisen anstreben und dabei pro-amerikanisch bleiben.“
AfD sucht Schulterschluss mit MAGA
Deutschland steht nicht auf der Liste. Oder vielleicht: noch nicht? Die AfD tut derzeit ihr Bestes dafür und betreibt intensive Beziehungspflege mit den USA. Rund 20 AfD-Politiker – darunter Abgeordnete aus Bundestag, Europaparlament und dem Landtag von Sachsen‑Anhalt – sind diese Woche in die USA gereist. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und außenpolitische Sprecher Markus Frohnmaier und seine Kollegen treffen sich unter anderem mit der republikanischen Abgeordneten Anna Paulina Luna aus Florida.
Luna zählt zu den Fürsprecherinnen der AfD-nahen deutschen Influencerin Naomi Seibt, die im Oktober in den USA Asyl beantragt hat. Die Republikanerin gehört auch dem Putin-freundlichen Flügel ihrer Partei an. Eine Eigenschaft, die sie mit AfD-Mann Frohnmaier verbindet. Ein russisches Regierungsdokument, das 2019 dem Spiegel zugespielt wurde, vermerkte, dass der AfD-Politiker potenziell „unter absoluter Kontrolle“ stehe.
„AfD über alles“
An diesem Samstagabend lässt sich die AfD in den USA feiern. Der New York Young Republican Club, eine Jugendvereinigung von MAGA-Hardlinern, lädt die Reisegruppe zu seiner großen Gala beim Nobel-Italiener Cipriani an der Wall Street ein. Frohnmaier ist sogar Ehrengast. Denn er soll dort den Allen-W.-Dulles-Preis verliehen bekommen. Für „die mutige Arbeit der AfD in dem besonders unterdrückenden und feindlichen politischen Umfeld Deutschlands“, wie es in der Einladung heißt, die zuerst bei Politico veröffentlicht wurde.
Im Oktober hatten die Young Republicans in mehreren Bundesstaaten, darunter New York, durch geleakte Chats Schlagzeilen gemacht. Neben zutiefst rassistischen Aussagen waren darin auch Nachrichten zu lesen, die die NS-Zeit und den Holocaust verherrlichten.
Über die AfD und Deutschland hat der New York Young Republican Club im August ein Papier veröffentlicht. Ziel ist nicht weniger, als eine „neue Gesellschaftsordnung“ für Deutschland zu gestalten. Die Merz-Regierung bezeichnet das Papier als „düsteres Regime“, das für Zensur und Repression stehe. Dass es mit den Worten „AfD über alles“ endet, mag nach den geleakten Chats nicht mehr überraschen.
Zu guter Letzt
Trotz allem möchte ich Sie mit einer positiven Nachricht ins Wochenende entlassen. Und die habe ich: Als Fan alpenländischen Brauchtums freue ich mich sehr über den jüngsten Erfolg unseres Nachbarlands Schweiz.
Die UNESCO hat diese Woche das Jodeln als Kulturerbe der Menschheit anerkannt. Hochverdient, sage ich. Falls Sie sich am Wochenende mal in der traditionellen Gesangsform probieren wollen, zeigt Ihnen eine Eidgenössin hier, wie es geht.
Haben Sie ein schönes Wochenende!
Herzlich
Ihre Anja Wehler-Schöck
P.S.: Vielen Dank an Maria Glage für die Graphik.
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