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André Bamberski (Daniel Auteuil, rechts ) gegen Dieter Krombach (Sebastian Koch).

© Koch Media

"Im Namen meiner Tochter": Film über den Fall Kalinka

André Bamberski opferte alles, um den Mörder seiner Tochter hinter Gitter zu bringen. Mit dem Justiz-Thriller "Im Namen meiner Tochter" wurde seine Autobiografie verfilmt.

Wer in einem Krimi weiß, was kommt, kann sich ganz aufs Personendrama konzentrieren – auf das Kopfschütteln, das Hände-vors-Gesicht-Schlagen und das Der-Empörung-Luft-Machen. Schon der Nachsatz „Der Fall Kalinka“ zum Titel „Im Namen meiner Tochter“ weist auf den Kriminalfall hin, der sich über drei Jahrzehnte zum Skandal auswuchs: 1982 starb die 14-jährige Kalinka Bamberski, nachdem – so die überwiegende Meinung heute – ihr Stiefvater Dieter Krombach, ein Arzt, sie narkotisiert und missbraucht hatte. Schon das musikalische Leitmotiv mit schwermütigen Klavierklängen und trockenem Spannungs-Beat reaktiviert das düstere Gefühl, das mit dem immerselben Schwarz-Weiß-Bild des Opfers in der Berichterstattung verknüpft war. Ganz klar: Da passiert was Schlimmes! Dieser braungebrannte deutsche Arzt, Krombach mit Namen!

Die Verfilmung von Justiz-Affären sind die Spezialität von Regisseur Vincent Garenq. Den „Fall Kalinka“ hat er genau nachgestellt: in Lindau, wo die junge Französin die Sommerferien bei der Mutter verbrachte. Wo Krombach nach seinem Verbrechen jahrelang weiter praktizierte und andere Mädchen missbrauchte. Im Pariser Palais de Justice, in den Kalinkas leiblicher Vater, André Bamberski (Daniel Auteuil), den Mörder seiner Tochter über 25 Jahre zu zerren versuchte, indem er für die Exhumierung der Leiche Kalinkas und die Verurteilung Krombachs in Abwesenheit sorgte; und schließlich, indem er Krombach entführen ließ, damit er in Frankreich verhaftet werden konnte. Dort sitzt Krombach seit vier Jahren seine Strafe ab.

"Wie kannst du mit dieser Lüge leben?"

Der Film hält sich eng an André Bamberskis Autobiografie – an das Drama eines Vaters, der um Sühne für den Mord an seiner Tochter kämpft. Fragen, warum die BRD Krombach nicht auslieferte oder warum er bei einem anderen Missbrauchsprozess lediglich eine Bewährungsstrafe erhielt, verstärken nur Bamberskis Obsession. Recht und Gesetz sollen walten. Er opfert alles – die neue Frau, den Beruf, was sonst noch vom Leben übrig war –, um Krombach (Sebastian Koch) nach geltendem Gesetz dranzukriegen.

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„Wie kannst du mit dieser Lüge leben?“, schreit Bamberski einmal seine Ex-Frau an, weil die nicht glauben mag, dass ihr zweiter Mann ihrer Tochter derart Schreckliches angetan haben soll. Ein Blick von Marie-Josée Croze genügt, um zu verstehen: Wie könnte sie eine solche Wahrheit ertragen? Für einen kurzen Moment ist zu spüren, was der Film hätte leisten können: ein Nachdenken darüber, wie Menschen mit Unrecht umgehen, wie sie den Unterschied zwischen Gerechtigkeitsempfinden, juristischem System und realer Konsequenz aushalten. Oder auch: Wie geht es diesem Vater, nachdem er triumphiert hat – und sonst nichts mehr übrig ist?

„Der Fall Kalinka“ hält sich an die simplere Variante: Skandal auswalzen und bebildern. Und die Zuschauer sich winden lassen angesichts der Unfassbarkeit eines Verbrechens und der Verzweiflung eines Vaters.

Bundesplatz, Cinemaxx, Filmkunst 66, Kulturbrauerei (alle OmU)

Carolin Haentjes

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