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Überraschend klare Worte zu Israel und Ukraine : Friedrich Merz entdeckt die Wirklichkeit
Er verurteilt Israels Gaza-Offensive und hebt die Reichweitenbeschränkung westlicher Waffen auf, die an die Ukraine geliefert werden. Das ist riskant, aber geboten.

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Es ist ein kluger Satz. Er stammt von einem der Gründerväter der Bundesrepublik Deutschland, dem legendären Sozialdemokraten Kurt Schumacher: „Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit.“ Das heißt, ein Politiker, der ernst genommen werden will, muss sagen, was ist, und darf sich nicht in Floskeln flüchten.
Angela Merkel und Olaf Scholz waren nicht besonders gut darin. Vor allem zu zwei Themen produzierten sie mehr Frage- als Ausrufezeichen – der deutschen Haltung zu Israel und dem Nahostkonflikt und den deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Die Worte „zögern“ und „zaudern“ sind fest mit ihrer Amtszeit verbunden.
Jetzt regiert Friedrich Merz. Seine Regierungskoalition ist fragil. Die SPD will eine härtere Gangart in Bezug auf Israel und warnt vor der Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine. Und was macht Merz? Zumindest sagt er, was ist. Und er weiß: Die SPD sollte ihre Kräfte nicht überschätzen. Die Genossen können bellen, sollten aber nicht beißen.
„Es gibt keinerlei Reichweitenbeschränkungen mehr“
Israels Vorgehen im Gazastreifen – durch das die palästinensische Zivilbevölkerung derart in Mitleidenschaft gezogen werde -, „lässt sich nicht mehr mit einem Kampf gegen den Terrorismus begründen“, sagt der Bundeskanzler. Auf CNN, das den deutschen Schwenk prominent registriert, wird aus „begründen“ ein „justify“ – also rechtfertigen. Ob Merz das gemeint hat, ist offen.
Zur Frage deutscher Waffenlieferungen an die Ukraine sagt Merz, unmittelbar vor einem möglichen Treffen mit Wolodymyr Selenskyj in Berlin: „Es gibt keinerlei Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffen, die an die Ukraine geliefert worden sind, weder von den Briten noch von den Franzosen noch von uns, von den Amerikanern auch nicht.“ Das heißt, dass mit westlichen Waffen auch Ziele in Russland angegriffen werden können.
Im Wahlkampf hatte Merz wiederholt eine Lieferung deutscher Taurus-Raketen gefordert. Das wurde in der Ukraine und in vielen Unterstützerstaaten der Ukraine aufmerksam wahrgenommen, ja, als Versprechen aufgefasst. Für Merz geht es also nicht nur darum, das Richtige zu tun, sondern auch darum, Wort zu halten, berechenbar zu sein.
Merz hat die Wirklichkeit betrachtet und seine Konsequenzen daraus gezogen. Das ist innenpolitisch riskant, aber außen- und europapolitisch geboten. Warum erst jetzt? Besser spät als nie.
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