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Kultur: 16. Black International Cinema: Schwarz sehen, schwarz leben

Es geht nicht um die Hautfarbe. Es geht um die Erfahrung, am Rande zu stehen, ins Abseits gedrängt zu werden.

Es geht nicht um die Hautfarbe. Es geht um die Erfahrung, am Rande zu stehen, ins Abseits gedrängt zu werden. Man müsse nicht schwarz sein, um eine so genannte "schwarze Erfahrung" zu machen, sagt Angela Kramer, Mitkoordinatorin des 16. Black International Cinema.

Die Filme, die im Rahmen des Festivals im soeben wieder eröffneten Filmkunsthaus Babylon in Mitte gezeigt werden, stammen aus vielen verschiedenen Ländern von Schweden bis Zimbabwe. Gemeinsam ist ihnen die Auseinandersetzung mit Rassismus, Sexismus, Antisemitismus. Seit 16 Jahren organisiert das Fountainhead Tanz Theatre die interdisziplinäre und interkulturelle Filmreihe. 15 Produktionen haben die Festivalmacher zur weiteren Öffnung ihres eigenen Horizonts - und jenes der Zuschauer natürlich - in diesem Jahr zusammengetragen. Das Programm könnte kaum bunter sein: Da führt ein Film in den Karneval auf Trinidad, in die individuelle Identitätssuche eines schwarzen Engländers, der in einer weißen Pflegefamilie aufgewachsen ist, oder man sieht den Bericht eines Australiers, der auf einer Reise durch Asien seine persönlichen Begegnungen auf Video festhält.

Die meisten Filme sind Dokumentationen, formale Vorschriften aber machen die Organisatoren nicht. Minutenkurzes Experimentelles steht neben Halbfiktionalem, hier siebt keine gestrenge Ästhetik-Jury im Vorfeld, hier wollen engagierte Menschen engagierten Filmemachern ein Forum bieten. Das erste Black Cultural Festival in Berlin wurde 1986 vom afroamerikanischen Tänzerpaar Donald Griffith und Gayle McKinney initiiert. Seither gibt es jedes Jahr an wechselnden Berliner Spielstätten diese Filmreihe, die nicht nur Mitglieder der afrikanischen Diaspora ansprechen will, sondern kulturell Aufgeschlossene jeglicher Couleur.

Diesmal reist das Festival - zusätzlich zu den traditionellen Stationen in den USA, in Berlin und Cottbus - erstmals auch nach München weiter. Die Budgets sind klein, Kinoproduktionen kann man hier kaum erwarten, stattdessen viele Videofilme, oft hervorgegangen aus persönlichen Projekten, die Ungewöhnliches ins Blickfeld rücken: Dokumentationen etwa über einen Literaturkongress afrikanischstämmiger Frauen an der New York University oder intensive Interviewfilme.

In dem Film "In letzter Zeit war viel" zum Beispiel sprechen Menschen in Berlin über Rassismus - Psychologen und Politologen wissenschaftlich-abstrakt, andere wie die 25-jährige schwarze Amerikanerin Amy aus eigener Erfahrung. Der Eröffnungsfilm "Yellow Card" (heute um 20 Uhr), ein Spielfilm aus Zimbabwe, ist verglichen damit nachgerade eine Großproduktion: In Afrika ist die Geschichte des Teenagers Tiyane ein Publikumsrenner. Tiyane ist 17 Jahre alt, er träumt von der ersten Liebe und davon, ein Fußballstar zu werden. Unter bunter Spielfilmverpackung thematisiert "Yellow Card" Aids und Kinderschwangerschaften, weshalb er möglichst flächendeckend in Afrikas Schulen gezeigt wird.

Einen Weg nach Deutschland aber findet ein solcher Film allenfalls mit Hilfe von Festivals wie diesem. "Offen für erkenntnisreiche Ziele" wollen die Macher des Filmfestes. "Ich lerne jedes Jahr etwas Neues hinzu": So schlicht und doch überzeugend klingt das Credo der Programmgestalterin Angela Kramer. Wer weiß schon, wie es etwa zugeht in den Dörfern des indischen Jadugoda, unmittelbar neben dem einzigen Uranbergwerk des Landes? Der Dokumentarfilm "Buddha wheeps in Jadugoda" (Freitag 20 Uhr) gibt die Antwort. Unaufgeregt und sachlich berichtet er über die katastrophalen Folgen in der Region - dort im Hinterland, wo die Bergwerksbetreiber keinerlei Anstalten machen, Mensch und Tier vor der Radioaktivität zu schützen.

Tina Heidborn

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