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Frank Dodge gehört zu den wichtigsten Playern der Berliner Kammermusikszene.

© Adil Razali

34. Saison der Spectrum Concerts Berlin: Musik kennt keine Grenzen

Wenn es um seine Berliner Kammermusikreihe „Spectrum Concerts“ geht, lässt sich der Cellist Frank Dodge von niemandem aufhalten. Auch nicht von Corona.

„Stillstand ist keine Option.“ Wenn Frank Dodge diese eine Parole ausgibt, dann klingt das nicht nach dem Motivationstraining eines Marketingmanagers, sondern ganz glaubwürdig. Weil der amerikanische Cellist wirklich nicht anders kann, als immer weiter vorwärtszugehen. Da hält ihn auch so eine peinigende Pandemie nicht auf.

1988 hat Frank Dodge die exquisite Kammermusikreihe der „Spectrum Concerts Berlin“ ins Leben gerufen, und seitdem wusste er am Beginn fast jeder Saison noch nicht, ob er die Finanzierung wieder zusammenbekommen würde. Und doch hat er nie ernsthaft ans Aufgeben gedacht. Weil er aus den USA stammt, dem Land des eisernen Optimismus und der unbegrenzten Möglichkeiten? „Wahrscheinlich sind das einfach meine Charaktereigenschaften“, sagt der 71-Jährige. Kunst kommt bei ihm ebenso von Können wie von Müssen.

Hier ist alles außergewöhnlich

Was Dodge seit Jahrzehnten in seiner deutschen Wahlheimat möglich macht, ist aber auch hochgradig beglückend - wenn die Geldsorgen erst einmal überwunden sind, wenn abends das Publikum in den Kammermusiksaal strömt und dann seine musikalische Familie die Bühne betritt. Um außergewöhnliche Musik zu spielen, Stücke, die selten in Klassikkonzerten erklingen. Scheinbare Nebenwerke bekannter Komponisten, Wiederentdeckungen vergessener Meister, Partituren von Künstler:innen, die durch politische Regimes, Kriege oder Krisen aus dem Bewusstsein getilgt wurden.

Das Besondere, das Außergewöhnliche ist der Normalfall bei den „Spectrum Concerts“. Auch was die Form betrifft, denn meist sind mehrere unterschiedlich große Besetzungen an einem Abend zu erleben. Die musikalische Familie von Frank Dodge formiert sich zwar für jeden Auftritt neu, aber sie ist vielköpfig und hochkarätig.

Viele Mitglieder sind sonst als Solisten unterwegs und schätzen es darum besonders, hier mit Gleichgesinnten in eine gemeinsame kammermusikalische Kommunikation zu treten, in einen besonders intensiven, auf die reine Musik fokussierten Gedankenaustausch.

Das Publikum vertraut dem Spürsinn von Frank Dodge

Was wiederum die Besucher:innen der „Spectrum Concerts“ besonders schätzen. Über die Jahrzehnte haben sie ein tiefes Vertrauensverhältnis zu Frank Dodge aufgebaut: Die Stammgäste wissen, dass sich hier Überraschendes, Spannendes ereignen wird. Im April begegnen an einem Abend die beiden Ungarn György Kurtag und Ernst von Dohnanyi dem Amerikaner Aron Copland. Im Juni konfrontiert Dodge zwei Russen, die ästhetisch kaum konträrer sein könnten: den 1880 geborenen Spätromantiker Nikolai Medtner, der bis zuletzt die guten alten Zeiten feierte, und den eine Generation jüngeren Dmitri Schostakowitsch, der seine Karriere als frecher Zukunftsmusiker startete und dann schwer zu leiden hatte im Sowjetstaat.

Und zur Eröffnung der Saison erklingen am Montag, den 31. Januar Oktette von Felix Mendelssohn und George Enescu, entstanden 1825 in Berlin respektive 1900 in Paris: „Das sind jeweils Frühwerke zweier Genies, die passen hervorragend zusammen“, schwärmt Frank Dodge (weitere Informationen zur Konzertreihe unter www.spectrumconcerts.com).

Natürlich wird Dodge auch jetzt wieder zittern müssen, ob es unter den aktuellen Corona-Bedingungen mit der Einreise aller Beteiligten klappt. Aber natürlich wird er einen Plan B in der Schublade haben, um, wie im vergangenen Jahr, notfalls wenigstens einen Livestream oder eine Radioaufzeichnung des Konzerts zu organisieren, wenn die Säle zusperren müssen. Aber Frank Dodge wird seine Entdeckungsreisen in die abgelegenen Regionen des Repertoires fortsetzen, wird weiter die verschatteten Winkel der Musikgeschichte erforschen, zusammen mit seiner musikalischen Familie und mit tatkräftiger Hilfe seines Fördervereins. Denn Stillstand ist für ihn nun einmal keine Option.

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